Gespannt erwarten Kaiser Franz Joseph und seine Generäle den Start eines ungewöhnlichen Gefährts. Vor ihnen steht der Prototyp des Austro-Daimler Panzerwagens, des weltweit ersten gepanzerten Fahrzeugs mit Allradantrieb und einem drehbaren Geschützturm – und das im Jahr 1906. Der Motor startet und erschrickt das Pferd des Generalstabschefs dermaßen, dass dieser herabfällt. "Da scheuen meine Pferde“, soll der Kaiser gesagt haben – und erklärte Panzer für die Armee als unbrauchbar.
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Eine Entscheidung, die Österreich-Ungarn einige Jahre später bitter bereuen sollte.
Zuvor – im Jahr 1912 – hatte der österreichische Offizier und Techniker Gunther Burstyn ein Patent für sein "Motorgeschütz“ im Kriegsministerium eingereicht. Dieses Modell hatte bereits die Form eines modernen Kampfpanzers und war dafür konzipiert, Gräben zu überwinden. Die Antwort des zuständigen Referats: "Wir bedauern, aber mit Spielsachen beschäftigen wir uns nicht.“ Auch die Deutschen waren skeptisch, hielten die Panzerproduktion für Materialverschwendung.
Suche nach richtiger Taktik
Nicht so die Briten und Franzosen – vor allem die British Army ließ emsig an ihren Panzern arbeiteten. 1916 rollten die ersten "Tanks“ gegen deutsche Stellungen – und versagten kläglich.
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Weder waren sie geländegängig genug, noch konnten sie dem deutschen Artilleriefeuer widerstehen. Vor allem aber fehlte das Verständnis für eine effektive Taktik. Der britische General Hugh Elles entschloss sich 1917 in der Schlacht von Cambrai dazu, alles auf eine Karte zu setzen und griff mit beinahe 500 Panzern an. Der Durchbruch der Front ging rasch vonstatten, jedoch wurde die nachrückende Infanterie von deutschem Artilleriefeuer abgeschnitten.
Der Panzereinsatz war zwar nicht erfolgreich, "aber Elles hat verstanden, dass der Panzer als konzentrierte, starke Durchbruchswaffe einzusetzen ist“, sagt Major Franz Brödl vom Heeresgeschichtlichen Museum. Im weiteren Verlauf des Krieges wurde der Panzer auf alliierter Seite zur umjubelten Waffe. Dies änderte sich nach Kriegsende, die Panzer-Begeisterung und der technische Fortschritt auf diesem Gebiet kam zum Erliegen.
"Für die Siegermächte war das Ende des Krieges das Ende aller Kriege. Sie wollten am liebsten zurück in den Vorkriegszustand“, erzählt Brödl. Währenddessen beschäftigen sich Deutsche wie Österreicher intensiver mit dem Einsatz und der Führung von Kampfpanzern. Als Koryphäe auf dem Gebiet der Panzertaktik gilt unbestritten Heinz Guderian, der den "Kampf der verbundenen Waffen“ wie kein anderer prägte.
"Beweglichkeit der Führung"
Bezogen auf die Panzer bedeutet das: Panzer marschieren, Durchbruch, Bewegung – immer mit Unterstützung durch andere Waffengattungen. Dadurch wurde der sogenannte Blitzkrieg möglich– und das, obwohl die Wehrmacht vor allem zu Beginn des Krieges beileibe keine motorisierte Armee war: "Die Franzosen hatten bessere und mehr Panzer, jedoch schafften sie es nicht, diese ins Gefecht zu bringen. Sie hatten keine Beweglichkeit der Führung“, sagt Brödl. Die Russen jedoch adaptierten das deutsche Konzept, allen voran General Georgi Schukow.
Brödl: "Er setzte alles auf eine Karte, versuchte, vorne zu binden und dann flankierend zuzuschlagen.“ Diese Taktik, gepaart mit der enormen zahlenmäßigen Überlegenheit der T-34-Panzer, ermöglichte den Sowjets einen Phyrrussieg in der größten Panzerschlacht der Geschichte, der Schlacht von Kursk. Während beinahe 2000 sowjetische T-34 zerstört wurden, fielen auf deutscher Seite knapp 250 Panzer aus – trotzdem musste die Wehrmacht weichen. Neben der Atombombe war der Panzer im Kalten Krieg die gefürchtetste Waffe, bis zu dessen Ende gab es ein regelrechtes Wettrüsten zwischen Ost und West, in Österreich herrschte die Angst vor der „Panzerschlacht am Marchfeld“ gegen sowjetische Truppen.
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Mit dem Krieg in der Ukraine ist der Panzer wieder verstärkt ins Bewusstsein der Öffentlichkeit getreten - nach wie vor bietet er auf dem Schlachtfeld die beste Möglichkeit, Gelände in Besitz zu nehmen.
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