ÖVP-Landeschef Haslauer: „Tonalität der FPÖ ist grenzüberschreitend“
Seit zehn Jahren ist Wilfried Haslauer ÖVP-Landeshauptmann von Salzburg – und möchte es auch bleiben. Dass die SPÖ derzeit vor großen Schwierigkeiten steht, freut ihn trotzdem nicht.
KURIER: Bei den jüngsten Landtagswahlen haben die amtierenden Landeshauptleute immer stark verloren. Schlafen Sie schon schlecht?
Wilfried Haslauer: Nein. Die Dinge sind so, wie sie sind. Die Frage ist eher: Kann man sich am Abend immer noch in den Spiegel schauen? Ich bin seit bald zehn Jahren Landeshauptmann. Das Land hat sich sehr gut weiterentwickelt.
Woran messen Sie das?
Wir haben die geringste Arbeitslosigkeit aller Bundesländer, die höchste Wirtschaftskraft, das höchste BIP pro Kopf. Und das alles trotz Pandemie und Krieg. Also insgesamt ist es gut gelaufen. Jetzt geht es um die Frage, wer das Land in die Zukunft führen soll. Da kommen drei Kandidaten infrage, auch meine Wenigkeit.
Sind Sie hoffnungsfroh, dass Sie es sein werden?
Mein Ziel ist, als Nummer eins durchs Ziel zu gehen und eine handlungsfähige Regierung bilden zu können.
Werden Sie an der Spitze der Salzburger ÖVP bleiben, egal wie es ausgeht?
Wir wollen die Wahl gewinnen. Falls wir aber zweiter oder schlechter werden, ist es an der Zeit, zu gehen. Da muss dann eine neue Generation her, das ist ganz klar.
Die ÖVP Niederösterreich koaliert mit der FPÖ. Sie sind mit Neos und Grün einen ganz anderen Weg gegangen. Welcher ist besser?
Koalitionsaussagen treffe ich überhaupt keine. Letztlich sind für die Bildung einer Regierung zwei Grundentscheidungen maßgeblich. Erstens: Kann man sich programmatisch einigen? Zweitens: Sind die Personen, die in diese Regierung kommen, so, dass man mit ihnen auch kann? Wenn man sich gegenseitig nur behindert und ausrutschen lässt, dann wird das nichts. Das Persönliche würde ich nicht unterschätzen.
Dann wird es mit der FPÖ wohl schwierig. Die blaue Chefin Marlene Svazek hat bereits gesagt, dass sie mit einer ÖVP mit Ihnen an der Spitze nicht koalieren will.
Wir werden sehen, was von den Ankündigungen übrig bleibt. Mir ist es wichtig, auch in einem Wahlkampf eine gewisse Tonalität beizubehalten und gewisse Grenzlinien nicht zu überschreiten.
FPÖ-Chef Herbert Kickl hat den Bundespräsidenten als senile Mumie bezeichnet. In Niederösterreich wollte Udo Landbauer Hilfen für Erdbebenopfer streichen, sein Kollege Gottfried Waldhäusl hat sich Schülern gegenüber rassistisch geäußert. Sind da Grenzlinien überschritten?
So eine Tonalität haben wir zuletzt in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts gehabt. Und was da rausgekommen ist, das wissen wir alle. Das sind absolute Grenzüberschreitungen. Solche Äußerungen können vielleicht im Bierzelt lustig sein, wo sich Leute johlend auf die Schenkel klatschen. Die Frage ist aber: Welche politische Stimmung wollen wir im Land haben? Eine Stimmung des Hasses, der Aggression, der Niedertracht? Oder eine Stimmung der Gemeinsamkeit, der Wertschätzung und auch der Toleranz?
Verspürt man Genugtuung, wenn ein großer Gegner wie die SPÖ kurz vor der Wahl vor der Zerreißprobe steht?
Nein, überhaupt nicht. Die ÖVP hat selbst eine reiche Geschichte an Obmanndebatten. Ich würde mich freuen, wenn die SPÖ ihre Probleme in den Griff bekommt. Österreichs Parteienlandschaft verträgt einen Mix aus stabilen Parteien und Angeboten.
Andere Landeschefs, wie Hans Peter Doskozil oder Johanna Mikl-Leitner, treten in Richtung Bund lautstark auf. Findet Salzburg genug Gehör in der Bundesregierung?
Ich habe sehr guten Kontakt zum Bundeskanzler und eigentlich zu allen Ministern. Ich melde mich, wenn es wirklich eine Sache gibt, die zu regeln ist. Das ist immer gut vorbereitet. Ich gehe nicht mit Worthülsen hinein, sondern mit konkreten Anliegen.
Wir erinnern uns an die Titelseite der „Krone“, die während der Corona-Hochphase einen Intensivpatienten zeigte, dazu den Spruch: „Schauen Sie ganz genau hin, Herr Haslauer!“ Haben Sie genau genug hingeschaut?
Es war eine gigantische Drucksituation. In der einen Minute sagt ein Unternehmer: „Wenn du jetzt zusperrst, dann muss ich 50 Mitarbeiter entlassen.“ In der anderen Minute ruft eine Dame an und sagt: „Sie sind schuld, wenn jemand stirbt!“ Dazu kam die Wissenschaft, die eine Bandbreite von Lösungen angeboten hat, zum Teil auch widersprüchliche. Im Nachhinein ist klar, dass man manche Entscheidungen anders hätte treffen können.
Johanna Mikl Leitner hat sich für die Impfpflicht entschuldigt. Sie auch?
Die Impfpflicht war möglicherweise nicht die richtige Entscheidung, aber aus damaliger Sicht verständlich. Mit der heutigen Kenntnis würde ich sie nicht mittragen. Ich war der Erste, der gefordert hat, sie nicht umzusetzen, als sie nicht mehr verhältnismäßig war.
Sie gelten als einer der politischen Ziehväter von Sebastian Kurz. Stehen Sie mit ihm in Kontakt?
Nein, aktuell nicht, aber ich habe eine sehr gute Beziehung zu ihm gehabt. Ich finde, er hat den Job gut gemacht.
Wünschen Sie sich, dass er in die Politik zurückkommt?
Nein, Karl Nehammer ist unser Parteiobmann und macht das gut. Sebastian hat eine Rückkehr ausgeschlossen. Das ist Vergangenheit.
Nehammers „Zukunftsrede“ wurde wegen fehlender Ansagen zum Klimaschutz kritisiert – vor allem rund um das Thema Verbrenner-Aus.
Ich bin da pragmatisch. Wir müssen verschiedene technologische Möglichkeiten andenken. Ich habe einen E-Dienstwagen und fahre privat einen Hybrid. Ich bin von der Technologie sehr angetan.
Sie haben sich im Sommer für die Vier-Tage-Woche ausgesprochen.
Ich habe gesagt, das ist etwas, mit dem wir leben müssen. Ich bin für eine Offenheit in der Diskussion. Ich glaube, Betriebe und Arbeitnehmervertretungen regeln das selbst am besten.
Sind Sie dafür, Sozialleistungen zu kürzen, wenn jemand Teilzeit arbeitet?
Nein, überhaupt nicht. Ich bin für positive Anreize, nicht für Strafen. Ich wäre dafür, Überstunden nicht mehr so stark zu besteuern.
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