Expertentreffen in Tirol: Vereint im Kampf gegen Europas Waldbrände
Die Waldbrand-Kommission des internationalen Feuerwehrverbands hat sich in Tirol getroffen. Von Südeuropa bis in die Alpen nehmen die Gefahren zu
10.12.23, 16:23
Ein Wort fällt am Mittwoch vergangener Woche in Telfs auf dem Areal des Tiroler Landesfeuerwehrverbandes immer wieder: Klimawandel. Und auch wenn die Hitze des Sommers, die heuer weltweit neue Rekorde brachte, angesichts tief verschneiter Berge weit weg wirkt. Genau um diese Hitze – oder besser gesagt die Folgen solcher Extremtemperaturen und zunehmender Trockenheit – geht es.
Über Monate hinweg wüteten heuer auf der Nordhalbkugel riesige Waldbrände. Eindrücklich in Erinnerung sind etwa die Bilder von Touristen, die auf der Insel Rhodos vor regelrechten Feuerwalzen fliehen mussten.
„Ich arbeite seit 22 Jahren bei der Feuerwehr. 2021 habe ich gedacht, dass das die schlimmste Saison war, die wir je erlebt haben. Und dann kam 2023 und es wurde noch schlimmer. Das haben wir nicht erwartet“, sagt Zisoula Ntasiou, Oberstleutnant beim griechischen Feuerwehrverband und Generalsekretärin der Kommission für Waldbrände des internationalen Feuerwehrverbandes (CTIF).
Zwei Mal im Jahr treffen sich die Experten dieses Gremiums zum Erfahrungstausch – nun erstmals in Österreich. Tagungsteilnehmer aus 14 Nationen kamen, darunter auch aus waldbranderprobten Ländern Südeuropas wie Frankreich, Portugal oder eben Griechenland, das heuer mit einer neuen Situation konfrontiert war.
Neues Feuerverhalten
„Dieses Jahr hat es den ganzen Mai und Juni geregnet. Da denkt man als Feuerwehr eigentlich, dass alles gut wird. Dann kam der Juli, der global der heißeste aller Zeiten und in Griechenland in 160 Jahren war“, schildert Ntasiou, die auch von einem veränderten Verhalten der Feuer selbst berichtet. Sie seien stark von Wind getrieben worden.
Zudem wurden sogenannte Pyrocumulus beobachtet – Feuerwolken, wie sie auch nach Vulkanausbrüchen entstehen und die massive Stürme und Gewitter auslösen können. „Wir haben Dinge gesehen, wie nie zuvor. In diesem Sommer habe ich gelernt: Wir wissen gar nichts, wir müssen von vorne beginnen“, so die Griechin.
Klimawandel feuert die Lage an
Die Gründe für die extremer werdenden Waldbrände liegen für sie indes auf der Hand: „Durch den Klimawandel dauern Hitzewellen länger. Die Temperaturen sind höher. Der Wind ist verrückt. Es ist möglich, dass Österreich dieselben Probleme in der Zukunft erlebt wie wir.“
Auch Tirols Sicherheitslandesrätin Astrid Mair (ÖVP) sitzt der Extremsommer noch in den Knochen – einerseits wegen der Hitzerekorde: „Das ist ein Zeichen, dass sich der Klimawandel nicht mehr leugnen lässt.“
Aber auch wegen der Stürme und Hochwasser: „Die Feuerwehren waren Tag und Nacht im Einsatz“, erinnert sie. Mit Blick auf den Wald hat dieser für sie in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern eine „besondere Schutzfunktion“, die es zu bewahren gilt.
Mit Wäldern auf steilen Berghängen hat Österreich bei Feuern in diesen Zonen zudem eine andere Herausforderung bei Löscharbeiten zu bewerkstelligen. Für Tirol war ein Brand auf der Nordkette im Gemeindegebiet von Absam im Jahr 2014 ein Weckruf. 80 Hektar Wald wurden vernichtet.
„Für uns war das ein Megafeuer. Für Länder wie Portugal oder Griechenland ist das ein Barbecue“, sagt Jörg Degenhart, Experte für Waldbrände beim Tiroler Feuerwehrverband. Darum sei es wichtig, aus den Erfahrungen solcher Länder zu lernen.
Der Wert des Freiwilligensystems
Umgekehrt ist das österreichische Feuerwehrwesen mit seinem ausgeprägten Anteil an Freiwilligen, das es so in den meisten Ländern Europas nicht gibt, für die internationalen Experten interessant. "Wir haben den Vorteil, dass wir sehr flächendeckend aufgestellt sind", sagt Landes-Feuerwehrkommandant Jakob Unterladstätter.
Bei Waldbränden bietet dass den Vorteil, im Idealfall vor Ort zu sein, wenn das Feuer noch nicht allzu groß ist. So kann es schneller gelöscht werden, bevor die Flammen überhand nehmen. Auch in Griecheland, dass ein Berufsfeuerwehrsystem hat, werden seit einigen Jahren Freiwillige ausgebildet, berichtet Ntasiou: "Wir brauchen jede Hilfe, die wir kriegen können."
Neues Schulungszentrum
In Kroatien gibt es das österreichische Mischsystem zwischen Berufs- und freiwilliger Feuerwehr bereits - ein Relikt aus der gemeinsamen Historie im einstigen Kaiserreich, erzählt Ante Ivanović, selbst freiwilliger Feuerwehrmann in dem Tourismusland, mit dessen Feuerwehrverband Tirol eine jahrelange Partnerschaft pflegt und den Kollegen im Süden inzwischen unter anderem bereits 250 Fahrzeuge überlassen hat.
Länderübergreifende Hilfe im Katastrophenfall ist für die europäischen Feuerwehrverbände eine Selbstverständlichkeit, sagt er: „Wir sind eine Familie.“ Die Geschwindigkeit, in der Hilfe anrollt, sei kein Problem.
„Aber es braucht ein gemeinsames Protokoll für Einsätze“, ist er überzeugt. Ivanović leitet den Bereich internationale Zusammenarbeit an einer neuen Feuerwehrschule namens VACETRAS in Split, die sich auf Schulungen für Waldbrände spezialisieren soll. Er hofft, dass auch Kollegen aus anderen Ländern das Angebot annehmen und wirbt dafür.
Ausbildung im Sommer
"Unser Ausbildungskonzept besteht darin, in den Sommermonaten von Juli bis Ende September Ausbildungsprogramme in der Form anzubieten, dass wir vormittags theoretische und praktische Übungen und nachmittags praktische Übungen auf See haben", erklärt Ivanović.
Neben einem professionellen Ansatz wolle man aber auch die Möglichkeit bieten, "die Adriaküste und das Meer zu erleben", preist er das Angebot.
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