White Milk-BVT-Prozess: Mit einem Urteil wird noch heute gerechnet

White Milk-BVT-Prozess: Mit einem Urteil wird noch heute gerechnet
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Es geht vordergründig um die Operation "White Milk": Die Angeklagten sollen auf Betreiben des Mossad einem mutmaßlichem syrischen "Foltergeneral" Asyl in Österreich verschafft haben.

Der Amtsmissbrauch-Prozess gegen mehrere frühere Spitzenbeamte des inzwischen aufgelösten Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) wird heute, Montag, am Wiener Landesgericht fortgesetzt. Den Angeklagten wird vorgeworfen, sie hätten im Auftrag des israelischen Geheimdienstes Mossad den mutmaßlichen syrischen Folter-General Khaled A. in Österreich untergebracht und ihm trotz Fehlens der rechtlichen Voraussetzungen Asyl verschafft.

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Die Kooperationsvereinbarung mit dem israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad, die unter der Bezeichnung „Operation White Milk“ firmierte, soll der mitangeklagte Ex-BVT-Abteilungsleiter Martin W. im Mai 2015 „zwecks Informationsgewinnung“ abgeschlossen haben, wie in der Anklageschrift ausgeführt wird. Im Juli desselben Jahres soll das BVT dann eine Gefährdung des syrischen Generals behauptet haben, der sich zu diesem Zeitpunkt in Frankreich aufhielt und dort ein Asylverfahren laufen hatte.

Es wurde eine „Gefährdungsprognose“ erstellt, wobei die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) davon ausgeht, dass diese Behauptung ungeprüft war und ausschließlich dazu dienen sollte, die beabsichtigte Einreise des Generals in Österreich zu ermöglichen.

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In weiterer Folge wurde der Mann vom Mossad nach Österreich gebracht, in Salzburg vom BVT „übernommen“ und bei der Stellung eines Asylantrags unterstützt, wobei dieser laut WKStA unter Vorspiegelung falscher Tatsachen gestellt wurde. Offenbar ist dem General sein Asylstatus inzwischen aber wieder aberkannt worden.

Der KURIER berichtet live vom Prozess

Es wird Chris Engels von der US-NGO CIJA als Zeuge einvernommen, der den syrischen General in Österreich aufgespürt hat. Die CIJA befasst sich mit Kriegsverbrechen in Syrien. Sie wurde 2014 gegründet. „Syrien ist definitiv der Hauptfokus der CIJA“, sagt Engels. Sie wird von Regierungen unterstützt. Er wird zu einem Treffen im Wiener Justizministerium im Jahr Jänner 2016 gefragt, an dem neben CIJA auch zwei angeklagte BVT-Mitarbeiter teilgenommen haben.

„Wir hatten Informationen bekommen, über eine Person, die angeblich in Österreich lebt“, sagt Engels. „Es ging um das Material, das wir zur Verfügung hatten und um die Strafverfolgung in Österreich. Wir auch darüber gesprochen, welches zusätzliche Material nötig wäre, um den Fall zu behandeln. Ich habe gesagt, dass ich weiteres Material bringen werde.“

„Die Diskussion ging hin und her. Es ging eher um eine allgemeine Diskussion über die Gesetze zu Folter und Kriegsverbrechen. Ich erinnere mich nicht daran, dass wir eine Meldeauskunft über Khaled A. erhalten haben“, sagt Engels. „Es waren die Vertreter des Justizministeriums, die zur Diskussion beigetragen haben, die zwei Mitarbeiter des Innenministeriums waren ehr ruhig und haben nichts gesprochen. Die Leute des Innenministeriums haben untereinander diskutiert.“

Oberstaatsanwaltschaft fragt, warum CIJA davon ausging, dass der syrische General in Österreich ist?

„Wir bekamen Informationen aus Syrien, dass er möglicherweise in Österreich ist. Das zweite war das Social Media-Kontakt“, sagt Engels. Dazu muss man wissen, dass Khaled A,. auf Facebook Fotos von sich in Europa veröffentlicht hatte.

„Wir arbeiten in erste Linie im Strafrecht und arbeiten mit Staatsanwälten und Richtern zusammen“, sagt Engels. „Nach dem ersten Treffen im Justizministerium hat das Justizministerium den Kontakt zur Staatsanwaltschaft hergestellt.“ Gemeint ist die Staatsanwaltschaft Wien, die gegen Khaled A. wegen des Verdachts der Folter ermittelt. „CIJA arbeitet nicht mit US-Nachrichtendiensten zusammen“, stellt Engels klar.

 

Zweifel an der CIJA

Der angeklagte Ex-BVT-Referatsleiter Bernhard P. gibt eine Stellungnahme ab. P. stellt die Seriosität der NGO CIJA in Frage. Er wirft der Anklage vor, in Sachen der NGO CIJA nicht recherchiert zu haben. „Es geht darum, dass wir rechtskonform gearbeitet haben“, sagt P. CIJA wurde vom britischen Außenministerium gegründet und er unterstellt, dass CIJA mit den britischen Nachrichtendiensten kooperiert. Er erzählt, dass die CIJA mit der Al Nusra Front in Syrien zusammengearbeitet haben, um Akten aus Syrien zu bekommen.

Gegen den Chef der CIJA soll von der EU-Antibetrugsbehörde Olaf ermittelt und er wurde wegen Betrugs verurteilt worden sein, behauptet P.

Nach einer Beratung des Richtersenats wurden zahlreiche gestellte Bewiesanträge abgewiesen. Es gibt einen Beweisantrag, einen informierten Mossad-Mitarbeiter einzuvernehmen, das lehnt das Gericht ab.

Seit Längerem liest die Richterin nun den Akt vor. Das ist in der Strafprozessordnung so vorgesehen. Die Verteidiger rechnen damit, dass noch heute am Nachmittag ein Urteil gefällt wird.

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