Ermittlungen gegen angebliche Köpfe der Muslimbruderschaft eingestellt

Polizei, Cobra, Razzia
Mehr als hundert Beschuldigte wurden ursprünglich geführt. Übrig geblieben sind davon nur mehr 30.

Nur wenige Tage nach dem Terroranschlag von Wien, am 9. November 2020, fand in Österreich eine riesige Razzia statt. 930 Polizisten führten im Rahmen der Operation Luxor zeitgleich 60 Hausdurchsuchungen durch. Ziel war ein Schlag gegen die Muslimbruderschaft. Mehr als 100 Beschuldigte wurden in der Causa geführt. Ermittelt wurde unter anderem wegen terroristischer Vereinigung, Terrorismusfinanzierung und staatsfeindlicher Verbindung.

Mehr als drei Jahre später ist von all dem nur mehr ein Bruchteil übrig. Wie nun bekannt wurde, wurden erneut Ermittlungen gegen neun Beschuldigte (acht Personen und ein Verein) eingestellt - darunter die angeblichen Köpfe der Muslimbruderschaft in Österreich. Das Oberlandesgericht Graz stellte fest: Trotz jahrelanger Ermittlungen liegen keine Beweismittel vor, die eine Verurteilung für möglich erscheinen lassen.

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Der Akt, der von der Staatsanwaltschaft Graz geführt wird, umfasst 45 Bände und Zigtausende Seiten. Er beinhaltet unter anderem alte Videos und Bilder von Veranstaltungen in Wien, wo unter anderem der R4bia-Gruß gezeigt wird - das Zeichen der Muslimbrüder. Die verbotene Hamas wiederum soll der terroristische Arm der Muslimbrüder sein.

Zwei Brüder im Visier

Die angeblichen Köpfe der Muslimbrüder in Österreich, sollen laut Staatsanwaltschaft zwei Brüder sein. Einer von ihnen erklärte im ägyptischen Fernsehen seine Sympathie für die Weltanschauung der Muslimbruderschaft. Zudem gründeten die Brüder einen islamischen Verein - laut Ermittlern war der allerdings dazu da, Personen ideologisch auszubilden, einen islamischen Parallelstaat in Österreich zu bewerben und (finanzielle) Unterstützung für die Hamas zu organisieren.

Die Verdächtigen wurden über einen längeren Zeitraum von Verfassungsschützern überwacht. Es gab Observationen und Telefonüberwachungen. Was sich zeigte, war ein durchaus radikales Weltbild. So fanden sich unter anderem judenfeindliche Äußerungen, martialische Vorführungen von Kindern auf einer Bühne, das Gutheißen von Beschneidungen von Frauen oder die Ablehnung der Ehe mit Nicht-Muslimen. Strafrechtlich relevant ist nur wenig davon.

Das Netzwerk der Muslimbrüder

Im Falle der beiden angeblichen Muslimbruder-Köpfe stellt das Oberlandesgericht fest, dass - auch wenn sie sich mit der Weltanschauung der Muslimbruderschaft identifiziert haben sollen - daraus nicht der pauschale Schluss gezogen werden kann, sie würden der Terrororganisation Hamas angehören oder diese finanziell unterstützen. 

Beweise fehlen

Aus den Telefonüberwachungen und Auswertungen der Konten ergibt sich auch kein konkreter Verdacht. Und auch ein Foto, auf dem einer der Brüder mit einer Person, die der Muslimbruderschaft oder Hamas zugeordnet wird, zeigt, sei "kein tauglichen Tatsachensubstrat". Unterm Strich begründet das Oberlandesgericht: Es gibt keine aktenkundigen Beweismittel.

Rechtsanwalt Andreas Schweitzer, der die Brüder vertritt, sagt dazu: "Wenn nichts da ist, braucht ein Staatsanwalt auch nichts verfolgen."

Wenn die Hamas in Wien als Vorbild dient

Auch zehn weitere Beschuldigte hatten Beschwerden in der Sache eingelegt. Unter anderem, weil die Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens verlängert worden war. Im Fall eines Islamlehrers aus Graz wiegt der Verdacht schwer. Der Mann, der in Volks- und Hauptschulen unterrichtet hatte, bestritt zwar jede radikale Tendenz. Bei ihm fanden die Ermittler aber jede Menge belastendes Datenmaterial. Darunter eine CD mit antisemitischen Liedern. "Oh Allah, oh Liebster, ich wünsche mir eine Krankheit, die die Juden vernichtet." Oder: "Hamas, du, das Augenlicht, der Dschihad beginnt."

Loblied auf die Hamas

Auf seinem Notebook fand man im Unterordner "Schule 2020" unter anderem ein Textdokument, in dem steht: Muslime müssten in den heiligen Krieg ziehen und den Tod auf sich nehmen.

Es gebe demnach Hinweise, dass der Lehrer die terroristischen Straftaten der Hamas als "Gott gewollt und heldenhaft" darstellt und allenfalls sogar Mitglieder anwirbt. 

Nach jahrelangen Ermittlungen mit mehr als 100 Beschuldigten ist nun mehr ein Bruchteil übrig. Aktuell werden laut Staatsanwaltschaft Graz noch 30 Beschuldigte geführt.

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