Causa Muslimbrüder: Luxor-Gutachter müssen Honorar zurückzahlen

Causa Muslimbrüder: Luxor-Gutachter müssen Honorar zurückzahlen
Das Landesgericht Graz wirft den Sachverständigen Befangenheit und schuldbare Unwissenheit vor.

Der Ermittlungsakt in der Causa Muslimbrüder umfasst Zehntausende Seiten und beschäftigt Gerichte und die Staatsanwaltschaft Graz nun schon seit Jahren. Nur wenige Tage nach dem Terroranschlag in Wien - konkret am 9. November 2020 - waren schwer bewaffnete Cobra-Beamte in ganz Österreich im Einsatz.

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Den rund 100 Beschuldigten wird in dem Fall Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung bzw. Terrorfinanzierung vorgeworfen. Seit die Staatsanwaltschaft Ermittlungen in der Causa aufnahm, gab es Kritik daran. Im Juni vergangenen Jahres entschied das Oberlandesgericht dann auch noch, das Sachverständigen-Duo Heiko Heinisch und Nina Scholz zu entheben.

4.641 Euro an Buchhaltungsagentur

Zahlreiche Beschuldigte hatten im Vorfeld bereits angebliche mangelnde Sachkunde und Befangenheit der Gutachter beklagt. Heinisch war unter anderem im Institut für islamische Studien tätig, Scholz ist Politikwissenschaftlerin.

Wie der KURIER am Montag erfuhr, müssen die Sachverständigen nun auch die Honorarnote für die erstellten Gutachten zurückzahlen. Binnen 14 Tagen müssen Heinisch und Scholz jeweils 4.641,50 Euro an die Buchhaltungsagentur (BHAG) des Bundes zurücküberweisen.

Das Landesgericht Graz bezog sich bei den Vorwürfen auf einen Fernsehauftritt aus dem Jahr 2017, der den Ausschlag gegen die beiden Gutachter gab, wie der KURIER berichtete.

Im Juli 2017 war Heinisch Gast bei einer Diskussion bei Servus TV zum Thema islamische Kindergärten. Heinisch äußerte sich dabei kritisch und namentlich zu einem nunmehr Beschuldigten: „Der Verein, der diesen Kindergarten betreibt, da ist der Vorsitzende X. (Name der Redaktion bekannt), den kennen Sie persönlich. Er ist wahrscheinlich der einzige Mensch in Österreich, der sich offen dazu bekennt, dass er ein Aktivist bzw. sogar ein Kader der Muslimbruderschaft ist. (...) Die Muslimbruderschaft ist nun einmal eindeutig eine islamistische Organisation, die auch Kontakte zu terroristischen Organisationen hat (...)“

Vorwurf der Befangenheit

Diese Aussagen lassen laut OLG Zweifel daran entstehen, dass Heinisch als Sachverständiger im Strafverfahren dem Beschuldigten tatsächlich neutral gegenüber eingestellt ist. Der „äußere Anschein von Befangenheit“ sei zu bejahen.

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"Der Pflichtverstoß beruht zumindest auf schuldbarer Unwissenheit, die einem sorgfältigen Sachverständigen [...] keinesfalls unterläuft, sind doch Kenntnisse über die wichtigsten Vorschriften des Verfahrenrechts [...] Grundvoraussetzung für die Eintragung in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste", heißt es von Seiten des Landesgerichts Graz.

Gutachten "unbrauchbar"

Durch das Unterlassen von diesbezüglichen Informationen seien die nunmehr erstatteten Gutachten gänzlich als unbrauchbar anzusehen, so das Gericht weiter.

Heinisch und Scholz äußerten sich im vergangenen Jahr auf Social Media zu den Anschuldigungen. Heinisch nannte die Begründung des Gerichtes „sehr merkwürdig“. Scholz wiederum stellte sich hinter die Aussagen von Heinisch.

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„Dass es sich bei der Muslimbruderschaft um eine islamistische Organisation mit Kontakten zu terroristischen Organisationen handelt (...) ist wissenschaftlicher Konsens.“ Dass sie für befangen erklärt werde, weil ihr Kollege ein Statement abgegeben hatte, sei bizarr.

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