Ein Jahr später sitzt Mamdouh E. in der Kanzlei seines Rechtsanwalts Andreas Schweitzer in Wien. Gerade erst hat er einen Beschluss des Landesgerichts Graz erhalten: Die Ermittlungen gegen ihn werden eingestellt (nicht rechtskräftig, Anm.)
Freuen kann sich der Religionslehrer und Imam darüber nicht wirklich. "Ich habe vor 30 Jahren Ägypten verlassen, weil dort solche Sachen passieren. Aber hier?" Für seine Kinder ist die Hausdurchsuchung noch sehr präsent, schildert die Tochter: "Wir sind alle zitternd im Wohnzimmer gesessen. Meine jüngere Schwester durfte nur bei offener Tür aufs WC. Als ich meine Mutter beruhigen wollte, hat man mich angeschrien: ,Kein Arabisch! Hier wird Deutsch gesprochen!’"
Sämtliche Handys, Computer und Datenträger wurden eingepackt. Auch die der Kinder. "Wir hatten da gerade Distance Learning. Und wir konnten nicht erzählen, warum wir plötzlich nicht mehr teilnehmen konnten."
Bankkonten wurden gesperrt. "Wir wussten nicht mehr, wie wir unsere Rechnungen bezahlen sollten." Der Arbeitgeber von Mamdouh E. wurde informiert, der Religionslehrer daraufhin freigestellt. Und noch am selben Tag der Operation Luxor wurde sein Name im ägyptischen Fernsehen genannt. Und auch, dass ihm Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und kriminellen Organisation, Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche vorgeworfen wurde. "Das war eine politische Aktion", ist er sich sicher.
Doch woher kam der Verdacht? Mamdouh E. hatte im Jahr 2013 eine Veranstaltung in Wien besucht. Dort waren auch internationale Größen der Muslimbruderschaft anwesend. "Ja, ich war da", sagt er. "Aber ich habe so eine Veranstaltung nur ein Mal besucht." Einmal wurde er in der Sache einvernommen und zu seiner Weltanschauung befragt. Etwa, ob seine Töchter Kopftuch tragen oder welche Meinung er zur Kinderehe habe. "Und dann ist nichts mehr passiert."
Das sah die Staatsanwaltschaft anders. Als Mamdouh E. mit Anwalt Schweitzer einen Einstellungsantrag einbrachte, argumentierte die Staatsanwaltschaft: "Der Verdacht hat sich erhärtet."
Doch sogar das Landesgericht konnte das nicht nachvollziehen. Schließlich habe auch die Auswertung der sichergestellten Gegenstände nichts Belastendes zutage gefördert. Das Gericht spricht sogar von einem "nahezu mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entkräfteten Tatverdacht". Somit sei das Verfahren gegen Mamdouh E. einzustellen.
"Die Hausdurchsuchungen passierten ohne Augenmaß", sagt Anwalt Schweitzer. Schon das Oberlandesgericht hat sie zum Teil als rechtswidrig eingestuft. "Und bei den Ermittlungen geht nichts weiter. Manche Beschuldigte wurden noch nicht einmal einvernommen." Schweitzer, der auch weitere Beschuldigte vertritt, will weitere Einstellungsanträge einbringen. "Und wir überlegen Amtshaftungsklagen. Mandanten von mir mussten sogar Konkurs anmelden."
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