„Allein in den vergangenen acht Monaten wurden in Lech 15 Objekte verkauft“, weiß Walch – Tourismusbetriebe von kleinen Pensionen bis zu großen Hotels.
Der 62-Jährige hat das Dorf mit seinem inzwischen an einen jungen Verwandten übergebenen Bäckereibetrieb vier Jahrzehnte mit Brot versorgt. Jetzt gehen – wohl auch durch die Corona-Krise befeuert – Immobilien mit Tourismuswidmung wie die warmen Semmeln weg, bleiben dann vielfach aber leere Hüllen ohne Gästebetrieb.
„Das entzieht dem Körper Lech die Substanz“, sagt Walch, der mit dem Hotel Gotthard im Zentrum auch Besitzer eines der Traditionshäuser in Lech ist.
"40 Millionen angeboten"
Für die einheimischen Verkäufer hat er durchaus Verständnis: „Mir wurden schon einmal 40 Millionen Euro geboten.“ Mit Investoren an sich hat Walch kein Problem, wenn sie die Hotels weiterführen.
Er gehört der Liste von Bürgermeister Stefan Jochum an, der das genauso sieht. Den reinen Spekulantenmodellen hat der vor einem Jahr ins Amt gewählte Ortschef den Kampf angesagt.
„Gut funktionierende Häuser werden verkauft und zerstückelt. Dann bleiben wunderschöne, aber leere Häuser übrig, die keine Mitarbeiter mehr beschäftigen“, sagt Jochum. Die fehlenden Gäste wiederum bescheren Lech Ausfälle bei Gästetaxen, Tourismusbeiträgen und Kommunalsteuer.
Weniger Urlauber bedeuten aber auch für die Einheimischen weniger Umsätze in ihren Restaurants und Geschäften. Eine für den Ort tödliche Spirale, die in der Albtraumvision eines Geisterdorfs münden könnte.
Am Montag hat die Gemeindeversammlung eine zweijährige Bausperre für Investorenmodelle beschlossen, um dem „Ausverkauf der Heimat“ einen Riegel vorzuschieben. Die Zeit soll genutzt werden, um Bebauungs- und Flächenwidmungspläne der Gemeinde zu adaptieren.
Vom Land erwartet man sich wiederum, dass es eine gesetzliche Lösung findet, um den Investorenmodellen Einhalt zu gebieten. Kein einfaches rechtliches Unterfangen. Jochum ist überzeugt, dass es möglich ist.
Er selbst muss nicht weit gehen, um dem Wandel in seinem Dorf nachzuspüren. Direkt bei Jochums Haus – einer Vier-Sterne-Frühstückspension – wurden vor drei Jahren von einer Hotelgesellschaft fünf Chalets errichtet, jedes im Eigentum eines anderen internationalen Geldgebers. „In drei der Häuser ist noch nie das Licht angegangen“, erzählt der Bürgermeister.
Anders als bei jenen, die in der jüngeren Vergangenheit auf legalem oder illegalem Weg um horrende Summen ein Domizil in Lech erwarben und die hier einfach ihren Urlaub verbringen wollten, mutet die jüngste Entwicklung absurd an: „Die oberste Prämisse von diesen Investoren ist, Grund und Boden in Österreich zu haben. Die wollen ihr Geld an einem sicheren Ort anlegen. Der ist gar nicht interessiert daran, dass Umsatz generiert wird“, sagt Jochum. Manche dieser Spekulanten wüssten vermutlich gar nicht, wo ihre Immobilie steht, und würden sie nicht einmal selbst nutzen.
Wie zum Hohn hängt im Ort an einer Seilbahnstation das Schild eines Maklerbüros: „Lech: Zu kaufen gesucht! Hotel, Pension Ferienhaus“.
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