Kritik an Österreich: "Dann ist Tourismus in Kroatien tot“
Selten fand ein kroatischer Botschafter in Wien deutlichere Worte als Daniel Glunčić am Freitagnachmittag im Gespräch mit dem KURIER: "Es ist sehr überraschend und auch nicht nachvollziehbar, dass diese Reisewarnung offensichtlich für ganz Kroatien angedacht ist, zumal man die Region mit den hohen Covid-19-Infektionszahlen eindeutig lokalisieren kann."
Und Glunčić wurde mit Fortdauer des Telefonats noch deutlicher: "Warum hat Österreich nicht so wie für Spanien eine partielle Reisewarnung ausgesprochen? Das hätte ich verstanden."
Und: "Warum hat man nicht zum Hörer gegriffen und zumindest unsere Expertise abgefragt? Ich kann nur sagen: Was können 4,5 Millionen Kroaten dafür, dass sich einige junge Menschen in der Gespanschaft rund um Split bei ihren nächtlichen Partys angesteckt haben. Diese Reisewarnung ist absolut unfair."
Kroaten wurden kalt erwischt
Auch sein Kollege in Zagreb, der österreichische Botschafter für Kroatien, wurde am Freitag trotz feucht-tropischer Hitze in der kroatischen Hauptstadt kalt erwischt.
In der Früh bekam auch er die Nachricht: Reisewarnung für ganz Kroatien. Wenig später hieß es: Das Gesundheitsministerium arbeitet noch die Verordnung aus. Nach einer eilig einberufenen Sitzung in der Botschaft berichtete Markus Wuketich: "Bei uns sind Hunderte Anrufe von besorgten Urlaubern eingegangen. Wir haben jetzt unseren Bereitschaftsdienst mit vier, fünf Botschaftsmitarbeitern verstärkt, aber ob da alle durchkommen werden, wage ich zu bezweifeln."
Viel konnte ihnen Markus Wuketich am Freitag noch nicht auf den Weg geben: "Ich warte noch auf die Verordnung aus dem Gesundheitsministerium. Sicher ist im Moment aus meiner Sicht nur, dass man bis Sonntag, 23.59 Uhr, ohne Behinderungen aus Kroatien kommend nach Österreich einreisen wird können." Dass es dennoch zu massiven Behinderungen an den Grenzen kommen wird, kann der Botschafter nicht ausschließen. Schon an Corona-freien Sonntagen kommt es speziell bei der Einreise in den Schengenraum nach Slowenien öfters zu stundenlangen Wartezeiten.
Überraschende Reisewarnung
Viel zu tun gab es zeitgleich auch knapp 150 Kilometer nördlich von Zagreb, in der Firmenzentrale des Kroatien-Spezialisten Gruber Reisen in Graz. Zwar war man schon mit keinem guten Gefühl in den Freitag gegangen – dass die Reisewarnung derart schnell kommt, damit hatten aber selbst die größten Pessimisten nicht gerechnet. Den Mitarbeitern blieb jedoch keine Zeit zum Kopfschütteln: "Wir haben sofort alle Kunden informiert, dass der Bäderbus am Abend nicht mehr in Richtung Meer fahren wird und dass der Charterflieger auf die Insel Brač am Samstag nicht abheben kann", so Prokuristin Eva Maria Schlögl, die erst am Abend zum ersten Mal zum Durchatmen kam.
Schlögl selbst weilte noch mit 230 österreichischen Gästen im firmeneigenen Hotel Bretanide auf Brač. "Die meisten fliegen am Samstag zurück nach Österreich. Für eine Familie, die für 14 Tage gebucht hat, organisieren wir einen eigenen Bus."
Ihre Firma hat bis zur Mitte der Woche bei einer Auslastung von 42 Prozent für 2020 mit einem Verlust von einer Million Euro kalkuliert. "Das schaffen wir jetzt nicht mehr", so die Managerin. So wie andere Reiseveranstalter kritisiert sie: "Mit dieser politischen Entscheidung ist der Tourismus in Kroatien tot."
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