„Mehr als schiefe Optik“ bei berittener Polizei
Eine Reiterhalle, drei Springplätze, ein Rennplatz und 33 Boxen für Pferde sind in der Theresianischen Militärakademie in Wr. Neustadt (NÖ) untergebracht. Diesen Bereich des geschichtsträchtigen Ortes, wo demnächst die Ausbildung der berittenen Polizei stattfinden soll, hat das Bundesheer aktuell an einen privaten Verein vermietet. Dieser zahlt dafür lediglich 1260 Euro pro Jahr Miete plus die Betriebskosten der Reithalle, die er selbst pflegen muss.
Prinzipiell kein schlechtes Geschäft, soll es doch einen Reiter in der Regel mehrere hundert Euro pro Monat kosten, sein Tier in so einem noblen Stall unterzubringen. Betreiber ist der „ HSV Theresianische Militärakademie Wiener Neustadt“, ein privater Verein. Dessen Präsident ist Oberstleutnant P., der Ausbildner beim Bundesheer war und bald die Ausbildung der Reiterstaffel von Innenminister Herbert Kickl übernehmen soll.
Bis Ende 2015 wurden in der Akademie die Offiziere in der Reiterei ausgebildet. Doch die SPÖ-Verteidigungsminister hatten keine Freude damit und beendeten das Projekt. Oberstleutnant P. übernahm deshalb mit dem Verein den Reitstall des Bundesheeres, um diesen weiter zu betreuen. Er verteidigte ihn auch gegen Begehrlichkeeiten der Stadt, hier eine Landesausstellung durchzuführen. Das Problem dabei ist , dass ein Verein wie der HSV keinen Gewinn machen darf.
Gewerbe angemeldet
Jedenfalls eröffnete seine Frau ein entsprechendes Gewerbe, laut Wirtschaftskammer unter dem Titel „Pferde- und Reittrainer; Reitställe, Pferdepensionen“. Ein mutmaßlich nicht genehmigtes Geschäft auf militärischem Grund zu betreiben, kann üble Konsequenzen haben. Im schlimmsten Fall könnten vom Heer die Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet werden. Das wäre nicht das erste Mal der Fall.
In der Causa des Gewerbes in der Theresianischen Militärakademie fuhr das Ministerium jedenfalls keine so schweren Geschütze auf. Oberstleutnant P. gilt immerhin als Hoffnung für die Olympischen Spiele, seine Frau wird „Europas beste Showreiterin“ genannt. Der Betrieb eines solchen Gewerbes kam beim Heer dennoch nicht gut an: „Als dem Verteidigungsministerium dies bekannt wurde, wurde sie (also die Frau von P.) umgehend aufgefordert, dies abzustellen, was auch erfolgte“, schreibt Oberst Michael Bauer, Sprecher des Verteidigungsministeriums, auf eine KURIER-Anfrage. „Für den Fall einer entgeltlichen Nutzungsvereinbarung, welche durch Ministerium zurzeit in Beurteilung ist, ist die rückwirkende Vorschreibung eines dem möglichen Nutzungsentgelts aliquot entsprechenden Entgelts ab 01. 01. 2017 vorgesehen.“
Der Oberstleutnant und seine Frau wollen dazu gar nichts sagen. Er wird demnächst aber Ausbildungsleiter der Polizei. P. hat dabei wohl Rückenwind vom Wiener Rathaus-Pressesprecher Werner , der ihn in höchsten Tönen lobt. Kaizars Pferd „Herzog von Cumberland“ steht im Stall in der Militärakademie, beritten wird es dort auch von Frau P. Der dienstzugeteilte Sprecher des Wiener FPÖ-Vizebürgermeisters Dominik Nepp betreut außerdem bei Veranstaltungen das VIP-Service. „Ehrenamtlich“, wie er betont. Und Kaizar ist selbst auch Mitglied beim HSV.
Der Rathaus-Sprecher, der mittlerweile auch Anfragen an das Innenministerium zum Thema Reitstaffel beantwortet, ist der Motor hinter der Berittenen Polizei, von ihm stammt das erste Konzept dafür aus dem vergangenen Herbst, wie er selbst sagt.
Doch zunächst wurde nicht er, sondern die Wiener Polizei mit der Umsetzung beauftragt. Als der KURIER darüber Anfang des Jahres berichtete, war die Aufregung groß. Danach suchte die Polizei „eine Stallung für bis zu 24 Pferde mit Reithalle, Koppel, Außenreitplatz (mit Sand), eigene Sattelkammer, Solarium, Innenwaschplatz und Aufenthaltsräume für ca. 50 Bediensteten“, wie ein Mail zeigt, das dem KURIER vorliegt. Die Kosten dafür würden die Millionengrenze wohl sprengen.
In der Folge zog das Innenministerium das Projekt berittene Polizei plötzlich an sich. Gegründet wurde eine sechsköpfige Projektgruppe.
In dieser sitzen nun Kaizar und Oberstleutnant P.
Das Problem war aber die noch nicht ganz restlos geklärte Frage, was mit dem HSV passieren soll. Das große Turnier, das jedes Jahr im Sommer veranstaltet wird, war bereits für heure storniert. Nicht alle im Verteidigungsministerium wollten die Sache mit dem privaten Gewerbe so auf sich sitzen lassen, heißt es.
Am 7. Mai schaffte FPÖ-Verteidigungsminister Mario Kunasek hier Abhilfe. Per Ministerweisung Nr. 257/2018 stellte er einen Offizier (Oberstleutnant P.) und einen Unteroffizier dem Innenministerium zur Verfügung. Und er machte klar: „Die Beendigung zur Mitbenutzung durch zivile Nutzer (HSV) wäre aus Sicht (mil.) Sicherheit bzw. zur polizeilichen Umsetzung des Ausbildungsbetriebs kritisch zu beurteilen.“ Dient ein privater Verein tatsächlich der militärischen Sicherheit?
Kaizar betont, dass der HSV und die Polizeipferde strikt getrennt werden, sogar eigenes Futter bekommen. Er wisse selbst nicht, warum der Verein zur Umsetzung des Ausbildungsbetriebs notwendig sei. Oberst Bauer versteht die Weisung überhaupt ganz anders: „Es soll beurteilt werden, ob die Anwesenheit Dritter (Zivilpersonen), nämlich des HSV, ein Sicherheitsproblem darstellen könnte.“
Neos-Sicherheitssprecherin Stephanie Krisper findet „die Rechtfertigungen in dieser Causa nicht ausreichend“. Sie stellt nun eine parlamentarische Anfrage, um alle Hintergründe aufzuklären: „Die Verflechtungen rund um die Pferdeambitionen des Innenministers erzeugen mehr als eine schiefe Optik. Hier braucht es dringend Klarheit.“
Stichwort: Berittene Polizei
Ausbildung in Wr. Neustadt: Zunächst werden 14 Pferde in der Theresianischen Militärakademie ausgebildet. Ab Juni werden die ersten drei Reiter geschult. Allein hier müssen 490.000 Euro investiert werden.
Fixer Standort in oder um Wien: Richtig teuer dürfte noch der fixe Standort in Wien kommen, wenn eine Koppel, tierschutzgerechte Ställe und Mannschaftsquartiere untergebracht werden müssen. Zuletzt war Korneuburg (NÖ) im Gespräch, nun soll aber eine Kaserne – wenn möglich in Wien-Simmering – angepeilt werden.
Einsatzmöglichkeiten: Vorerst werden die Tiere nur für Streifen auf Grünflächen (Lobau, Prater) eingesetzt. Für Fußballmatches oder Demos gibt es vorerst keine unmittelbaren Pläne.
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