Kärntner Volksabstimmung für slowenischen Abgeordneten illegitim

10. OKTOBER-FEIER DES LANDES KÄRNTEN ANL. DER 92. WIEDERKEHR DES TAGES DER KÄRNTNER VOLKSABSTIMMUNG
Sloweniens Nationalistenführer Zmago Jelinčič zweifelt an der Legitimität des Votums im Jahr 1920.

Bei der Volksabstimmung hatten sich fast 60 Prozent der damals überwiegend slowenischen Bevölkerung Südkärntens gegen die Angliederung an das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (SHS-Staat) ausgesprochen. Drei Monate vor dem 100. Jahrestag der Kärntner Volksabstimmung hat der slowenische Parlamentsabgeordnete Zmago Jelinčič die Legitimität des damaligen Votums für Österreich in Zweifel gezogen.

Kärntner Volksabstimmung 1920

Das Votum sollte über die staatliche Zugehörigkeit der nach dem Ersten Weltkrieg durch Jugoslawien beanspruchten, überwiegend von Slowenen bewohnten Gebiete im Südosten Kärntens entscheiden.

„Wenn man alle Umstände berücksichtigt, kann man schwer sagen, dass die Volksabstimmung legitim war“, sagte der Chef der Slowenischen Nationalpartei (SNS) Jelinčič. Er kritisierte, dass die Abstimmungskommission „voreingenommen“ gewesen sei. Mitverantwortlich für den Ausgang der Abstimmung sei aber auch der SHS-Staat gewesen. „Die serbischen Machthaber haben kriegerische Gewalt eingesetzt, und da war es nicht verwunderlich, dass es zu einer Revolte kam, auch unter den Slowenen.“

Slowenischer Präsident nimmt erstmals an Feier teil

Dass mit Staatspräsident Borut Pahor heuer erstmals ein Vertreter Sloweniens an der Volksabstimmungsfeier in Klagenfurt teilnimmt, sieht Jelinčič als Chance zur Darstellung der Sichtweise des südlichen Nachbarstaates. Pahor solle einfach Zahlen der Volkszählungen der vergangenen Jahrzehnte vortragen und damit zeigen, „wie die slowenische Minderheit verschwindet und der österreichische Staat nicht tut, was er tun müsste“.

„Wenn Pahor die Tatsachen sagen würde, wäre der Besuch richtig und gerecht“, so Jelinčič. „Das wird er sich nicht trauen.“ Er selbst wäre „natürlich“ bereit, in Klagenfurt das Wort zu ergreifen, sagte der Politiker, der mit seiner SNS die Mitte-Rechts-Regierung im Parlament von Ljubljana stützt. „Aber dafür müsste mich der (slowenische) Staat hinschicken.“

Kein Rütteln an der Grenze

An der Staatsgrenze will Jelinčič nicht rütteln. „Dieser Teil Kärntens ist in Österreich. Das sind völkerrechtliche Verträge und die kann man nicht ändern“, sagte er. Doch hätte Slowenien „das Zollfeld“ (historisch bedeutsames Gebiet nördlich von Klagenfurt, das schon 1920 nicht Teil der Abstimmungszone war) sogar noch nach dem Zweiten Weltkrieg zurückbekommen können, behauptete er.

Den jugoslawischen Kommunisten sei es damals aber wichtiger gewesen, geflüchtete Regimegegner zurückzubekommen. „Sie haben das Land verraten, damit sie sich an den Flüchtlingen rächen konnten“, sagte er mit Blick auf entsprechende Vereinbarungen mit der britischen Besatzungsmacht in Kärnten, die Jugoslawien zehntausende Hitler-Kollaborateure und ihre Familien übergab und so in den sicheren Tod schickte.

"Österreich müsste slowenische Minderheit viel mehr schätzen"

Der langjährige Nationalistenführer sagte weiter, dass Österreich seine Wiedererrichtung nach dem Zweiten Weltkrieg nur der slowenischen Volksgruppe in Kärnten zu verdanken habe. Jelinčič verwies diesbezüglich auf die Moskauer Deklaration der Alliierten im Jahr 1943, wonach nach dem Krieg „der eigene Beitrag“ der Österreicher zur Befreiung berücksichtigt werde.

Die einzigen Österreicher, die einen solchen Beitrag hätten belegen können, „waren die Kärntner Slowenen“, sagte Jelinčič mit Blick auf die Kärntner Partisanenkämpfen. „Österreich müsste die slowenische Minderheit viel mehr schätzen. Wenn Dir jemand einen Staat verschafft, müsstest Du ihm dankbar sein.“

Nichts wissen will Jelinčič von einer Anerkennung der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien, die von Österreich seit Jahrzehnten vergeblich gefordert wird. „Die Altösterreicher können nicht anerkannt werden, weil sie keine autochthone (ansässige, Anm.) Minderheit sind. In Slowenien leben auch Menschen aus Tunesien, und wir haben deshalb auch keine tunesische Minderheit“, zog der SNS-Chef einen drastischen Vergleich.

Scharfe Kritik an Präsidenten

Kritik übte Jelinčič am Versöhnungsakt Pahors mit seinem italienischen Amtskollegen Sergio Mattarella am morgigen Montag. Pahor „wird dort, wo die Faschisten feiern, einen Kranz niederlegen“, sagte der slowenische Politiker mit Blick auf die umstrittene Gedenkstätte in Basovizza, wo Opfer kommunistischer Nachkriegsverbrechen liegen sollen. Gleichzeitig würden slowenische Freiheitskämpfer in Italien immer noch als „Terroristen“ verunglimpft.

Das Gedenken der beiden Präsidenten findet anlässlich des 100. Jahrestages des Niederbrennens des slowenischen Volkshauses (Narodni dom) in Triest statt. Das wiedererrichtete Gebäude soll unter den Augen der beiden Staatsoberhäupter der slowenischen Volksgruppe zurückgegeben werden.

Stellungnahmen:

„Wir leben mit der slowenischen Minderheit in Kärnten ein harmonisches Miteinander und das soll auch so bleiben“, zeigte sich heute Kärntens FPÖ-Landesparteiobmann Gernot Darmann verärgert über Aussagen des slowenischen Parlamentsabgeordneten. Darmann fordert eine Entschuldigung von Sloweniens Staatspräsident Borut Pahor für die Äußerungenen von Jelinčič. Vor allem der Vorwurf, das Votum sei nicht legitim gewesen sowie der Vergleich der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien mit Menschen aus Tunesien, waren Darmann ein Dorn im Auge.

Gabriel Hribar, ein Vertreter der slowenischen Volksgruppe in Kärnten ortetet ein Ablenkungsmanöver: "Ich sehe die Infragestellung der Volksabstimmung von Herrn Jelinčič als Trick um öffentliche Aufmerksamkeit zu erlangen. Seine Kritik ist jedoch soweit gerechtfertigt, als 1920 die Kärntner Landesregierung bei einem positiven Resultat der Volksabstimmung versprochen hat, dass sie zum Beispiel den slowenischen Landsleuten " ihre sprachliche und nationale Eigenart jetzt und alle Zeit " gewährt, so Hribar. Dieses Versprechen wurde aus seiner Sicht nicht eingelöst.

Kaisers Pressesprecher Andreas Schäfermeier äußerte sich zu Jelinčič Vorstoß wie folgt: Es ist höchst bedauerlich, dass es immer wieder vereinzelte Versuche von nationalistischen Egoisten – auf beiden Seiten der Grenze - gibt, den international beachteten Versöhnungsprozess zwischen deutsch- und slowenischsprachigen Kärntnerinnen und Kärntnern, zu stören."  Der Landeshauptmann appelliere einmal mehr an alle politischen Verantwortungsträger und Interessensvertreter, sich den so weit fortgeschrittenen Konsensbemühungen anzuschließen.

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