Innsbruck: Neues Stadtrecht für das Chaos-Parlament
Das Innsbrucker Stadtrecht wurde in den Jahren seit den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen 2018 immer wieder auf harte Proben gestellt. „Das gab es noch nie“, hieß es nicht nur einmal, als sich nach Streitereien rechtliche Fragen auftaten.
Neuland wurde etwa betreten, als Ex-Stadtchefin Christine Oppitz-Plörer (FI) 2019 auf einen FPÖ-Antrag hin mit Unterstützung der Grünen von Bürgermeister Georg Willi – damals ihr Koalitionspartner – aus der Funktion der Vize-Bürgermeisterin gewählt wurde.
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Neuland betreten
Damals konnte man lernen, dass in so einem Fall auch die Ressortzuständigkeiten als Stadträtin verloren gehen und dann erst wieder zugeteilt werden müssen.
Als dann Uschi Schwarzl (Grüne) – mit den Stimmen ihrer Regierungspartner von FI, ÖVP und SPÖ – ein Jahr später das selbe Schicksal erlitt, wusste man zumindest schon, wie das läuft.
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Dass dann auch noch FPÖ-Chef Markus Lassenberger mit Unterstützung aus dem Koalitionslager zum Vize von Bürgermeister Willi gewählt wurde, war für diesen Anlass, die zerrütte Vierer-Beziehung aufzukündigen. Seither regiert im Gemeinderat das freie Spiel der Kräfte – und Chaos.
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Dem entspringt nun eine Reform des Innsbrucker Stadtrechts, die am Donnerstag von Gemeinderat auf den Weg geschickt wurde und noch der Zustimmung des Landes bedarf.
Die Novelle spiegelt in einer Reihe von Punkten die Konflikte seit dem Koalitionsaus wieder, in denen es oft hieß: da der direkt gewählte Bürgermeister mit seinen Kompetenzen, dort der ebenfalls direkt gewählte Gemeinderat, in dem die Grünen keine Mehrheit mehr haben.
Große Mehrheit
In der Novelle des Stadtrechts, die letztlich bei nur zwei Gegenstimmen eine große Mehrheit fand, ging es laut SPÖ-Stadtparteiobmann Benjamin Plach - Vorsitzender des Rechtsausschusses - um einen "heiklen Balanceakt" im Sinne der Machtverteilung zwischen Gemeinderat und Bürgermeister.
Ein Resultat: Künftig benötigt es eine Genehmigung des Stadtsenats (besetzt nach den Mehrheitsverhältnissen im Gemeinderat) für Sonderverträge von Vertragsbediensteten. Dass Willi solche Überzahlungen im Alleingang ermöglichte, sorgte für einen Riesenwirbel.
Noch größer war der Aufschrei, als der Bürgermeister die von einer Mehrheit des Stadtsenats beschlossene Abberufung der Leiterin des Personalamts verhindern wollte, in dem er das Amt kurzerhand auflöste und die Frau zur Leiterin einer eigens geschaffenen Stabstelle „Personalmanagement“ machte.
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Im Auftrag des Gemeinderats musste Willi das rückabwickeln. Die Lehre daraus: Die Geschäftseinteilung des Stadtmagistrats obliegt künftig ebenfalls dem Stadtsenat.
Seltene Harmonie
So konfliktreich die Vorgeschichte der Reform war, so harmonisch zeigten sich am Donnerstag die Verhandlungspartner aller Lager. Sie sprachen unisono von einem Kompromiss, für den jeder ein wenig zurückstecken habe müssen. So etwa Gerhard Fritz von den Grünen, der in der Beschneidung der Macht des Bürgermeisters aber eine "überschießende Anlassgesetzgebung" sieht.
"Es hat halt viele Anlässe gegeben", konterte FI-Klubobmann Lucas Krackl. Man habe "einen Stresstest für das Stadtrecht erlebt." FPÖ-Vize-Bürgermeister Markus Lassenberger ortete "ein großes Werk", ÖVP-Klubobmann Christoph Appler eine "notwendige Anpassung der Spielregeln", die im Rahmen einer funktionierenden Koalition aber zum Teil gar nicht schlagend würden.
Von so einer Konstellation war die Stadtpolitik über weite Strecken weit entfernt. Dennoch blieben mehrere Anläufe für eine vorgezogene Neuwahl ohne Erfolg. Die Hürden für eine solche werden im neuen Stadtrecht aber gesenkt.
Für einen Beschluss zur Auflösung des Gemeinderats braucht es grundsätzlich eine Zwei-Drittel-Mehrheit, aber derzeit auch eine Anwesenheit von drei Viertel der Gemeinderäte – künftig müssen es nur zwei Drittel sein.
Wahlen am 14. April 2024
Der reguläre Wahltermin rückt nach der Sommerpause des Gemeinderats in großen Schritten näher. Die Stadtverwaltung hat sich für den 14. April des kommenden Jahres angesprochen. Für diesen Termin gibt es eine große Mehrheit, erklärte Willi am Donnerstag.
Die strategischen Vorbereitungen für die kommenden Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen laufen bereits an. Die ÖVP will eine Allianz der bürgerlichen Kräfte - allen voran mit der Schwesterpartei FI - schmieden, um den Grünen das Amt des Stadtchefs wieder abzujagen.
Die Gespräche sollen nun anlaufen. Denkbar ist etwa, dass sich mehrere Listen auf einen gemeinsamen Bürgermeisterkandidaten einigen, um Amtsinhaber Willi aus dem Feld zu schlagen.
Neben dem Stadtrecht soll auch die Wahlordnung reformiert werden. Eine Mehrheit des Gemeinderats hat das Land ersucht, eine Vier-Prozent-Hürde bei den Wahlen einzuziehen. Dadurch sollen klarere Mehrheitsverhältnisse geschaffen werden. Aktuell ist das Stadtparlament in die Unkenntlichkeit zersplittert.
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