Regierungskrise: Ex-Bürgermeisterin als Vize-Stadtchefin abgewählt

2019 wurde Christine Oppitz-Plörer (FI) mit Hilfe ihres grünen Koalitionspartners Georg Willi abgewählt
Mit den Stimmen ihres grünen Koalitionspartners wurde Christine Oppitz-Plörer nach heftigen Debatten vom Innsbrucker Gemeinderat abberufen.

In der Nacht auf Freitag um 0.40 Uhr war es amtlich. Christine Oppitz-Plörer (Für Innsbruck) hat ihr Amt als Innsbrucker Vize-Bürgermeisterin verloren.

Ein FPÖ-Antrag im Gemeinderat wurde mit den Stimmen der weiteren Oppositionslisten und jenen der grünen Fraktion von Bürgermeister Georg Willi angenommen.

"Meine Messlatte sind die Menschen draußen", erklärte Oppitz-Plörer kurz vor der Abstimmung.

Schwere Vorwürfe

Der grüne Stadtchef hatte seiner Koalitionspartnerin am Dienstag vorgeworfen, in ihrer Zeit als Bürgermeisterin über die "massiven Kostenüberschreitungen" beim Bau der Patscherkofelbahn Bescheid gewusst und dem Gemeinderat diese Informationen vorenthalten zu haben. Anschuldigungen, die Oppitz-Plörer zurückweist.

Die Innsbrucker Vierer-Koalition aus Grünen, Für Innsbruck, ÖVP und SPÖ steht damit vor dem möglichen Aus.

Die Unterstützung des Abwahlantrags durch Willi kommt einem offenen Koalitionsbruch gleich. Das Amt der Vize-Bürgermeisterin steht gemäß des Regierungsabkommen Für Innsbruck zu. Das gilt auch für die Ressortverantwortung (Wirtschaft und Familien) von Oppitz-Plörer.

Diese hat die langjährige Stadtchefin mit ihrer Abwahl als Vize-Bürgermeisterin verloren. Ihre Fraktion teilt diese Rechtsmeinung zwar nicht - das Stadtrecht ist hier nicht eindeutig -, nimmt diese jedoch zur Kenntnis.

Regierungskrise: Ex-Bürgermeisterin als Vize-Stadtchefin abgewählt

Kurioser Weise haben sowohl Willi, als auch Oppitz-Plörer versichert, an der Koalition festhalten zu wollen. Der Bürgermeister hat sich vorerst noch nicht eindeutig dazu geäußert, ob er seiner Amtsvorgängerin die Regierungsagenden dauerhaft entziehen will.

Auslöser für die Krise ist das Millionen-Debakel rund um den Neubau der Patscherkofelbahn, das die Koalition seit den Gemeindratswahlen 2018 belastet. Unmittelbar nach dem Urnengang wurde bekannt, dass das Budget von 55 Millionen Euro gesprengt wird.

Der Gemeinderat musste elf Millionen Euro nachschießen. Ob diese im vollen Umfang ausgeschöpft werden müssen, ist bis heute noch nicht klar.

"Hier wurde die Pflicht verletzt, mit Steuergeld sorgsam umzugehen", begründete Willi die Unterstützung des Abwahlantrags. In einem Rückblick auf die Genese des Projekts nannte der Bürgermeister zwei Zeitpunkte, an denen die Stopptaste von Oppitz-Plörer gedrückt werden hätte müssen.

"Der Informationsfluss hat funktioniert. Davon konnte ich mich durch Gespräche versichern", argumentierte der Stadtchef den Zeitpunkt der Abwahl. Die Frage, ob und wann seine Vorgängerin von den Kostenüberschreitungen wusste, gilt als Knackpunkt in der Causa.

"Das ist Showpolitik"

Im Sommer hatte sich ein Sondergemeinderat mit der Patscherkofelbahn befasst: "Wir wissen heute um keinen Beistrich mehr", entgegnete Irene Heisz von der SPÖ-Fraktion, die den Abwahlantrag, wie auch die ÖVP-Mandatare nicht mittrugen. Sie warf Willi und den Grünen "Showpolitik" und ein "menschlich letztklassiges Spektakel" vor.

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Der ehemalige Grünen-Abgeordnete Mesut Onay von der Fraktion ALI nahm seine Ex-Partei in die Pflicht: "Andere waren auch verantwortlich." So sei der seinerzeitige Grünen-Stadtrat Gerhard Fritz mit der Bürgermeisterin in der Jury des Architektenwettbewerbs für die Bahn gesessen. Zuvor hatte Willi darauf verwiesen, dass das Siegerprojekt "entgegen der Ausschreibung" gekürt wurde.

Oppitz-Plörer musste die Debatte wegen Befangenheit von den Zuschauerrängen verfolgen. Für sie sprang Gemeinderat Markus Stoll von ihrer Fraktion in die Bresche. "Wenn was Konkretes da wäre, hätte man schon lange einen Schlussstrich ziehen können." Es gäbe aber nichts Substanzielles. Es gehe nur um die Abrechnung mit einer Person.

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ÖVP-Klubobmann Christoph Appler ortete "ein Scherbengericht" und kritisierte, dass seit Monaten die rechtliche Aufarbeitung fehlt: "Es gibt keine neuen belastbaren Erkenntnisse." Willi beruft sich auf ein Gespräch mit den inzwischen abberufenen Bahn-Geschäftsführern. Die hätten in diesem Fall den Sondergemeinderat angelogen, stellte Appler in den Raum.

Grüne, Für Innsbruck, SPÖ und ÖVP bildeten bereits unter der Führung von Oppitz-Plörer eine Koalition. Wie diese vier Parteien nun weiter zusammenarbeiten sollen, ist völlig offen. "Wie das funktionieren soll, bin ich gespannt", sagte Heisz von der SPÖ.

Bereits im November gilt es im Gemeinderat ein Budget zu beschließen.

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