Asyl-Krisengipfel zur Quartiernot blieb ohne konkretes Ergebnis

Asyl-Krisengipfel zur Quartiernot blieb ohne konkretes Ergebnis
Zwei Stunden lang tagten Innenminister und Länderchefs zur Unterbringungslage: Bund verspricht Teuerungsausgleich für private Quartiergeber.

Zu besprechen gab es im Festsaal des Innenministeriums in der Herrengasse Mittwochabend ab 17.30 Uhr genug: Zelte, die in den Bundesländern zur Unterbringung von Flüchtlingen aufgebaut und nun mit Bescheiden durch die jeweiligen Bürgermeister wieder abgebaut werden sollen. Hallen, in denen Flüchtlinge untergebracht werden sollten, aber nur wenn es sich um Ukrainer handelt. Ganz generell: Der Umgang des Bundes mit den Ländern, die sich vom Innenminister "überfahren" fühlen.

Bonus vom Bund

Eben jener Innenminister, Gerhard Karner (ÖVP), lud die Landeshauptleute  Mittwochabend in Wien zu einem Gipfelgespräch,  persönlich oder per Videozuschaltung. Karner hat deshalb auch eine seit Langem geplante Polen-Reise abgesagt. Nach knapp zwei Stunden war die Besprechung vorbei – konkretes Ergebnis zu der Unterbringung der Betroffenen oder  neuen  Quartieren   gab es  keines, berichteten Teilnehmer.  Jedenfalls sei man diesbezüglich ohne neue Vereinbarung heimgefahren.


Aus dem Innenministerium hieß es dagegen, man sei dankbar über die  „politische Willensbildung“,  kurzfristig Obdachlosigkeit zu verhindern. Als ein Werkzeug dafür betrachtet man einen Teuerungsausgleich für  private Quartiergeber, speziell jene, die Frauen und Kinder aus der Ukraine aufnehmen: Diesen Bonus hat der Bund beim Gipfel den Ländern offenbar zugesagt, Details würden aber noch folgen.

Vonseiten des Ministeriums lautete die Warnung in den vergangenen Tagen bereits stets: Können nicht genug Flüchtlinge in den Ländern untergebracht werden, droht Obdachlosigkeit. Die Bundesbetreuungsagentur (BBU), die für den Bund die Aufteilung von Flüchtlingen auf die Bundesländer koordiniert, wird nicht müde zu betonen, dass man bei der Unterbringung von Asylwerbern auf private Quartiergeber angewiesen sei.

Kärnten will mehr Ukraine-Vertriebene aufnehmen

Als Erster meldete sich nach der Sitzung Kärntens SPÖ-Landeschef Peter Kaiser: Das Bundesland sei bereit, mehr Vertriebene aus der Ukraine aufzunehmen, denn Kärnten erfülle hier nur 37 Prozent der mit dem Bund vereinbarten Quote.

Bei Asylwerbern blieb der rote Landeshauptmann aber deutlich ablehnend: Kärnten erfülle bereits 105 Prozent der Quote, bei unbegleiteten Minderjährigen sogar 115 Prozent. "Hier wäre eine Umverteilung der Ukraine-Vertriebenen auch für andere Bundesländer eine Entlastung", merkte Kaiser an.

Der Landeshauptmann wiederholte die Forderung an Karner, "Städte und Gemeinden nicht einfach nur vor Tatsachen zu stellen und kurzfristig zu informieren. Sie sind in die Entscheidung einzubinden, auch wenn es sich um Bundesquartiere handelt." Sonst würde die "Humanität auf die Probe gestellt", da die "Bevölkerung müde" sei von der Pandemie und deren Einschränkungen, auf die nun Teuerung und Energiekrise gefolgt seien.

Kälte und Obdachlosigkeit

Derzeit seien 8.000 Asylsuchende in Österreich in BBU-Unterkünften, mehr als dreimal so viel wie vor einem Jahr. Die weitere Aufschlüsselung der BBU: 5.400 von ihnen könnten längst in der Betreuung der Bundesländer sein. Rund 400 kommen täglich dazu. Das Problem: Quartiere finden sich nicht oder werden laut BBU "torpediert". Es bleiben Zelte oder Obdachlosigkeit, was bei sinkenden Temperaturen keine Lösungen sein könne.

Flüchtlingskoordinator, Andreas Achrainer, meinte dazu im Ö1-Morgenjournal am Mittwoch"Die Bürgermeister und die Menschen sollten wissen, dass die Flüchtlinge da sind, wir brauchen Unterkünfte. Aber es ist wenig Verständnis für die Realität da. Die Verantwortung liegt ganz klar bei den Ländern und den Gemeinden. Die BBU hat ihre Aufgaben gemacht. Die Länder haben nun ihre Quoten zu erfüllen", sagte Achrainer. Der Widerstand aus den Ländern und den Gemeinden hänge aus seiner Sicht vor allem mit Angst zusammen, die in den betroffenen Regionen bewusst geschürt werde.

Alarm aus Traiskirchen

Vor dem Treffen im Innenministerium setzte Andreas Babler, SPÖ-Bürgermeister von Traiskirchen, einen Alarm ab: In der Erstaufnahmestelle Traiskirchen drohe die Situation "trotz der monatelangen Verbesserungszusagen des Innenministeriums nunmehr völlig zu eskalieren".

Der Stadtchef fordert Innenminister Karner per Aussendung auf, leer stehende Bundesressourcen zu öffnen. Zudem sollten freie Kapazitäten in Kasernen herangezogen werden.

Asylplätze im Hotel

Wien, das bei der Quoten-Erfüllung ohnehin Vorreiter ist, hat indes am Mittwoch ein neues Großquartier für ukrainische Flüchtlinge präsentiert, nämlich das Hotel de France in der Innenstadt. 350 Plätze stehen dort zur Verfügung, davon 40 für Personen mit erhöhtem Betreuungsbedarf. Aktuell sind 83 Plätze belegt.

Geführt wird die Flüchtlingseinrichtung vom Arbeitersamariterbund. Die Grundfinanzierung der Infrastruktur wird von privaten Spendern sichergestellt.

Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) betonte, dass bereits 26.000 Flüchtlinge aus der Ukraine in Wien Unterkunft gefunden hätten: "Wien zeigt eindrucksvoll, was geht, wenn alle an einem Strang ziehen." Derzeit befinden sich gut 35.000 Personen in Wien in der Grundversorgung. Die geforderte Quote wird zu 182 Prozent (über-)erfüllt.

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