Blutiger Almsommer: Wölfe rissen über 600 Schafe in Österreich

Wolf aus der Nordpopulation durchstreifte das Ybbstal und hinterließ tödliche Spur
Das Land Tirol zog nach dem Abtrieb der Schafe Bilanz. Rund 200 weitere Tiere gelten als vermisst. Ähnlich ist Lage in Kärnten.

Der Winter schickt seine ersten Vorboten und die Almsaison ist vorbei. Nun ist der überwiegende Teil der Schafe von den Tiroler Hochalmen und den Kärntner Almen zurück im Tal. Das nahm das Land Tirol zum Anlass für eine Bilanz. Dieser zu Folge wurden im heurigen Almsommer bisher 300 Schafe gerissen und 50 weitere verletzt. 200 Schafe gelten als vermisst. Dazu kamen 20 tote Ziegen und ein totes Rind. Etwa 25 Schafe fielen Bären zum Opfer.

Rund 1.500 Schafe wurden aufgrund der Anwesenheit von Großraubtieren vorzeitig von den Almen ins Tal gebracht. Immerhin 465 Schafbauern haben bis dato mit Unterstützung des Landes 350 Kilometer wolfabweisende Zäune zum Schutz der Tiere auf den Heimweiden angeschafft.

In Kärnten mehr als 300 gerissene Schafe

Tirol und Kärnten gelten als jene Bundesländer, in denen die Almwirtschaft am stärkten von Wolfsrissen betroffen war. In Kärnten zeigt sich ein ähnliches Bild wie in Tirol. Wie der Kärntner Wolfsbeauftragte, Roman Kirnbauer, dem KURIER bestätigte, gab es auch im Süden viele Risse: "Wir stehen momentan bei einer Zahl von über 300 gerissenen Schafen", erklärt Kirnbauer. Eine offizielle Bilanz, wie in Tirol, gibt es in Kärnten erst mit 15. November. 

Doch zurück nach Tirol: Insgesamt 17 verschiedene "Wolfsindividuen" wurden im heurigen Jahr in Tirol nachgewiesen, 14 davon wurden erstmals in Österreich erfasst. Bis auf einen Wolf stammten alle Tiere aus der italienischen Population. Im Grenzgebiet zu Kärnten hat sich ein Rudel gebildet, dem auch ein Rind zum Opfer fiel.

Wolf auch Thema in Brüssel

Der Schutzstatus des Wolfs war auch Thema beim Agrarrat am Montag in Brüssel: „Der Schutzstatus des Wolfes wird über eine EU-Richtlinie geregelt, die 30 Jahre alt ist. Damals gab es in Österreich keine Wölfe. Mittlerweile bedroht der Wolf unsere heimische Alm-, Land- und Tourismuswirtschaft. Auch in anderen Mitgliedsstaaten wird dieses Raubtier zu einer immer größeren Herausforderung. Diese Richtlinie muss angepasst werden“, betont Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig. Neben Kroatien, Finnland, Ungarn, Lettland, Rumänien und Slowakei haben darüber hinaus auch Frankreich, Spanien, Italien, Slowenien, Griechenland, Dänemark, Portugal, Estland, Litauen und Belgien die Österreichische Forderung in der Rats-Sitzung unterstützt bzw. die Bedenken geteilt. 

Schutzzonen nach dem Vorbild Schwedens auch in Kärnten?

Der Ruf nach einer Anpassung wird nun auch in Kärnten nach der Vollversammlung der Landwirtschaftskammer am Montag laut. „In Schweden werden weite Teile des Landes mittels Bejagung von Wölfen freigehalten. Die EU-Kommission akzeptiert den Ansatz dieser wolfsfreien Zonen, da der Erhalt der traditionellen Rentierhaltung höherrangig angesehen wird als der strenge Artenschutz gemäß der FFH-Richtlinie. Was in Schweden möglich ist, muss auch in Kärnten möglich sein“, fordert LK-Präsident Siegfried Huber nun von den EU-Institutionen. Laut Huber sei die traditionelle Alm- und Weidewirtschaft dem Wesen nach durchaus mit der traditionellen Rentierhaltung in Schweden vergleichbar. Entsprechend dem in den europäischen Grundsatzverträgen festgeschriebenen Gleichheitsgrundsatz müsse daher eine Ausweisung von wolfsfreien Zonen auch im Alpenraum möglich sein.

Wolf und Bär

In der ersten Jahreshälfte wurden in Tirol außerdem zwei Bären nachgewiesen, die sich beide schon im vergangenen Jahr in Tirol aufgehalten haben. Bei zwei Tieren gibt es bisher keine Bestimmung. Aktuell gibt es Hinweise auf einen Bären im Außerfern.

Noch bis zum 30. September liegt für zwei junge Wölfe aus einem Rudel eine Abschussgenehmigung vor. Gegen den Bescheid wurde allerdings von Naturschutzorganisationen Beschwerde erhoben, noch liegt keine Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts vor. Zuletzt hatte das Gericht mögliche Wolf-Abschüsse im Bundesland vorerst gestoppt. Die entsprechenden Bescheide waren somit vorerst nicht vollstreckbar.

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