Heime von zweiter Welle stärker getroffen
Soldaten, die ein Pflegeheim übernehmen, weil beinahe alle Bewohner mit dem Coronavirus infiziert sind und auch das Personal großteils ausfällt? Ein solcher Assistenzeinsatz des Bundesheeres kam bisher noch nie vor.
Doch genau das ist die Lage in einem Heim des Arbeitersamariterbundes (ASB) im obersteirischen St. Lorenzen im Mürztal. Sanitätsunteroffiziere lösten am Montag die Bediensteten des „Tannenhofs“ ab und versorgen die 45 Bewohner 42 wurden positiv getestet. Die Infektionskette lasse sich nicht mehr nachvollziehen, bedauert Peter Scherling vom ASB.
Anteil steigt
Der Fall „Tannenhof“ ist außergewöhnlich, doch symptomatisch für die zweite Welle der Corona-Infektionen: Senioren- und Pflegeheime scheinen massiver betroffen als im Frühjahr. Die Statistik des Innenministeriums zeigt deutlich: Aktuell (Stand Montag) sind 3.278 Bewohner infiziert - insgesamt gibt es derzeit 57.580 aktive Fälle, der Anteil der Heimbewohner beträgt somit 5,7 Prozent. Das ist auffällig: Der Anteil dieser Gruppe an allen in der Pandemie bekannt gewordenen Fällen betrug bisher 2,9 Prozent - da hat sich in der zweiten Welle einiges bewegt.
Noch dramatischer ist der Blick auf die Todesfälle in Verbindung mit Covid-19: Der Anteil der Heimbewohner beträgt je nach Bundesland zwischen 28 (Niederösterreich) und 50 Prozent (Kärnten).
Franz Ferner, Sprecher der steirischen Pflegeheimbetreiber, mahnt aber, Relationen zu sehen. „Wir sind in den Heimen nur so gut wie die Gesellschaft rund um uns agiert.“ Zudem werde dank der Antigen-Schnelltests mehr getestet als im Frühjahr.
Damals galten strenge Besuchverbote, jetzt gibt es österreichweit strenge Regeln: Negative PCR- oder Antigentests, die nicht älter als 48 bzw. 24 Stunden sein dürfen oder FFP2-Masken während des Besuchs. Personal wird wöchentlich getestet. Den Bundesländern steht es frei, rigorosere Maßnahmen zu setzen: Oberösterreich erließ Anfang November für zwei Wochen ein Besuchsverbot, in Wien und NÖ ist pro Woche und Bewohner nur ein Besucher erlaubt (Ausnahme: Palliativ- und Hospizbegleitung sowie Seelsorge).
Aus dem ersten Lockdown haben die Betreiber eines mitgenommen: „Es muss Besuche geben“, betont Ferner. Das wird im Hinblick auf Weihnachten bedeutend: Bewohnern kann nicht verboten werden, ein Heim zu verlassen, das wäre ein Eingriff in Freiheitsrechte.
Wie wird Weihnachten?
Doch Ferner hofft auf Einsehen: „Wir sind auf die Vernunft der Menschen angewiesen.“ Im Sozialministerium verweist man auf die Öffnungsschritte, die im Ministerrat am Mittwoch beschlossen werden.
Die anderen Bundesländer kommen ohne Heereshilfe aus. Es gebe interne Kapazitäten im Bereich der Pflege- und Betreuungszentren, versichert Sprecher Bernhard Jany, Landesgesundheitsagentur NÖ. „Bezüglich der Weihnachtsfeiertage werden wir uns an Vorgaben und Maßnahmen der Bundesregierung orientieren“, so Jany.
Verglichen mit anderen Bundesländern sind die Wiener Pflege- und Seniorenheime bis dato relativ gut durch die Corona-Krise gekommen. Im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) führt man das vor allem auf einen Faktor zurück: „Wir haben die Zugangsbeschränkungen über den Sommer kaum gelockert“, betont ein Sprecher. Für Weihnachten sei keine Lockerung der Besucher-Restriktionen geplant, kündigt er an.
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