Hasspostings: "Es gibt Gruppen, die planen das"
"A Kugel is der reserviert."
Justizministerin Alma Zadić, Grüne, ist derzeit das bekannteste Opfer jener Menschen, die andere in der vermeintlichen Anonymität des Internet attackieren. Daniela Grabovac, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark, weiß jedoch: Zadić ist nicht allein - im Vorjahr gingen 1.822 Meldungen über Hasspostings aus ganz Österreich in ihrer Einrichtung ein, acht Prozent oder 138 davon betrafen Politiker, großteils weibliche. 25 Prozent betrafen Migranten, 13 Prozent waren gegen Muslime gerichtet.
Grabstein mit Namen
"'Geht's ham, wo's herkommts', waren da noch die mildesten Meldungen", resümmiert Grabvoac. Vielfach sind sie brutaler, direkter. "Drohungen, jemand zu erschießen, zu ertränken. Emojis mit Hitlergruß oder Bilder von Grabsteinen mit dem Namen der Betroffenen drauf."
Gemeldet wurden die Postings über "BanHate", eine App, die Grabovac' Team entwickelte und 2017 freischaltete. Damit können diskriminierende oder verletzende Kommentare in sozialen Medien und Online-Foren mit einem Klick weitergeleitet werden. Die Antidiskriminierungsstelle prüft und schaltet die Staatsanwaltschaft ein, wenn sie möglicherweise strafrechtlich relevante Inhalte entdeckt. 2019 war das in 43 Prozent oder 790 der 1.822 Postings der Fall.
Wie hoch die Dunkelziffer an Hasspostings sein könnte, wagt Grabovac nicht zu schätzen. "Wir nehmen natürlich an, dass viel mehr passiert, als bei uns gemeldet wird. Vor allem bei Politikern gibt es bestimmt mehr Vorfälle. Aber die sagen sich oft, ich stehe in der Öffentlichkeit, ich muss das aushalten." Ein Zugang, den die Expertin zurecht rücken möchte. "So etwas macht menschlich auch etwas mit Politikern. Vielleicht sagen sie dann etwas nicht mehr, was sie eigentlich wollen, um genau so etwas zu verhindern."
In den drei Jahren hat Grabvoac zudem eine beunruhigende Entwicklung bemerkt: Die berüchtigten "besoffenen G'schichten" - also beleidigende Kommentare unter Alkoholeinfluss - scheinen abgenommen zu haben. Es verstärke sich jedoch das systematische Anwenden von Drohungen im Internet. "Es gibt Gruppen, die planen richtig, jemanden fertig zu machen. Das ist die größere Gefahr als Leute, die betrunken um zehn am Abend einfach einen unpassenden Kommentar abgeben."
Extremistische Gruppen
Wer dahinter steckt, lässt sich oft nur schwer herausfinden, bedauert Grabovac. Gehe es um Politiker, vermute man extremistische Gruppe, die sich "so Gehör verschaffen wollen". Bei Privatpersonen seien es "einfach oft Trolle, für die es ein Spaß ist, jemanden fertig zu machen."
Wenn sich Betroffene deshalb aus sozialen Medien zurückziehen, sei das verständlich, versichert die Expertin. "Aber dann würde deren Plan, dass man sich nicht mehr traut, seine Meinung zu sagen, aufgehen. Das wäre der Sieg der anderen Seite."
Besser wäre konsequentes Melden und Verfolgen, auch von Seiten der Politik wie der Justiz. Grabovac fordert die 2017 versprochenen Sonderstaatsanwälte samt zusätzlicher Planstellen sowie Adaptierungen des Strafrechts: Einer Frau etwa eine Vergewaltigung zu "wünschen", wie es immer wieder in Hasspostings vorkommt, sei strafrechtlich nämlich nicht verfolgbar im Gegensatz etwa zu "Wünschen", jemand möge doch "in Dachau" enden. Nuancen, die die organisierten Hassposter kennen, ist Grabovac überzeugt. "Sie wissen, wie weit sie gehen dürfen."
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