Rassismus-Höchststand: Muslime sind Hauptziel

Musliminnen sehen sich oft mit Diskriminierung konfrontiert.
Insbesondere Hasspostings im Internet haben zugenommen. Muslime sehen sich häufig mit Diskriminierung konfrontiert.

Mit 1162 rassistisch motivierten Vorfällen hat der bundesweit aktive Verein ZARA im Vorjahr einen neuen Höchststand dokumentiert. Zurückzuführen ist die Zunahme in erster Linie auf die stetig steigende Zahl an Hasspostings. Laut Rassismusreport machten die herabwürdigenden Artikel, Postings und Kommentare, die über Online-Portale oder soziale Medien verbreitet wurden, 44 Prozent aller erfassten Fälle aus.

Hass und Hetze richteten sich dabei laut ZARA nach wie vor am Häufigsten gegen Muslime sowie Geflüchtete. Oft gaben Medienberichte über Straftaten den Anstoß für Hatestorms im Netz. Videos auf Facebook oder Youtube, die z.B. einen verwirrt wirkenden Mann mit dunkler Hautfarbe zeigen, der auf der Straße liegt, werden tausendfach geteilt - und mit Kommentaren wie „Einfach drüber fahren, es gibt genug von dem Müll“ oder „Gas geben“ versehen, berichtet ZARA-Geschäftsführerin Claudia Schäfer.

Aber auch offline sehen sich Muslime – und hier insbesondere Frauen, die ein Kopftuch tragen – laut Statistik zunehmend mit Diskriminierungen in nahezu allen Lebensbereichen, bei der Wohnungs- oder auch der Jobsuche konfrontiert. Sie werden auch im öffentlichen Raum beschimpft oder sogar tätlich angegriffen, so Schäfer.

 

Rassismus-Höchststand: Muslime sind Hauptziel

"Ethnic Profiling"

Im Rassismus-Report 2017 dokumentiert ZARA besonders schlimme Einzelfälle. Etwa jenen eines Mannes aus Gambia, dem ein neuer Security-Mann den Eintritt in ein von ihm - häufiger besuchtes - Nachtlokal verwehrte. Obwohl ihm der Barkeeper half und ein Getränk spendierte, fielen Security-Leute im Lokal über ihn her, würgten und schlugen ihn. Die vom Barkeeper herbeigerufene Polizei nahm keine Anzeige von ihm entgegen, sondern untersuchte ihn auf Drogen.

Kritik übt der Anti-Rassismus-Verein am "Ethnic Profiling" - also der Untersuchung nicht konkret Verdächtiger aufgrund ihrer Herkunft oder Religionszugehörigkeit - durch die Exekutive. Überhaupt sei die Polizei nach wie vor immer wieder Akteur rassistischer Ausfälle. Wie zum Beispiel bei einer erniedrigenden Leibesvisitation eines jungen Flüchtlings - der grundlos auf der Straße angehalten worden sei und sich vor den Augen der Beamten ein Präservativ überstreifen habe müssen. Zu einer Anzeige konnte er sich nicht durchringen.

Zum Ethnic Profiling heißt es seitens der Wiener Polizei: "Es bedarf gewisser gesetzlicher Grundlagen bzw. Verdachtsmomente, um Personenkontrollen überhaupt durchführen zu dürfen. Wenn sich zum Beispiel entlang der Linie U6 oder am Donaukanal Verdachtsmomente ergeben, die gesetzlich geregelt sind (etwa im Kampf gegen Drogendealer; Anm.), können Personenkontrollen durchgeführt werden." Würden objektive Zahlen belegen, "dass eine gewisse Tätergruppe an einem Ort aktiv ist", müsse man auch dementsprechend "in dieser Community ermitteln und auch Personen kontrollieren". Die Ermittlungsmaßnahmen müssten aber "zielführend sein. Dabei geht es nicht um Vorverurteilungen sondern schlicht um Effizienz". "Eine Polizei, die nicht Erkenntnissen oder Hinweisen nachgeht, erfüllt nicht das, was der Rechtsstaat und auch der Bürger von ihr mit Recht verlangen kann", betont Sprecher Patrick Maierhofer.

Hierfür gebe es eine enge Zusammenarbeit mit dem Referat für Minderheitenkontakte, "die ständig mit Vertretern der Communitys in Kontakt sind und wo auch präventive Gespräche stattfinden".

Mehr NS-Symbole

ZARA stellte darüber hinaus ein „auffälliges Revival“ NS-ideologischer Versatzstücke fest: 2017 gab es deutlich mehr rassistische Beschmierungen - und sehr viele davon zeigten NS-Symbole wie das Hakenkreuz oder Nazi-Wording. Das liege wohl daran, dass mit dem Erstarken rechtspopulistischer Parteien und deren vermehrter Aufnahme in Regierungen in Europa der „rechtsgerichtete Bodensatz an die Oberfläche“ komme, meint Schäfer.

ZARA bemüht sich, Hasspostings möglichst rasch zu löschen und geht, wenn nötig, auch strafrechtlich gegen rassistische und antisemitische Übergriffe im Netz vor - seit 2017 auch mit Beratungsstelle gegen Hass im Netz. Dass kein lauter öffentlicher Aufschrei dagegen erfolgt und selbst Personen des öffentlichen Lebens Pauschalverurteilungen äußern, bestätige die Hassposter, so ZARA. „Fatale Folgen“ habe auch, dass Medien - selbst Qualitätsmedien - zunehmend wieder die Nationalität nennen, wenn über Straftaten Einzelner berichtet wird.

Insgesamt scheine sich „eine Art rassistischer Grundkonsens breitgemacht zu haben, der sich seinen Weg in Strukturen und Entscheidungsgremien gebahnt hat“. Die Bundesregierung solle sich daher „dringend von rechtspopulistischen Konzepten distanzieren“.

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