Es war ein einziger Satz aus Wien, der in Tirol mit voller Härte einschlug. Im Rahmen der Pressekonferenz der Bundesregierung zur Verkündung der Lockerungsmaßnahmen am Montag, sagte Wiens Bürgermeister, Michael Ludwig (SPÖ): „Ich habe, ehrlich gesagt, kein Verständnis für jene Menschen, die in der Zeit, wo wir alle Ausgangsbeschränkungen haben, ihren Urlaub in Südafrika verbringen, um dort Golf zu spielen, und unter Umständen eine Gefährdung mit ins Land bringen, die uneinschätzbar ist.“
Ludwig sprach damit öffentlich an, was seit einer guten Woche das soziale Netzwerk Twitter beschäftigt: In Tirol sollen prominente Hoteliers die Südafrika-Mutation des Coronavirus nach einem Golfurlaub aus Südafrika miteingeschleppt haben. Ein Gerücht, das mit dem Statement Ludwigs eine neue Dimension erreicht.
Hoteliers am Pranger
Der KURIER begab sich auf Spurensuche in Tirol und fragte bei den Hoteliers nach:
„Wir waren von Mitte November bis Heiligen Abend in Südafrika. Gewohnt haben wir bei einem Tiroler Freund, der ein kleines Guesthouse besitzt“, erklärt die Lebensgefährtin des betroffenen Hoteliers.
Zwei Tage vor Abflug hätte das Paar laut eigenen Angaben einen PCR-Test gemacht. Dieser war negativ. „Zurück in Tirol waren wir in Quarantäne und haben nach fünf Tagen wieder einen Test gemacht, der ebenfalls negativ verlief“, sagt die Frau am Telefon. Diese Aussagen werden vom Land Tirol bestätigt. Laut damaligem Erhebungsstand gab es keine Hinweise, dass die Quarantäne nicht befolgt wurde. Derzeit werde geprüft, „ob weitere Bestimmungen der Covid-Verordnungen eingehalten wurden“. Das betrifft die Frage der Reise an sich.
"Wie in schlechtem Film"
Wie sie sich fühle, wenn der Wiener Bürgermeister in einer live übertragenen Pressekonferenz aus einem Gerücht ein Faktum macht? „Man wird zum Passagier. Das ist wie in einem schlechten Film.“ Mittlerweile hätten die Hoteliers einen weiteren Antikörpertest gemacht. Das Ergebnis? „Wir hatten nie Corona und können somit auch niemanden angesteckt haben.“
Dass die Behauptung der eingeschleppten Virus-Mutation durch Hoteliers offenbar haltlos ist, belegen nicht nur Aussagen, sondern auch Fakten. Nachdem im Tiroler Jochberg die britische Virus-Mutation entdeckt wurde, ließ das Land Tirol über 1.000 Proben von Corona-Fällen nachträglich sequenzieren.
So wurde laut Behörden überhaupt entdeckt, dass in Tirol auch die südafrikanische Virusmutation umgeht. Der im Zuge der Erhebungen älteste nachträglich nachgewiesene Fall geht auf einen Abstrich zurück, der bereits am 23. 12. im Bezirkskrankenhaus Schwaz genommen wurde. Die Hoteliers kehrten am 24. 12. zurück. Das Virus war somit vor ihnen im Land. Unklar bleibt allerdings, wie die südafrikanische Coronavirus-Mutation tatsächlich nach Tirol gekommen ist.
In den Gerüchten rund um den Südafrika-Cluster im Bezirk Schwaz wird auch immer wieder eine Feier kolportiert, an der neben dem burgenländischen Promi-Winzer Leo Hillinger auch jener Hotelier, der in Südafrika weilte, sowie zwei namhafte VP-Politiker teilgenommen haben sollen.
Sie hat der KURIER bereits vergangene Woche mit den Behauptungen konfrontiert. „Nur Gerüchte“, sagt Hillinger, der sich bei einem Besuch seiner südafrikanischen Weingüter im Dezember angesteckt und auskuriert hat. Noch „vor dem Jahreswechsel“ sei er gesund nach Österreich zurückgekommen. Tatsächlich gab es am 8. Jänner Medienberichte über den schweren Krankheitsverlauf und die Genesung Hillingers. Er selbst ging damit an die Öffentlichkeit.
"Völliger Blödsinn"
Auch die VP-Politiker bestreiten vehement eine Teilnahme an einer Party. „Völliger Blödsinn“, sagt einer und wüsste gerne, woher die Gerüchte kommen: „Dann könnte ich dagegen rechtlich vorgehen.“
Der Zweite will ebenfalls nichts von so einer Feier wissen. Mit besagten Hoteliers stehe er zwar in Verbindung: „Persönlich gesehen habe ich sie seit Monaten nicht mehr.“ Aus dem Büro von Bürgermeister Ludwig hieß es am Dienstag: Man habe nicht explizit Tirol gemeint.
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