Große Fahrradtour: 1.800 Kilometer zur Entspannung

Große Fahrradtour: 1.800 Kilometer zur Entspannung
Stadtrat Schimanowa (SPÖ) nimmt seit Jahren große Fahrradtouren in Angriff. Was er dabei alles erlebt und warum alles mit einer gescheiterten Laufkarriere begann.

Am Anfang war das Laufen. Um berufsbedingter Gewichtszunahme entgegenzuwirken, setzte sich Stephan Schimanowa schon kurz nach Beginn seiner politischen Laufbahn in Bewegung. Bald darauf reichte die Form schon für die ersten Marathon-Teilnahmen.

Doch ein stressbedingtes Missgeschick sollte die Lauf-Karriere beenden. Zur Teilnahme am Florenz-Marathon hatte Schimanowa in der Eile zwei verschiedene Schuhe eingepackt. „Mit unterschiedlich dicker Sohle“, erzählt er. Der Mödlinger startete trotzdem. „Bei Kilometer 15 hatte ich Schmerzen, bei Kilometer 20 wollte ich aufgeben. Ich habe trotzdem bis ins Ziel durchgehalten, mir dann aber gesagt: Das wars. Ich höre mit dem Laufen auf.“

So rückte der rote Mödlinger Sozialstadtrat das Radfahren wieder in den Mittelpunkt seiner Freizeitaktivitäten. „Ich war schon als Kind mit meinem Vater viel Rad gefahren, an seinem Sterbebett habe ich ihm dann versprochen, eine Tour nach Italien, die ich schon länger geplant hatte, in Angriff zu nehmen.“

2.600 Kilometer nach Spanien

Zu seinem 40. Geburtstag wollte Stephan Schimanowa den Jakobsweg erradeln – von Österreich aus. „Mir wurde aber klar, dass ich nicht so lang Urlaub nehmen konnte, daher habe ich gekündigt – mit Wiedereinstellungszusage“, erzählt er. In einem Monat und zehn Tagen strampelte er daraufhin bis ins spanische Santiago de Compostela. 2.600 Kilometer. „Die bislang längste Fahrt. Ein extremes Erlebnis“, erinnert sich der Mödlinger.

Im Jahr 2015 ging es gemeinsam mit seiner damals 14-jährigen Tochter auf den portugiesischen Jakobsweg, 2016 von London nach Rom auf dem Pilgerweg „Via Francigena“. 2017 stand eine Tour mit seinem Sohn durch Frankreich, Deutschland und die Schweiz auf dem Programm, 2018 nur eine kürzere Route von Udine nach Apulien – mit gebrochenem Fuß.

2019 radelte Stephan Schimanowa – wieder mit seiner Tochter – von Kopenhagen nach Mödling. Und auch Corona konnte ihn nicht stoppen: 2020 lautete die Route Mödling-Bregenz und retour, 2021 wurde der italienische Schwiegervater besucht, 2022 ging es abermals nach Italien. 2023 schließlich begnügte er sich mit einer Tour entlang der Moldau. „Weil ich beruflich einfach nicht mehr Zeit hatte.“

Weil ihm die hohen Temperaturen im Süden von Jahr zu Jahr mehr zusetzten, fällte der Mödlinger 2024 nun den Entschluss, in Richtung Norden zu radeln. Im Flugzeug ging es nach Brüssel, von dort durch Belgien, die Niederlande und Deutschland wieder nach Hause. Nachdem eine Schrecksekunde überstanden war: „Als ich das Rad aus dem Flugzeug ausgeladen habe, war die Gangschaltung kaputt.“

Doch er konnte die Schaltung reparieren und die Reise plangemäß antreten. „Am Anfang hat es sehr viel geregnet, das war nicht ideal. Aber dadurch muss man auch sehr konzentriert fahren und vergisst rasch alles andere“, schildert Schimanowa. Beeindruckt habe ihn die Rad-Infrastruktur in Belgien und Holland. „Dort gibt es praktisch überall Radwege, sogar im Wald.“ Auch die Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Menschen sei erfreulich gewesen. „Zum ersten Mal von einem Autofahrer beschimpft wurde ich erst kurz nachdem ich bei Passau die Grenze nach Österreich überquert hatte – und das war auf einem Radweg“, lacht er.

Problematisch sei auf dem Weg mitunter die Verpflegung gewesen, erzählt Schimanowa. „Man würde es nicht glauben, aber speziell in Mitteldeutschland kann es passieren, dass du 50 Kilometer fährst, ohne an einem Nahversorger vorbei zu kommen. Da waren oft Tankstellen meine Rettung, wenn ich Essen oder Trinken kaufen wollte.“ Denn der Mödlinger reist mit möglichst wenig Gepäck, reserviert Quartiere immer nur einige Tage im Voraus.

100 Kilometer pro Tag

„Im Schnitt war ich ungefähr 100 Kilometer pro Tag unterwegs“, berichtet er. Aufgestanden wurde um 7.30 Uhr, spätestens um 16 Uhr sei er bei seinem jeweils nächsten Quartier angekommen. Nur einmal machte er mehrere Tage Pause. In Hannover, wo er seinen Sohn besuchte, der dort seit einigen Jahren lebt.

Gefährliche Situationen habe er unterwegs glücklicherweise nicht erlebt, sagt der Mödlinger. Im deutschen Landkreis Rhön-Grabfeld kreuzte auf einer längeren Strecke durch ein Waldgebiet ein Wolf seinen Weg: „Aber er war in ungefähr 500 Metern Entfernung und zeigte überhaupt kein Interesse an mir.“

Körperliche Fitness sei für Touren dieser Länge Voraussetzung, stehe für ihn aber nicht im Vordergrund, sagt Schimanowa. „Mir geht es darum, den Kopf freizubekommen. Das Radfahren ist für mich Entspannung, ich gewinne eine extreme innere Ruhe.“

Und wohl um sich noch ein bisschen Entspannung zu gönnen, brach er Anfang August in die Dolomiten auf, bezwang den Passo Pordai auf 2.239 Höhenmetern, den Passo Fedaia (2.057) und das Stilfser Joch – mit 2.757 Metern der höchste Pass Italiens. „Zum Drüberstreuen“ folgte der höchste Pass der Schweiz, der Umbraipass (2.501 Meter). „Anstrengend aber wunderschön und absolut einmalig“, zieht der Mödlinger Bilanz.

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