Gefährlicher Löscheinsatz auf einem brennenden Pulverfass
Hitze, staubtrockene Böden und im Erdreich Tonnen hochexplosives Material. Diese Mischung macht für die Einsatzkräfte die zuletzt ausufernden Waldbrände auf den Bundesheer-Truppenübungsplätzen im nö. Allentsteig sowie in Großmittel zu einem gefährlichen Ritt auf dem Pulverfass.
Weil sich im Boden brandgefährliche Kriegsrelikte aus zwei Weltkriegen, Übungsmunition und Blindgänger befinden, ist der Löscheinsatz nichts für schwache Nerven.
Ausgelöst durch ein Artillerieschießen des Heeres standen Anfang März in Allentsteig 800 Hektar Fläche in Brand, 400 Hektar davon Wald. Das ist die größte Waldfläche, die seit 130 Jahren hierzulande gebrannt hat, heißt es vonseiten der Universität für Bodenkultur (Boku).
Wegen der massiven Explosionsgefahr kamen splittergeschützte Löschfahrzeuge des Bundesheeres zum Einsatz, Löschhubschrauber durften nicht über das Risikogebiet fliegen.
Gefahr im Boden
Eine Situation, wie sie sich vor einigen Tagen beim Inferno auf dem Truppenübungsplatz Großmittel bei Wiener Neustadt wiederholte. Obwohl Waldbrände nur effektiv bekämpft werden können, wenn man mit Bodenwerkzeug das Erdreich lockert und Glutnester freilegt, war das auf dem Truppenübungsplatz wegen der Lebensgefahr verboten. „Wir konnten nur auf den Wegen bleiben und mit Wasserwerfern agieren“, sagt Bezirksfeuerwehr-Kommandant, Karl-Heinz Greiner.
Innerhalb der Sperrzonen hörten die Feuerwehrleute regelmäßig Detonationen.
Das Problem beschränkt sich nicht nur auf militärisches Gebiet. Es sind bundesweit viele beliebte und frei zugängliche Gebiete betroffen. Ein Areal ist der etwa 2.000 Hektar umfassende Föhrenwald bei Wiener Neustadt. „Hier liegt seit Jahrzehnten tonnenweise Munition im Erdreich und die Verantwortlichen lässt das aber kalt.“ Dieter Vierbach ist Fachplaner für Kampfmittelräumung. Der Experte sieht darin ein enormes Risiko, wenn Verdachtsflächen nicht systematisch nach versteckten Kriegsrelikten abgesucht werden.
Massive Bombardierungen
Gerade der Raum Wiener Neustadt war im 2. Weltkrieg massiven Bombardierungen ausgesetzt. Im Föhrenwald schlummern die Überreste zahlreicher aufgelassener Munitionsfabriken. Zum letzten Mal gab es 1994 bei einem Waldbrand nach der Detonation von Munition zwei verletzte Feuerwehrleute. Auf diesem riesigen Areal eine flächendeckende Suche samt Räumung durchzuführen, ist laut dem Verteidigungsministerium aufgrund der unvorstellbaren Dimension und Kosten ein Ding der Unmöglichkeit.
Ein Fall aus Deutschland spiegelt die Brisanz wieder. Nach einem verheerenden Waldbrand auf dem Truppenübungsplatz in Lübtheen in Mecklenburg-Vorpommern 2019 wurden 190 Millionen Euro für die Räumung belasteter Bundesliegenschaften in dem Gebiet bereit gestellt.
In Österreich ist das derzeit nicht denkbar. Wie Heeressprecher Oberst Michael Bauer erklärt, werden zumindest die militärischen Sperrgebiete wie Großmittel zweimal jährlich periodisch in Sektoren eingeteilt und aktiv nach Munitionsresten etc. abgesucht. „Die sonstige Beseitigung ist anlassbezogen. Immer dann, wenn etwas gefunden wird, kommen die Kampfmittel-Beseitiger zum Einsatz“, erklärt Bauer.
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