Gedenken an Salzburger Bücherverbrennung macht keine Pause
„Das Gedenken darf trotz Pandemie keine Pause machen“, sagt der Salzburger Historiker Albert Lichtblau von der „Initiative Freies Wort“. Aus diesem Grund gedenkt die Initiative am Freitag, dem 83. Jahrestag, der Bücherverbrennung auf dem Residenzplatz im Jahr 1938. „Wir hätten es gerne mit Publikum gemacht, aber wir wollten es unbedingt durchziehen“, erklärt Lichtblau.
Deshalb gibt es heuer eine Online-Veranstaltung. Im Hof des Salzburg Museum steht eine Bühne, von der ein Livestream (Freitag, ab 18 Uhr) übertragen wird. Historiker Doron Rabinovici wird eine Rede halten, fünf Poetry-Slam-Künstler aus mehreren Ländern werden auftreten und es wird Livemusik geben. Auch die Bühne selbst ist eine Besonderheit, es ist ein Nachbau der ersten Jedermann-Bühne.
Die hätte schon vergangenes Jahr, zum 100-Jahr-Jubiläum der Salzburger Festspiele, bei der Veranstaltung zum Einsatz kommen sollen. Damals musste das Gedenken pandemiebedingt abgesagt werden. Da die Ausstellung zu 100 Jahren Festspiele noch läuft, kommt die Bühne nun heuer zum Einsatz. Die Online-Veranstaltung steht unter dem Motto „Haltung einst:jetzt“.
"Ganz heikles Wort"
Das Wort „Haltung“ sei wie das 2019er-Motto „Zivilcourage“ ein „ganz heikles Wort“, erklärt Karl Müller, Germanist und Mitglied der „Initiative Freies Wort“. „Viele Organisationen kapern dieses Wort, weil es ja auch attraktiv ist“, sagt Müller. Worte wie Haltung würden aber oft „zynisch missbraucht werden“.
Heute geschehe das in gewissen Zusammenhängen noch, aber auch das NS-Regime habe das im Zusammenhang mit der Bücherverbrennung gemacht. Die Salzburger Bücherverbrennung war 1938 die größte auf österreichischem Boden. „Sie haben gesagt, es sei sehr anständig, dass die Menschen ihre Bücher abliefern und ins Feuer werfen, um sich von einer alten Zeit zu trennen. Man muss sehr genau hinschauen, wie diese Worte verwendet werden“, erklärt Müller.
Historikerbericht fertig
Das Gedenken an die Bücherverbrennung ist in Salzburg relativ jung. Erst seit drei Jahren gibt es auf dem Residenzplatz ein Mahnmal, 1987 gab es die erste Gedenkveranstaltung. In einen anderen Akt der Aufarbeitung könnte nun langsam Bewegung kommen. Der Abschlussbericht einer Kommission zur Umbenennung historisch belasteter Salzburger Straßennamen dürfte in den nächsten Tagen fertig werden.
Ob und wie viele Straßennamen von Personen mit NSDAP-Vergangenheit umbenannt werden, ist eine politische Entscheidung. „Da gibt es über das NS-Regime hinausgehend viele Graubereiche. Wie man damit umgeht, ist ein ganz heikles, differenziertes Thema. Aber ich glaube, jetzt ist die Zeit gekommen, etwas zu tun“, sagt Germanist Müller. Die Diskussion dazu laufe nämlich schon lange.
Kommentare