Flüchtling aus Syrien: "Wir haben eine neue Familie"

Syrische Asylwerber beim Großputz. Im Auftrag der Gemeinde bringen sie ein Haus auf Vordermann, das bald ein Flüchtlingsquartier wird.
Alberschwende stellt sich vor Kriegsflüchtlinge und gibt ihnen neue Heimat.

Sie sind der Inbegriff des Bregenzerwaldes: die alten Häuser mit der für die Region so typischen Holzschindel-Fassade. Rund 120 Jahre hat das Gebäude auf dem Buckel, das Laith, Mohammed und Asad gerade im Auftrag der Gemeinde Alberschwende auf Vordermann bringen. Hier sollen bald Flüchtlinge unterkommen. Im Jänner sind die drei Syrer gemeinsam mit fünf Landsmännern selbst als Asylwerber in das 3000-Seelen-Dorf gekommen. Der Krieg hat sie aus ihrer Heimat vertrieben.

"Wir mussten unsere Freunde und unsere Familie verlassen. Hier haben wir neue Freunde und eine neue Familie gefunden. Das Leben ist zu uns zurückgekehrt", sagt Laith. Der 24-Jährige hat in Damaskus Jus studiert. Ausüben konnte er seinen Beruf nie. Trotzdem versucht er, positiv in die Zukunft zu blicken. "Die Unterstützung, die wir hier im Ort bekommen, ist unglaublich. Ich hoffe, wir können diese Hilfe irgendwann zurückgeben."

Für einen Teil der Kriegsflüchtlinge waren die vergangenen Monate aber mit Bangen verbunden. Ihnen drohte die Abschiebung nach Ungarn, dem ersten EU-Land, in dem sie registriert wurden. "Bevor ich dort hin gehe, kehre ich nach Syrien zurück und sterbe", sagt einer der Betroffenen. Zwei Tage lang sei er ohne Essen und Trinken ins Gefängnis gesteckt worden. "Wir durften nicht einmal die Toilette benutzen."

Es handelt sich um sogenannte Dublin-Fälle. "Wir haben am zweiten Tag nach der Ankunft davon erfahren", sagt Bürgermeisterin Angelika Schwarzmann. Die Ortschefin ist heute noch fassungslos: "Wir haben uns bereit erklärt, diese Menschen aufzunehmen. Man kann die Leute doch nicht wie Pakete hin- und herschieben. Und wenn sie wohin kommen, wo die Menschenrechte nicht eingehalten werden, kann man doch nicht einfach wegschauen", sagt die ÖVP-Politikerin.

Statt wegzuschauen, hat sich in der Dorfgemeinschaft eine Solidaritätsinitiative gebildet. "Wir sind Asyl" trat gegen die drohenden Abschiebungen ein. Rund 140 Menschen sind aktiv an der Aktion beteiligt, die auch mit großen Plakaten im Ort sichtbar gemacht wurde.

Doch es ist nicht alles eitel Wonne. Zu Ostern haben alkoholisierte Einheimische die Plakate heruntergerissen und gerieten dabei in Streit mit Unterstützern der Plattform. Die Auseinandersetzung verlagerte sich schließlich bis zum Asylheim. "Das hat sich aber nicht gezielt gegen die Flüchtlinge gerichtet", betont Dorfpfarrer Peter Mathei. Die Streithähne hätten sich wieder versöhnt.

Schutz der Pfarre

Der Geistliche hat sich zuletzt aus anderen Gründen schützend vor die Flüchtlinge gestellt. Nach einem Abschiebeversuch durch ein Großaufgebot an Polizei stellte Mathei die Gefährdeten unter den persönlichen Schutz der Pfarre. Ein symbolischer Akt.

Ungeachtet der Schwierigkeiten hat Bürgermeisterin Schwarzmann von Anfang an die Integration der Flüchtlinge vorangetrieben. Sie werden etwa von der Gemeinde für Arbeiten eingesetzt oder sind im Rahmen der Nachbarschaftshilfe in Gärten aktiv. "Die Syrer haben auch schon öfter für uns gekocht und umgekehrt", erzählt sie.

Laith ist inzwischen dort angekommen, wo das Herz jedes Dorfs schlägt: im Vereinsleben. "Ich spiele in der zweiten Mannschaft des FC Alberschwende", sagt er stolz. Geht es nach ihm, dann wird der Bregenzerwald seine neue Heimat.

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