Flüchtling aus dem Irak: "Ich habe keine Hoffnung mehr"
Seit zwei Monaten fristet der 30-Jährige Dia aus dem Irak in der Flüchtlingsunterkunft in der Vorderen Zollamtsstraße im dritten Bezirk sein Dasein. "Ich habe keine Hoffnung mehr", sagt Dia. Der einzige Grund, warum er nicht schon längst wieder die Heimreise angetreten habe, sei El Awadalla.
Kein warmes Wasser
Tausend Menschen sind im Notquartier in der Zollamtsstraße untergebracht. Betrieben wird es vom Bund, betreut werden die Menschen vom Roten Kreuz. Dia schläft im vierten Stock, auf einer Iso-Matte am Boden. Es sind keine Waschmaschinen vorhanden. Was Dia auf der Flucht vom Irak nach Österreich getragen hat, konnte er bis heute nicht waschen.
Das Frühstück sei seit zwei Monaten das gleiche: Zwei Semmeln, Becel und Honig; zu Mittag gibt es einen Apfel oder eine Banane. Das Abendessen "stinkt", sagt Dia. Deswegen fährt er so oft wie möglich zur Lebensmittelausgabe am Hauptbahnhof. "Aber ich habe kein Geld und kann mir kein U-Bahn-Ticket kaufen." Aus Geldmangel, erzählt Dia, würden einige Flüchtlinge gespendete Kleidung bereits auf dem Flohmarkt verkaufen.
18.129 Asylwerber sind derzeit in Wien in der Grundversorgung. Weitere 1000 sind laut dem Fonds Soziales Wien noch nicht registriert. Täglich werden laut Innenministerium 500 Asylanträge gestellt, 400 davon in Wien.
Die Menschen, die in der Grundversorgung sind, sitzen quasi in den Quartieren fest, so wie Mohamad und seine Freunde im Ferry-Dusika-Stadion. Sie haben keine Meldeadresse , und auch sie müssen immer noch auf ihr Taschengeld warten. Die Tristesse überbrücken sie mit intensivem Deutschlernen. "Viele hier wollen endlich einen Schritt weiter kommen", sagt Babsi (24), freiwillige Helferin im Ferry-Dusika-Stadtion. "Es hängt so viel an der Grundversorgung. Meldeadresse, Schulpflicht, Familienzusammenführung." Zumindest, sagen die Helfer, gibt es jetzt Betten.
Seit Anfang September wurden 30 Notquartiere und 14 Grundversorungsquartiere geschaffen. Weitere sechs sind geplant. Ebenso wie vier neue Notquartiere mit 2000 Plätzen. Dorthin will man jene verlegen, die jetzt in notdürftigen Quartieren wie dem Dusika-Stadion untergebracht sind. "Wir wollen die Unterkunft so rasch wie möglich schließen. Die Fun-und Sport-Halle, wo die Familien untergebracht sind, noch heuer", sagt Hacker.
Beim Wiener Roten Kreuz nimmt man die Kritik an den Zuständen im Flüchtlingsquartier in der Vorderen Zollamtsstraße ernst. "Auch wir waren sehr unglücklich mit dem Essen", sagt Sprecher Alexander Tröbinger. Ab Montag soll statt dem Bundesheer ein Caterer das Essen zubereiten. Dann soll es ein pikantes und ein süßes Frühstück zur Auswahl geben, zu Mittag wird statt bisher nur Obst, Suppe und Fadenbrot ausgeteilt.
Interventionen
Dass es so lange keine Duschen gab, liege daran, dass man auf eine Genehmigung für die Duschcontainer auf den Parkplätzen im Hof warten musste: "Es gab Interventionen von den Parkplatz-Mietern", sagt Tröbinger. Mittlerweile wurden 34 Duschkabinen errichtet.
Dass es bei den Waschbecken oft kein warmes Wasser gibt, liege an den alten Boilern im Gebäude. Und zur fehlenden Seife heißt es: "Die Seifenspender wurden erst kürzlich montiert. Aber die Seife, die dafür geliefert wurde, ist mit den Spendern leider nicht kompatibel." Man sei drauf und dran, das zu beheben.
Es gibt auch eine gute Nachricht aus der Zollamtsstraße: Zumindest 90 der Kinder dort können ab nächster Woche zur Schule gehen. Für die über 14-Jährigen wird es in Kooperation mit der Tourismusschule Bergheidengasse vormittags und nachmittags einen Deutschkurs geben.
Und: Das Rote Kreuz benötigt nach wie vor Sachspenden: Aktuell vor allem neuwertige Unterwäsche und Socken.
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