Fall Leonie: Gefasster Verdächtiger hatte Hilfe bei der Flucht
Die Zielfahnder des Bundeskriminalamtes folgten Zubaidullah R. durch halb Europa. Erst bekamen sie Hinweise aus Italien, dann konkret aus Rom. Später gab es Spuren aus Frankreich und Belgien. Am Donnerstag wurde Zubaidullah R. schließlich in London verhaftet. Der 22-jährige Afghane war nach dem Tod der 13-jährigen Leonie in Wien untergetaucht und wurde mit internationalem Haftbefehl gesucht.
„Er gab ihr Tabletten“
Insgesamt vier Männer sitzen aktuell in U-Haft bzw. Auslieferungshaft. Und sie schieben sich die Schuld gegenseitig zu. Auch R. (die anderen Verdächtigen fürchten sich laut eigenen Angaben vor dem bulligen Landsmann, er ist auch Kampfsportler, der bereits wegen Drogendelikten vorbestraft ist) wird von den anderen Beschuldigten massiv belastet. So sagte der 18-jährige Verdächtige, in dessen Wohnung Leonie gestorben war, aus: „Zubai hat ihr diese Tabletten gegeben (gemeint ist Ecstacy, Anm.)“ Und: „Plötzlich stand der Zubai auf, packte die Leonie an den Armen und legte sie im Wohnzimmer auf den Teppich, zog sie komplett aus ...“
Er soll laut Angaben des 18-jährigen Verdächtigen Leonie später auch unter die Dusche gestellt und ihr Milch eingeflößt haben, damit sie wieder zu sich kommt – vergeblich. Also habe er Leonie schließlich „aufgehoben, sie über die Schulter gelegt und durch die Wohnhausanlage hinaus auf einer Grünfläche neben der Straße abgelegt.“ Wenige Stunden nach dem Tod Leonies kontaktierte R. einen Bekannten. „Er hat mich gebeten, sofort zum Bahnhof Meidling zu kommen. (...) Ich habe ihn gefragt, was los sei. Er hat aber nur gesagt, ich soll so schnell wie möglich hinkommen. Seine Stimme klagt sehr nervös und er wirkte sehr aufgeregt.“
Laut Angaben des Zeugen soll er sich ein Zugticket nach Innsbruck gekauft und eine neue SIM-Karte fürs Handy besorgt haben. Er habe „unterwegs sein Handy im Flugmodus gehabt, zwischendurch hat er es immer kurz wieder aufgedreht, Nachrichten geschrieben und anschließend wieder in den Flugmodus geschalten“.
Außerdem berichtete der Zeuge davon, dass sich R. in seiner Wohnung umgezogen und ihm ein Cousin 800 Euro in 100-Euro-Scheinen gebracht und ihn schließlich im Auto weggebracht habe. Der Mann gab ebenfalls an, dass ihn der Cousin später dazu aufgefordert hätte, die Kleidung und Dokumente des 22-Jährigen aus der Tatwohnung zu holen – was dieser allerdings nicht tat.
„Gibt es etwas Neues?“
Am Montag nach der Tat soll sich der Gesuchte noch einmal bei ihm gemeldet haben. Er habe wissen wollen „ob es etwas Neues gibt“. Daraufhin habe er ihm „einige Links über den Mord geschickt“.
Dann war Zubaidullah R. abgetaucht. Und wurde erst jetzt in einem Londoner Viertel aufgespürt, in dem die afghanische Community stark vertreten sein soll. Details der Verhaftung wurden auch am Freitag keine bekannt. Ebenfalls noch unklar ist, wie Zubaidullah R. trotz internationaler Fahndung überhaupt nach England gelangen konnte. Er befindet sich in Auslieferungshaft.
Bis er tatsächlich nach Wien überstellt wird, könnte es dauern – auch deshalb, weil es nach dem Brexit eigene Übergabeverfahren gibt, die die Behördenwege etwas verkomplizieren.
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