Millionen-Betrugsfall EXW: 100.000 Euro für Prostituierte

Millionen-Betrugsfall EXW: 100.000 Euro für Prostituierte
Prozesstag mit Sprengkraft: 26-jähriger Hauptangeklagter traf vor Gericht auf 24-Jährigen, der ein "richtiges Geständnis" ablegte.

Unzählige Male war sein Name seit Beginn des Kryptobetrugsprozesses Ende September in Klagenfurt gefallen.

Am heutigen Dienstag, dem 10. Verhandlungstag, nahm er erstmals persönlich auf der Anklagebank in Saal 29 des Landesgerichts Klagenfurt Platz. 

Jener 24-Jährige, der als ein weiteres Mastermind im Millionenbetrugsfall rund um das Firmengeflecht EXW gilt. 

Haus um 1,2 Millionen Euro

Anfang November war er auf dem Rollfeld des Flughafens Wien-Schwechat bei seiner Rückkehr aus Bali festgenommen worden. Dort soll er die vergangenen drei Jahr in Saus und Braus - mit Hubschrauberlandeplatz (ohne Genehmigung) und Haifischbecken - gelebt haben. In einem 1,2 Millionen Euro teurem Haus, dass er sich mit dem 26-jährigen Hauptangeklagten geteilt haben soll. 

Beim Auftritt in Klagenfurt war von Luxus keine Spur: Vielmehr erschien der junge Mann in einem legeren schwarz-weiß-kariertem Hemd und schwarz-roten Turnschuhen.

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Von Kärnten aus sollen rund 40.000 Kunden weltweit von ihm und anderen jungen Männern um 100 Millionen Euro gebracht worden sein. 

Nun 9 Angeklagte

Acht Männer mussten sich bisher vor Richterin Claudia Bandion-Ortner wegen gewerbsmäßig schweren Betrugs, Geldwäscherei, Ketten- und Pyramidenspiel sowie kriminelle Vereinigung verantworten. Der 24-Jährige ist Nummer 9 auf der Anklagebank. 

Weitere könnten folgen. Denn nach wie vor flüchtig ist ein Verdächtiger, der in Dubai vermutet wird, in Auslieferungshaft befindet sich ein Mann in Brasilien.

Kein Krypto-Inventor

Beide belastet der 24-Jährige schwer. Ebenso wie den 26-jährigen Hauptangeklagten.

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"Mein Mandant wird heute ein richtiges Geständnis ablegen", erklärte einer seiner Anwälte, Ernst Schillhammer (weitere Anwalt: Christof Mörtl). "Er ist nicht der große Mister Krypto-Inventor", fügte Schillhammer hinzu. Begründung: Der 24-Jährige verfüge schließlich lediglich über einen Hauptschulabschluss. Eine Lehre in einem Luxus-Hotel brach er ebenfalls ab.

"Er drückt sich aber sehr gut aus, er hätte seine Energien auch anderwertig verwenden können. Was auch für viele andere im Saal gilt", sagte Richterin Bandion Ortner.

Entschuldigung

Der bereits vorbestrafte Klagenfurter nutze seine ersten Worte vor Gericht nach seinem Schuldbekenntnis vor allem für eines: Um sich zu entschuldigen. "Es tut mir wirklich leid, vor allem für alle Kunden." Es folgte das "richtige Geständnis".

1000.000 Euro am Tag

Bei dem er kaum Details ausließ.  Von Mallorca, über Mitarbeiter (Egal ob es ein Betrug war, oder nicht, die Mitarbeiter können am wenigsten dafür), Einzahlungen bis hin zu Busfahrplänen. "Irgendwann war es soweit, dass es hieß: Wir machen Einnahmen bis zu 100.000 Euro pro Tag", gab der Mann einen Einblick, wie viel Geld die jungen Männer mit dem Firmengeflecht verdienten.

Das Unternehme habe sich quasi jedes Monat verdoppelt. Allein durch Sepa-Einzahlungen.

Was seine Vorstellung bei der Gründung von EXW war, wollte die Richterin wissen. "Wie das Erwirtschaften der Gelder passiert, da habe ich nicht wirklich gut aufgepasst", sagte der 24-Jährige. Ebenso: "Jeder der mich kennt weiß, dass ich kein Freund großer Fragen bin."

Ob er sich je überlegt hätte, wie sich alles ausgehen könne? "Nein, dazu hab ich mir nicht wirklich Gedanken gemacht, auch wenn gut 90 Prozent der Ausgaben durch meine Hand gegangen sind", erklärte der 24-Jähriger, der damals vor allem für die Excel-Listen von EXW zuständig gewesen sein soll. 

100.000 Euro für Prostitution

100.000 Euro seien so etwa alleine von den jungen Männern in einem Etablissement in Kärnten ausgegeben worden. "Aber das war jetzt nicht nur Vergnügen, auch wenn das blöd klingt. Wir haben etwa auch Gäste aus Italien eingeladen, weil wir wussten, dass das dort verboten ist." Bandion-Ortner: "Was ist dort verboten." Angeklagter: "Prostitution."

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Irgendwann tauchten dann aber doch Zweifel auf.  "Es gab diesen Punkt, an dem klar war, da stimmt etwas ganz und gar nicht." Es soll ein Tag Ende 2019 in Phuket gewesen sein, einer als der Kryptomarkt "geblutet hat", wie der Angeklagte erklärte. 

Zweifel im Pool

"Ich bin damals im Pool gesessen. Und habe mit dem Hauptangeklagten geplaudert. Und da kam der Satz von ihm: Jetzt gehen wir einen Cent hoch vom Preis, weil das zeigt dem Kunden, dass er Sicherheit bei EXW hat. Da habe ich gewusst, da stimmt etwas nicht."

100.000-Euro-Uhr

Auch der 26-jährige Hauptangeklagte, nun vertreten durch Philipp Tschernitz, kam erneut zu Wort. Und wieder ging es um Wertgegenstände. Eine ominöse Uhr im Wert von 100.000 Euro, die der 26-Jährige bei seiner Festnahme trug und von der er bisher stets bestritt zu besitzen. Am Dienstag war davon keine Rede mehr. 

"Das war eine witzige Situation", sagte der 26-Jährige. Ein Satz der im Laufe des Prozesses nicht zum ersten Mal fiel.

Es folgte eine lange Schilderung. Dessen Endpunkt: Die Uhr wurde gekauft, um einen Wert von einem Unternehmenskonto "herunterzubekommen".

Komme mit Unternehmen durcheinander

Und von welchem Unternehmen war das Geld, wollte Richterin Bandion-Ortner wissen. Das wusste der 26-Jährige nicht. "Ich komme mit den Unternehmen immer durcheinander."

Die beiden Männer, die sich seit Anfang 2019 kennen, einst "beste Freunde waren" und sich nun vor Gericht wieder trafen, würdigten sich im Gerichtssaal keines Blickes. Zuvor soll der 24-Jährige, der der Stiefsohn eines bekannten Schlagersängers sein soll, als eine Art Assistenten des Hauptangeklagten tätig. 

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3.000 Euro netto, ein Firmenauto und eine Wohnung in Pörtschach will er dafür erhalten haben. Zunächst. Später sei das Gehalt gestiegen. Staatsanwältin Caroline Czedik-Eysenberg  sprach hingegen von etlichen Bargeldübergaben: Einmal in der Höhe von 250.000 Euro, ein anderes mal von 60.000 Euro. 

Warum so vieles in Bar bezahlt worden sei, konnte sich der 24-Jährige nicht erklären. "Die Summen sind aber sehr fragwürdig." 

Er selbst will aber keine 250.000 Euro versendet haben. "Ich habe nur Anweisungen erhalten und diese weitergeleitet. Ich habe keine Fragen gestellt, sondern einfach gemacht."

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