Eurofighter-Notlandung bei Abfangeinsatz

Der notgelandete Eurofighter wurde am Flughafen Innsbruck untersucht.
Bei der Kontrolle eines ausländischen Jets wurde ein Triebwerksbrand angezeigt.

Um 14.39 Uhr zitterten am Donnerstag in der Innsbrucker KURIER-Redaktion die Fensterscheiben. Auslöser waren zwei spür- und hörbare Druckwellen. Kurz darauf liefen die Telefone bei Feuerwehr und Leitstelle heiß. Die lauten Knallgeräusche hatten in weiten Teilen Tirols für Aufregung gesorgt und die Menschen auf die Straße getrieben. Viele vermuteten eine Explosion als Ursache.

Tatsächlich handelte es sich um den Überschallknall von zwei Eurofightern. „Sie waren im Zuge eines Abfangeinsatzes im Zentralraum Tirols unterwegs“, erklärte Bundesheer-Sprecher Michael Bauer. Die beiden Piloten waren im steirischen Zeltweg gestartet und hatten die Aufgabe, den Flug einer angemeldeten Militärmaschine aus dem Ausland zu kontrollieren. Doch einer der beiden österreichischen Abfangjäger musste seinen Flug abbrechen und am Innsbrucker Airport notlanden. Das zweite Flugzeug beendete den Einsatz ordnungsgemäß.

Eurofighter-Notlandung bei Abfangeinsatz
F-16 vom Flug aus Aviano nach Ramstein über Österreich. Fotografiert von einem Eurofighter-Piloten. Die Waffejn sind Dummies, was man an den blauen Markierungen erkennt.

Brandalarm

Mitten im Einsatz leuchtete ein Warnsignal, das einen Triebwerksbrand anzeigte. Es waren zwar weder Rauch noch Feuer zu erkennen, der Pilot entschloss sich trotzdem zur Landung. „Zunächst hat er das eine Triebwerk abgeschaltet, und dann ist er den Innsbrucker Flughafen angeflogen“, berichtet Bauer. Die Feuerwehr musste allerdings nicht eingreifen. Es waren keine offenkundigen Schäden zu erkennen.

Der Eurofighter-Einsatz war Routine. Es werden jedes Jahr Hunderte militärische Überflüge genehmigt. Meistens handelt es sich um US-amerikanische F-16, die zwischen den Luftwaffenstützpunkten in Deutschland, Italien und Bosnien pendeln. Die Aufgabe der Eurofighter-Piloten ist es zu kontrollieren, ob die Maschinen unbewaffnet sind. Dabei müssen sie nahe herangehen. Wegen der Flugeigenschaften werden statt Raketen sogenannte „Dummies“ angehängt, die man aber nur an ihren blauen Markierungsstreifen als solche erkennt.

Der Einsatz endete jedoch mit einer Panne, die den Eurofighter in Innsbruck auf den Boden zwang. Und das ausgerechnet an dem Tag, an dem sich der unter Beschuss geratene Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) mit Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) in Innsbruck traf. Es ging um die Kasernen-Schließungspläne des Ministers, die er am Freitag offiziell bekannt geben will.

Gefundenes Fressen

Für den grünen Sicherheitssprecher Peter Pilz ist der Eurofighter-Notfall in Innsbruck „der letzte Beweis, dass das System Eurofighter in Österreich nicht mehr betrieben werden kann“. Erst am Dienstag waren Herstellungsmängel bei den Abfangjägern bekannt geworden und hatten Klug in Ernährungsnotstand gebracht (mehr dazu lesen Sie hier).

Einen Schaden verursachte auch die Eurofighter-Panne am Donnerstag. Der Überschallknall der Jets ließ das Schaufenster der Tiroler Versicherung in der Innsbrucker Innenstadt platzen. Der Polizei waren zunächst keine anderen Fälle bekannt.

Die Bundesheer-Maschine blieb vorerst in Innsbruck auf dem Boden und sollte von Experten untersucht werden. Die Landung auf dem Airport war laut Heeressprecher Bauer überhaupt kein Problem, sondern Routine. „Die Piloten trainieren das“, versichert er.

Bei den Eurofightern gibt es offenbar kein Ende, nur Schrecken: Spiegel Online hatte nach einer Qualitätskontrolle durch deutsche Inspektoren berichtet, dass es am Rumpfhinterteil des Fliegers "Herstellungsfehler bei einer großen Anzahl an Bohrungen" gebe. Die Mängel könnten möglicherweise zur Instabilität des Flugzeugs führen. Nach der Entdeckung des Produktionsfehlers ließ auch das österreichische Verteidigungsministerium sämtliche Modelle in heimischem Besitz technisch überprüfen.

Das Ergebnis: Die 15 Eurofighter des Bundesheeres sind ebenfalls betroffen. Dieser Mangel an den Flugzeugen wurde bereits im August 2014 durch die Herstellerfirma der zuständigen Stelle bekannt gegeben, wie das Bundesheer in einer Aussendung meldete. Der Mangel hat zur Folge, dass die Haltbarkeit eines Bauteiles am Rumpfhinterteil der Tranche 1-Flugzeuge von 6.000 auf 2.000 Flugstunden reduziert wurde. Die Überprüfungen an den Flugzeugen laufen noch. Die Flugsicherheit der Eurofighter sei aktuell nicht betroffen. Der Mangel würde nach derzeitigem Wissensstand, in zeitlicher Hinsicht und unter Beibehaltung der derzeitigen Flugstunden erst in 15 Jahren zu Folgen am Flugzeug führen. Das Bundesheer stellt die für den Einsatzflugbetrieb notwendigen Flugzeuge bereit. Je nach Auftragslage wird daher eine bestimmte Anzahl an Eurofighter zur Verfügung gestellt. Ob der Mangel am Flieger Auswirkungen rechtlicher Natur hat, steht noch nicht fest. Aus dem österreichischen Verteidigungsministerium hieß es auf APA-Anfrage, man prüfe alle rechtlichen Schritte.

Pilz mit zwei Optionen

Eurofighter-Notlandung bei Abfangeinsatz
Der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz sieht nun wieder die Chance für einen Ausstieg aus dem Vertrag. Verteidigungsminister Klug solle nun zumindest die Stilllegung der 15 Kampfflugzeuge verkünden, forderte er am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Sonst drohten parlamentarische Konsequenzen. "Es ist jetzt aus mit den Eurofightern und das soll die Politik endlich einmal zur Kenntnis nehmen“. Die Flugzeuge seien ohnehin de facto nicht betriebsfähig und würden mit den neuesten Erkenntnissen "ein großes technisches Risiko" darstellen. Die Auswirkungen sind laut Pilz "noch nicht absehbar". Empört ist Pilz zudem darüber, dass - im Gegensatz zu Deutschland - die heimischen Abgeordneten erst via Medien über die Mängel erfahren mussten.

"Klug soll am Freitag an die Öffentlichkeit treten", verlangt Pilz nun Ansagen vom Verteidigungsminister, die Eurofighter erst einmal stillzulegen. "Das ist das Mindeste, was jetzt passieren muss." Als zweiten Schritt fordert der Grüne eine Vertragskündigung, welche die Grünen nun juristisch prüfen würden. Aber auch ein sogenannter Deckungskauf auf Kosten von Airbus kommt für den Sicherheitssprecher infrage, wobei der Differenzbetrag auf die teurere Variante zurückgezahlt würde. Sollte Klug nicht bald reagieren, droht Pilz mit Konsequenzen. Er will nicht nur den Nationalrat mit der Causa beschäftigen, sondern überlegt auch, den Nationalen Sicherheitsrat einzuberufen.

Immer wieder Probleme

Das Verteidigungsministerium in Deutschland hat "zur Vermeidung von Nachteilen und zur Wahrung von Ansprüchen" bis zur "Klärung der kommerziellen Aspekte die Abnahme von weiteren Luftfahrzeugen ausgesetzt", hieß es in einer Erklärung. Für die Flugsicherheit der deutschen Eurofighter bestehe bisher allerdings keine Gefahr, hieß es aus Berlin. Die "freigegebene Lebensdauer" der Jets wurde aus Sicherheitsgründen von 3000 auf 1500 Flugstunden reduziert.

Der Eurofighter wurde für die deutsche Luftwaffe sowie die Streitkräfte weiterer europäischer Staaten entwickelt. Hergestellt wird der Kampfjet von Airbus sowie BAE Systems und Alenia Aermacchi. Auch Österreich hat Maschinen erworben - der Ankauf ist bis heute Anlass für Streit. Bei dem Mehrzweckkampfflugzeug gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Probleme, nachdem sich die von zahlreichen Schwierigkeiten geplagte Entwicklung über Jahre hingezogen hatte.

Von den 109 Eurofightern der deutschen Bundeswehr können derzeit nur 42 eingesetzt werden. Die gravierenden Ausrüstungsmängel und Pannen in der Bundeswehr haben heftige Debatten ausgelöst und belasten die schwarz-rote Regierungskoalition. Erst vor einer Woche kam heraus, dass die Hälfte der deutschen Marine-Hubschrauber flugunfähig ist.

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