Produktionsfehler bei Österreichs Eurofightern

Produktionsfehler bei Österreichs Eurofightern
Fehlerhafte Bohrungen - das Heer prüft rechtliche Schritte. Grüner Pilz sieht neue Chance zum Ausstieg.

Bei den Eurofightern gibt es offenbar kein Ende, nur Schrecken: Spiegel Online hatte nach einer Qualitätskontrolle durch deutsche Inspektoren berichtet, dass es am Rumpfhinterteil des Fliegers "Herstellungsfehler bei einer großen Anzahl an Bohrungen" gebe. Die Mängel könnten möglicherweise zur Instabilität des Flugzeugs führen. Nach der Entdeckung des Produktionsfehlers ließ auch das österreichische Verteidigungsministerium sämtliche Modelle in heimischem Besitz technisch überprüfen.

Das Ergebnis: Die 15 Eurofighter des Bundesheeres sind ebenfalls betroffen. Dieser Mangel an den Flugzeugen wurde bereits im August 2014 durch die Herstellerfirma der zuständigen Stelle bekannt gegeben, wie das Bundesheer in einer Aussendung meldete. Der Mangel hat zur Folge, dass die Haltbarkeit eines Bauteiles am Rumpfhinterteil der Tranche 1-Flugzeuge von 6.000 auf 2.000 Flugstunden reduziert wurde. Die Überprüfungen an den Flugzeugen laufen noch. Die Flugsicherheit der Eurofighter sei aktuell nicht betroffen. Der Mangel würde nach derzeitigem Wissensstand, in zeitlicher Hinsicht und unter Beibehaltung der derzeitigen Flugstunden erst in 15 Jahren zu Folgen am Flugzeug führen. Das Bundesheer stellt die für den Einsatzflugbetrieb notwendigen Flugzeuge bereit. Je nach Auftragslage wird daher eine bestimmte Anzahl an Eurofighter zur Verfügung gestellt. Ob der Mangel am Flieger Auswirkungen rechtlicher Natur hat, steht noch nicht fest. Aus dem österreichischen Verteidigungsministerium hieß es auf APA-Anfrage, man prüfe alle rechtlichen Schritte.

Pilz mit zwei Optionen

Produktionsfehler bei Österreichs Eurofightern
Der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz sieht nun wieder die Chance für einen Ausstieg aus dem Vertrag. Verteidigungsminister Klug solle nun zumindest die Stilllegung der 15 Kampfflugzeuge verkünden, forderte er am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Sonst drohten parlamentarische Konsequenzen. "Es ist jetzt aus mit den Eurofightern und das soll die Politik endlich einmal zur Kenntnis nehmen“. Die Flugzeuge seien ohnehin de facto nicht betriebsfähig und würden mit den neuesten Erkenntnissen "ein großes technisches Risiko" darstellen. Die Auswirkungen sind laut Pilz "noch nicht absehbar". Empört ist Pilz zudem darüber, dass - im Gegensatz zu Deutschland - die heimischen Abgeordneten erst via Medien über die Mängel erfahren mussten.

"Klug soll am Freitag an die Öffentlichkeit treten", verlangt Pilz nun Ansagen vom Verteidigungsminister, die Eurofighter erst einmal stillzulegen. "Das ist das Mindeste, was jetzt passieren muss." Als zweiten Schritt fordert der Grüne eine Vertragskündigung, welche die Grünen nun juristisch prüfen würden. Aber auch ein sogenannter Deckungskauf auf Kosten von Airbus kommt für den Sicherheitssprecher infrage, wobei der Differenzbetrag auf die teurere Variante zurückgezahlt würde. Sollte Klug nicht bald reagieren, droht Pilz mit Konsequenzen. Er will nicht nur den Nationalrat mit der Causa beschäftigen, sondern überlegt auch, den Nationalen Sicherheitsrat einzuberufen.

Immer wieder Probleme

Das Verteidigungsministerium in Deutschland hat "zur Vermeidung von Nachteilen und zur Wahrung von Ansprüchen" bis zur "Klärung der kommerziellen Aspekte die Abnahme von weiteren Luftfahrzeugen ausgesetzt", hieß es in einer Erklärung. Für die Flugsicherheit der deutschen Eurofighter bestehe bisher allerdings keine Gefahr, hieß es aus Berlin. Die "freigegebene Lebensdauer" der Jets wurde aus Sicherheitsgründen von 3000 auf 1500 Flugstunden reduziert.

Der Eurofighter wurde für die deutsche Luftwaffe sowie die Streitkräfte weiterer europäischer Staaten entwickelt. Hergestellt wird der Kampfjet von Airbus sowie BAE Systems und Alenia Aermacchi. Auch Österreich hat Maschinen erworben - der Ankauf ist bis heute Anlass für Streit. Bei dem Mehrzweckkampfflugzeug gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Probleme, nachdem sich die von zahlreichen Schwierigkeiten geplagte Entwicklung über Jahre hingezogen hatte.

Von den 109 Eurofightern der deutschen Bundeswehr können derzeit nur 42 eingesetzt werden. Die gravierenden Ausrüstungsmängel und Pannen in der Bundeswehr haben heftige Debatten ausgelöst und belasten die schwarz-rote Regierungskoalition. Erst vor einer Woche kam heraus, dass die Hälfte der deutschen Marine-Hubschrauber flugunfähig ist.

Der Eurofighter ist ein ein- oder zweisitziger Kampfjet. Die 15,9 Meter lange Maschine fliegt mit zweifacher Schallgeschwindigkeit, bei einem Abfluggewicht von maximal 23 Tonnen. Das Hightech-Flugzeug wird unter anderem ausgerüstet mit im Luftkampf eingesetzten Luft-Luft-Raketen und mit Luft-Boden-Raketen, einschließlich lasergesteuerter Geschosse.
An der Entwicklung waren Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien beteiligt. Um das Flugzeug gab es in der Vergangenheit heftige politische Diskussionen, unter anderem weil es immer teurer wurde. Pro Stück kostet ein Jet derzeit mehr als 100 Millionen Euro.

In Österreich hatte es rund um die Typenentscheidung sogar einen Untersuchungsausschuss gegeben: Trotz monatelangen Wühlens blieben dabei aber die Vorgänge in jenem Ministerrat, in dem die Entscheidung gefallen ist, im Dunkeln. Es war unter anderem von einem „bleichen, irritierten“ Verteidigungsminister Herbert Scheibner (damals FPÖ, später BZÖ) die Rede, der mit einem Gripen-Vorschlag rein- und mit den Eurofightern wieder rausgekommen sei, näheres kam jedoch nicht heraus.

Weiter keine Details gibt es zu den Einsparungsplänen von Verteidigungsminister Gerald Klug beim Bundesheer. Am Mittwoch empfing er die Wehrsprecher der Parlamentsfraktionen, lüftete aber noch immer nicht den Schleier über mögliche Kasernenschließungen und andere Einschnitte, berichtete Verteidigungsausschuss-Obmann Mario Kunasek auf APA-Anfrage. Die Präsentation ist für Freitag geplant.

Es sei ein allgemeines Gespräch über die Problematik des Bundesheers gewesen, berichtete FPÖ-Mandatar Kunasek. Wie auch ÖVP-Wehrsprecher Bernd Schönegger in der "Presse" kritisierte er, dass eine Neustrukturierung des Heers geplant werde, bisher aber nur die Sicherheitsstrategie beschlossen ist, nicht aber die Teilstrategie Verteidigungspolitik. Man ändere also ohne Auftrag die Struktur, kritisierte Kunasek. "Wohin die Reise beim Bundesheer geht, weiß man nicht."

Es fehle aber nicht nur der gesamtheitliche Ansatz, so Kunasek. Alle Maßnahmen, die derzeit im Raum stehen, seien auch nicht unmittelbar budgetwirksam. Daher müsse man auch die ÖVP in die Pflicht nehmen. "Es wird ohne eine Spritze aus dem Finanzministerium nicht gehen." Aussagen wie "so viel Geld, so viel Bundesheer" sind für Kunasek jedenfalls nicht tragbar.

20 Kasernen sollen betroffen sein

Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz wollte am Mittwoch in Bezug auf die Vertraulichkeit des Gesprächs mit dem Verteidigungsminister keine inhaltliche Stellungnahme abgeben. Allerdings: "Es zeichnet sich nicht eine Lösung des Problems ab." Die Pläne Klugs würden keinen Ausweg aus der jetzigen Situation darstellen, auch für eine Finanzspritze in Millionenhöhe würden die Grünen angesichts anderer Probleme etwa im Bereich Bildung nicht zur Verfügung stehen - mit Ausnahme einer Anschubfinanzierung für Reformen. "Das Bundesheer steckt in einer Eurofighter-Falle, in einer Wehrpflicht-Falle und in einer Personalfalle", schilderte Pilz in einer Pressekonferenz seine Sicht der Dinge.

Unterdessen sickern weitere Details der Einsparungs- und Schließungspläne durch. Wie die "Kleine Zeitung" berichtete, könnten fast 20 Kasernen, Einheiten oder Standorte betroffen sein. Genannt werden großteils Einrichtungen, für die schon in der Vergangenheit Schließungs- und Verkaufspläne kursierten, etwa die Kirchner-Kaserne in Graz und jene in Fehring, Bleiburg in Kärnten, Lienz, Landeck und Vomp in Tirol, Horn und Klosterneuburg in Niederösterreich sowie die Flugtechnikschule in Langenlebarn und das Militärgymnasium in Wiener Neustadt. In Salzburg soll die Kaserne in Tamsweg sowie ein Bataillon in der Schwarzenbergkaserne wackeln, in Oberösterreich Linz-Ebelsberg, Freistadt sowie die Stellungsstraße in Linz. Auch fünf von neun Militärmusikkapellen droht die Auflösung. Derzeit laufen aber noch die Gespräche Klugs mit den Landeshauptleuten.

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