Erstochener Amtsleiter: Lebenslange Haft für Soner Ö.

Erstochener Amtsleiter: Lebenslange Haft für Soner Ö.
Nach drei Prozesstagen sprachen die Geschworenen im Landesgericht Feldkirch den Angeklagten schuldig.

Im Mordprozess gegen den 35-jährigen Asylwerber Soner Ö. am Landesgericht Feldkirch haben sich die Geschworenen kurz nach 12.30 Uhr zur Beratung zurückgezogen. Gegen 15 Uhr wurde bekannt, das (noch nicht rechtskräftige Urteil) auf lebenslange Haft lautet.

Richter Martin Martin Mitteregger sprach von einer kaltblütigen Tat: Angesichts der „äußerst brutalen, rachsüchtigen und heimtückischen Tat“ sei kein anderes Strafmaß möglich. Die Geschworenen sprachen den Angeklagten einstimmig des Mordes schuldig. Die Verteidiger von Soner Ö. legten Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein.

Zuvor hatten Staatsanwältin Konstanze Manhart und die beiden Vertreter der Privatbeteiligten eine Verurteilung wegen Mordes gefordert.

Die Verteidigung ihrerseits meldete zum wiederholten Mal Zweifel am Tötungsvorsatz ihres Mandanten an.

"Kein Platz für Selbstjustiz"

Manhart führte Aussagen von Ö. an und fragte in Richtung der Geschworenen: „Kann irgendein vernünftig denkender Mensch das glauben? Die Antwort lautet Nein“. Wer einen solchen Stich wie der Angeklagte setze, dem gehe es gerade darum, sein Opfer zu töten. Im Rechtsstaat Österreich sei kein Platz für Selbstjustiz, für blutige Rache.

Die Anwälte Stefan Denifl und Nicolas Stieger, die die Familie des Opfers vertreten, argumentierten mit den Aussagen der Gutachter, die jenen des Angeklagten in entscheidenden Punkten widersprachen. „Es handelt sich um einen Mord, der unter niedrigen Beweggründen begangen wurde“, sagte Denifl.

Stieger betonte, dass es in diesem Fall „keine andere Lösung als Mord“ gebe. Der Angeklagte habe versucht, die Schuld auf sein Opfer abzuschieben, das sei „unfassbar“. Ein Unfall sei auszuschließen, Ö. habe dem Sozialamtsleiter den Hals aufgeschnitten „wie bei einer Schlachtung“. Der 35-Jährige werde „die Höchststrafe erhalten müssen“, forderte er.

Verteidiger appelieren an Geschworene

Ö.s Verteidiger Ludwig Weh und Stefan Harg zeichneten ein anderes Bild von ihrem Mandanten. Er habe das Recht, „als Mensch wahrgenommen zu werden“, auch müsse seine Tat in einem Gesamtzusammenhang gesehen werden. Einen Verurteilung wegen Mordes dürfe nur erfolgen, wenn jeder Zweifel ausgeschlossen werden könne, dass Ö. aus Vorsatz gehandelt habe.

Harg betonte, dass der 35-Jährige - hätte er sich rächen wollen - „das früher und nicht so planlos“ getan hätte. Darüber hinaus verwies Harg auf die attestierte Persönlichkeitsstörung von Ö., die einen besonderen Milderungsgrund darstelle.

"Ich bin einfach ausgerastet"

Der Angeklagte selbst beteuerte neuerlich, dass ihm die Tat leidtue und er niemals die Absicht gehabt habe, „ein Leben zu nehmen“. Wenn er es könnte, würde er den Getöteten zurückholen, „ich schwöre es“. Abschließend stellte der 35-Jährige fest: „Natürlich muss ich bestraft werden. Ich habe einen Riesenfehler gemacht. Ich bin einfach ausgerastet. Mehr kann ich nicht sagen“.

Der vor einem Jahr getötete Sozialamtsleiter der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn ist an massivem Blutverlust gestorben. Das hat am Mittwochvormittag das Gutachten von Gerichtsmediziner Walter Rabl ergeben, der am dritten Tag des Mordprozesses gegen Soner Ö. seine Expertise erörterte. Der Körper des Todesopfers wies 14 Stich- bzw. Schnittverletzungen auf.

Es ergaben sich Widersprüche zu den Angaben von Ö. Der hatte ja von einem Unfall gesprochen und behauptet, dass er das Opfer Alexander A. nur verletzen und nicht töten habe wollen. Der sei jedoch aufgestanden, wodurch das Messer nicht in die Schulter ging. Die weiteren Stiche wären "nur Schmerzstiche" gewesen, die nicht tief gingen.

"Exzessive Wucht"

Rabl ging detailliert auf das Verletzungsmuster ein. Zum Tod führte demnach ein mit „exzessiver Wucht“ ausgeführter, 16 Zentimeter tiefer Stich in die Brustvorderseite. Dieser durchschlug das Brustbein und verletzte die Aorta und auch die Lunge.

Der Sozialamtsleiter habe mehr als zwei Liter Blut verloren, stellte der Gerichtsmediziner fest. Er schätzte, dass der Mann noch maximal zwei Minuten bei Bewusstsein war, bevor er ohnmächtig wurde und einige Minuten später starb.

Messer von Hals zum Kopf geführt

Fünf Schnittverletzungen wurden unterhalb des Kinns festgestellt, von denen drei die Haut durchdrungen hatten, drei weitere Verletzungen wies der tote Körper an der Hals- bzw. Gesichtsseite auf. Diese dürften zustande gekommen sein, indem Ö. das Messer vom Hals in Richtung Kopf führte.

Eine dieser Verletzungen war 6,5 Zentimeter tief. Die restlichen fünf Verletzungen hatte der 35-jährige Ö. dem Sozialamtsleiter an der Brustvorderseite zugefügt. Dort waren zwölf Zentimeter lange Schnitte zu erkennen, die Brustmuskeln wurden angeschnitten. In welcher Art und Weise Ö. zugestochen haben soll, konnte Rabl nicht angeben, dieser Rückschluss sei nicht möglich. Theoretisch könnte es aber sein, dass Ö. die Wahrheit sage und seinen Arm von unten geführt habe.

Ö. hatte auch angegeben, dass er dem am Boden liegenden Opfer „Schmerzstiche“ in die Arme zufügen wollte. Da sich der Sozialamtsleiter aber gewehrt habe, seien auch andere Körperregionen verletzt worden.

"Keine Abwehr mehr"

Das war für Rabl nicht nachvollziehbar. „Die Verletzungen waren gruppiert, das spricht dafür, dass es keine Abwehr mehr gab“, so der Gerichtsmediziner.

Die Toxikologin Marion Pavlic gab die Alkoholisierung des Angeklagten zum Tatzeitpunkt mit etwa 1,08, maximal aber 1,25 Promille an. Das passte nicht zur Aussage des Angeklagten, wonach der in der Stunde vor der Tat zwei Bier getrunken habe. Dieser Wert lasse sich wohl eher mit vier Bier erreichen, so Pavlic.

Ö. habe auch Schlaf- und Beruhigungsmittel in therapeutischer Dosis im Körper gehabt. Die Konzentrationen dieser Wirkstoffe seien im therapeutischen Bereich gelegen.

Das Urteil in dem Prozess soll heute fallen. Nach den Abschlussplädoyers von Anklage und Verteidigung haben sich die Geschworenen kurz vor 13 Uhr zur Beratung zurückgezogen.

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