Erste Details: So wird der Verfassungsschutz entpolitisiert
Die BTV-Reform wurde in den in den vergangenen drei Tagen so geheim verhandelt, wie es sich für einen richtigen Geheimdienst gehört. Dabei waren laut KURIER-Informationen höchste Kreise involviert, auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) konferierte direkt mit seinem Vize Werner Kogler (Grüne). Doch nicht einmal das wurde offiziell bestätigt, im Bereich der Spionage hält man neuerdings dicht.
Gerungen wurde innerhalb der Regierung um unabhängige Kontrollmöglichkeiten, aber auch um den Posten des neuen Direktors. Erst am Donnerstagnachmittag stieg schließlich doch noch weißer Rauch auf. Zumindest zu ersten Details soll es eine Einigung geben.
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) wollte jedenfalls eine komplette Neuaufstellung und deshalb waren die Verhandlungen durchaus schwierig. Aus seinem Umfeld hieß es, dass ihm tatsächlich wichtig gewesen sei, im Verfassungsschutz aufzuräumen. Und dies soll nun umgesetzt werden.
Kein Gemeinderat
In Summe läuft jedenfalls alles auf eine tatsächliche Entpolitisierung hinaus, wie der KURIER aus gut informierten Kreisen erfuhr. Für eine Leitungsfunktion darf man nun nicht mehr in den vergangenen sechs Jahren für eine Gebietskörperschaft oder Landesregierung tätig gewesen sein, selbst ein Gemeinderat ist chancenlos. Zuletzt waren eher die politischen Verbindungen der wichtigste Faktor, um einen guten Posten im BVT zu bekommen.
Dazu kommt noch, dass der Direktor und seine zwei Stellvertreter künftig von einer tatsächlich unabhängigen Bestellungskommission bestellt werden. In dieser sitzt nur ein Vertreter des Innenministeriums, aber gleichzeitig auch zwei unabhängige Experten. Das bedeutet, dass der Ressortchef nun nicht automatisch den obersten Verfassungsschützer nach seinem Wunsch festlegen kann.
In diesem Bereich sollen sich letztendlich vor allem die Grünen durchgesetzt haben. Das war einer der Knackpunkte der Verhandlungen, wie es aus Insiderkreisen hieß.
Neuer Name
Fest steht, das neue Amt bekommt auch einen neuen Namen. Das sperrige Wort Bundesamt soll auf jeden Fall gestrichen werden, noch ist der Name nicht endgültig fixiert. Er erst soll in den kommenden Tagen das Licht der Welt erblicken.
Neu ist auch ein Kontrollgremium, das nach dem Vorbild des Menschenrechtsbeirates für die Polizei aufgebaut sein soll. Dessen Mitglieder sollen direkt vom Parlament bestellt werden. Nehammer hatte zuletzt eine verstärkte parlamentarische Kontrolle versprochen, diese soll nun auf diese Weise umgesetzt werden. Wichtig wird auch sein, die Mitglieder des Beirats werden weisungsfrei sein.
Weiterhin offen bleibt damit, wer der Direktor des neuen Verfassungsschutzes werden soll. Als heißest gehandelter Kandidat für den Posten als BVT-Direktor gilt der derzeitige Chef des Landeskriminalamts Niederösterreich, Omar Haijawi-Pirchner. Der 41-Jährige war nach dem Skandal im BVT von Anfang an in den Neuaufbau des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung eingebunden.
Er arbeitete dabei auch Seite an Seite mit Franz Ruf, nunmehriger Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, zuvor mit den Agenden des Projekts „BVT Neu“ betraut, zusammen. Das Team wäre also eingespielt.
Haijawi leitet seit 2017 das Landeskriminalamt Niederösterreich. Polizeiinsider, besonders in der Führungsebene, sehen in dem Niederösterreicher „den mit Abstand besten Kandidaten“. Manche sogar den einzigen. Wohl auch, weil Haijawi nicht aus den BVT-Reihen hervorgeht und bisher keine Anknüpfungspunkte mit dem Geheimdienst hatte.
Von mehreren Top-Beamten war im Vorfeld zu vernehmen, dass sie sich ein Engagement im BVT nur mit Haijawi an der Spitze vorstellen könnten. Oder anders gesagt, man sehe keine Alternative zu dieser Personalie.
Der LKA-Chef wollte sich auf KURIER-Nachfrage nicht äußern.
Opposition notwendig
Endgültig durch ist die Reform aber erst, wenn eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament gefunden ist. De facto ist damit die Zustimmung der (eher wahrscheinlich) SPÖ oder (weniger wahrscheinlich) FPÖ notwendig.
Die NEOS sind kein Zünglein an der Waage, wollen aber vor allem eine starke parlamentarische Kontrolle durchsetzen.
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