Wirbel um Impf-Reihenfolge: Wenn sich Lokalpolitiker vordrängen

++ THEMENBILD ++ CORONA: LOKALAUGENSCHEIN IMPFUNG - LAGERUNG UND AUSLIEFERUNG DES IMPFSTOFFS VON BIONTECH/PFIZER
Wartelisten sollen nun dafür sorgen, dass übriggebliebene Impfdosen nur jene bekommen, für die diese laut Impfplan auch vorgesehen sind.

In Vorarlberg gibt es in Sachen Corona-Impfung bereits ein zweites Mal Wirbel um die Einhaltung der Impf-Reihenfolge. Wie am Dienstag Vorarlberger Medien berichteten, hat sich der Feldkircher Bürgermeister Wolfgang Matt (65) am Wochenende bei einer Impfaktion in einem Seniorenheim in Feldkirch-Gisingen impfen lassen, obwohl dem offiziellen Impfplan gemäß Politiker noch nicht an der Reihe sind. Matt sah seine Impfung als gerechtfertigt an.

Nach der Impfung aller Bewohner und Mitarbeiter des Seniorenheims, sei eine Warteschlange abgearbeitet worden, an deren Ende er sich aufgehalten habe. "Am Ende war eine einzelne allerletzte Dosis übrig, die Stadtrat Guntram Rederer (ebenfalls auf dieser Liste, Anm.) mir überlassen hat", stellte der Bürgermeister fest.

Eine "Schlange von weiteren Menschen", die sich impfen lassen wollten, habe es nicht gegeben. Das hatte nämlich Heim-Ärztin Susanne Furlan geschildert. Es seien noch viele Leute aus Hochrisikogruppen in der Hoffnung auf eine Immunisierung draußen gestanden. Sie selbst habe Matt die Impfung verweigert, betonte sie.

"Ich habe mich also weder 'vorgedrängt' noch jemanden um die ihm laut Priorisierung zustehende Impfung gebracht", unterstrich Matt. Angesichts der Sensibilität des Themas hätte er vielleicht auf die Impfung verzichten sollen. "Das kann ich im Nachhinein tatsächlich als meinen Fehler einräumen, zu dem ich stehe und den ich auch bedaure", so der Bürgermeister.
 

Kein Verständnis für die Immunisierung von Matt zeigte jedenfalls Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP). "Der Impfstoff ist knapp verfügbar. Es gibt einen klar definierte Impfplan, an den man sich zu halten hat", betonte Wallner zu Mittag nach einem Telefongespräch mit Matt.

Immer wieder Fälle von "übriggebliebenen Impfdosen"

In ganz Österreich gab es in den vergangenen Wochen Fälle, in denen offene Impf-Ampullen dafür verwendet wurden, eigentlich nicht dafür vorgesehene Personen zu impfen. Rot-Kreuz-Direktor Roland Gozzi hatte in Vorarlberg nicht nur Rot-Kreuz-Mitarbeiter, sondern auch deren Angehörige zur Impfung eingeladen. Gozzi hatte nach eigenen Angaben befürchtet, dass der Impfstoff verfallen könnte. Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) betonte, dass man die Impfung der Angehörigen sofort unterbunden habe.

In Oberösterreich wurden der Bürgermeister von Eberschwang (Bezirk Ried im Innkreis) sowie die beiden Vize-Bürgermeister (SPÖ und FPÖ) bereits Anfang Jänner mit Dosen für das dortige Pflegeheim geimpft. Da zu dem geplanten Termin in dem Heim offenbar viele Menschen krank waren, kamen Externe zum Zug. Die Heimaufsicht prüft noch, ob die Landesvorgaben eingehalten wurden, informierte das Büro von Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ).

Als Vorgesetzter "Teil der ersten Impf-Phase"

Auch der Bürgermeister von St. Georgen an der Gusen hat bereits eine Impfung erhalten. Es handle sich bei ihm aber nicht um eine Vorreihung, wie er gegenüber der APA meinte. Betreiber des Seniorenheimes sei die Gemeinde und er als Bürgermeister Dienstvorgesetzter der Mitarbeiter. Damit gehöre er zu jener Gruppe der ersten Impf-Phase, argumentierte er weiter.

Der Ennser Bürgermeister Franz Stefan Karlinger (SPÖ) bestätigte ebenfalls, dass er schon geimpft worden sei. Er betonte gegenüber der APA, nicht als Politiker sondern als Angehöriger zweier Heimbewohner zum Zug gekommen zu sein.

Als solcher sei er gefragt worden, als Impfdosen übrig geblieben seien. Er habe sich auch versichert, ob sich noch irgendein Bewohner, Mitarbeiter oder jemand aus dem Besuchs- oder Seelsorgedienst Interesse hätte. Von sich aus wäre er „nie auf den Gedanken gekommen nachzufragen“, ob er als Stadtchef früher geimpft werden könne, betonte Karlinger.

Stadträtin und Präsident geimpft

In Salzburg wurde Sozial-Stadträtin Anja Hagenauer (SPÖ) bereits in der ersten Jännerwoche geimpft. Sie begründete die Aktion auch mit einer Vorbildwirkung, die sie als Politikerin hätte. In Wien wurden übriggebliebene Impfdosen im Maimonides-Zentrum, dem Seniorenheim der IKG, unter anderem an Unter-30-Jährige verimpft. Auch der Präsident der israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch (57), kam so zu einer Impfung - der KURIER berichtete. 

In Kärnten sollen Impfungen gar gegen Bargeld vergeben worden sein. Pfleger behaupteten laut einem Bericht der Kleinen Zeitung, dass man mitunter für eine "kleine Spende" Impfung erhielt

"Klare Vorgaben über Reihenfolge"

Im Gesundheitsministerium ist man sich der Problematik bewusst. Grundsätzlich haben die Impfbeauftragten der Gesundheitseinrichtung sowie der Impfkoordinator im jeweiligen Bundesland für ein geordnetes Vorgehen Sorge zu tragen, hielt das Gesundheitsministerium Dienstagmittag auf APA-Anfrage fest. Es sei ihre Aufgabe, das Prozedere beim Impfen auf allfällige Regelverletzungen zu kontrollieren und zu sanktionieren, so ein Sprecher.

Es gebe schließlich „klare Vorgaben“, in welcher Reihenfolge verimpft wird. Die Impfbeauftragten der einzelnen Gesundheitseinrichtungen hätten dafür Sorge zu tragen, den Impfstoffbedarf entsprechend der Priorisierung im Vorfeld genau zu erheben und anhand dessen die notwendige Menge zu ordern. Falls Impfstoff aus unvorhersehbaren Gründen übrig bleibt - etwa bei einer akuten Erkrankung einer zu impfenden Person -, sollte eine Warteliste mit weiteren priorisierten Personen vorliegen, die ersatzweise geimpft werden können.

Zunächst seien dabei andere Heimbewohner, Pflege- und Betreuungspersonal oder sonstige Beschäftigte zu berücksichtigen. Sollten sich in der Einrichtung auf die Schnelle keine anderen priorisierten Personen finden, kämen externe Dienstleister in Betracht, die sich regelmäßig in den Einrichtungen aufhalten - etwa ein Physiotherapeut oder ein Friseur, die mehrmals in der Woche in der Einrichtung ihre Dienste verrichten. In weiterer Folge wären dann auch Angehörige und Lebenspartner von Heimbewohnern in Betracht zu ziehen - falls diese regelmäßig auf Besuch kommen.

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