"Viele alte und kranke Gemeindemitglieder wurden davor nicht einmal gefragt, ob sie geimpft werden wollen", heißt es einem Schreiben, das neben Autor Doron Rabinovici auch andere bekannte Wiener - Ärzte, Architekten und Manager - an den IKG-Vorstand gerichtet haben. Sie fordern darin Aufklärung.
Bei der IKG ist man genau darum bemüht. Ja, es seien Fehler passiert - die es nun zu analysieren gebe. Konsequenzen müssten gezogen und das Krisenmanagement verbessert werden, hieß es bereits vor besagtem Schreiben in einer Mitteilung an die Gemeindemitglieder.
Impfstoff blieb übrig
Das Maimonides-Zentrum ist einer von neun Wiener Standorten, an dem bereits mit Jahresende geimpft wurde. Der Corona-Impfstoff war der Einrichtung von der Stadt zur Verfügung gestellt worden und sei laut IKG insgesamt 343 Personen - allen Bewohnern und Mitarbeitern, die sich impfen lassen wollten - injiziert worden. Da es sich um ein Pilotprojekt gehandelt habe, sei man dem Umstand, dass Impfstoff übrig blieb, aber unvorbereitet gegenübergestanden.
Zum einen sei die Impfbereitschaft beim Personal geringer ausgefallen als erwartet und zum anderen hätten die von der Gesundheitsbehörde mitgebrachten Phiolen sechs bis sieben (statt der angenommenen fünf) Impfdosen enthalten. Gegen 16.30 Uhr habe sich daher herauskristallisiert, dass mehr als 30 Impfdosen übrig bleiben würden, erklärt der Ärztliche Leiter des Maimonides-Zentrums, Dan Seidler. Diesen habe man auch in Hinblick auf die Haltbarkeit keinesfalls vergeuden wollen, heißt es bei der IKG.
Also habe man binnen weniger Stunden hausfremde Personen gesucht, deren Telefonnummer man kannte und die rechtzeitig vor Ende der Impfaktion um 18.30 Uhr ins Maimonides-Zentrum kommen konnten. Die Vermeidung von Impfstoff-Verwurf - gegebenfalls durch die Impfung von Personen mit geringerer Priorität - entspreche der Empfehlung des Gesundheitsministeriums, betont Seidler.
Präsident räumt Fehler ein
Gemeindemitglieder - vor allem über 80-jährige Shoa-Überlebende und solche mit Vorerkrankungen - sowie nahestehende (jüdische und nicht-jüdische) Ärzte seien deshalb im Absprache mit dem Impfteam der Stadt kontaktiert worden. Letztere habe man gebeten, Risikopatienten zu schicken.
In der Eile seien vorrangig Personen informiert worden, die dem Maimonides-Zentrum bzw. dem anwesenden Personal nahe stehen. Darunter befand sich neben einem Mitglied des Kultusvorstands auch IKG-Präsident Oskar Deutsch.
"Auch ich wurde zum Impfen eingeladen und habe nicht abgelehnt. Das war trotz Risikofaktoren ein Fehler, für den ich mich entschuldige", erklärt der Präsident.
"Das hätte nicht passieren dürfen"
Zudem - so räumt man bei der IKG nachträglich ein - sei der spontane Rundruf wohl zu breit gestreut worden. Unter anderen kam der Vater eines Arztes, ein Shoa-Überlebender mit seinen Enkeln im studentischen Alter. "Mindestens zwei Unter-30-Jährige" wurden laut IKG zwar zuerst vorschriftsmäßig abgewiesen, hätten es bei einem anderen Arzt im Zentrum aber noch einmal versucht und wurden dann tatsächlich geimpft.
"Das hätte nicht passieren dürfen", meint Deutsch. Er weist allerdings darauf hin, "dass neben dem Alter auch andere Gründe für Risikoeinstufungen bestehen können" und ersucht, "von vorschnellen Urteilen gegenüber mutmaßlich oder tatsächlich geimpften Personen abzusehen".
Trotz der eingeräumten Fehler sei es richtig gewesen, den gesamten Impfstoff zu verimpfen, betont Deutsch. Indieselbe Kerbe schlägt man auch im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Es sei verständlich, dass der angebrochene Impfstoff verimpft und nicht unverwendet entsorgt wurde.
Die Situation sei im Vorfeld aber nicht absehbar gewesen und es habe großer Zeitdruck geherrscht. Wer letztlich entschieden habe, die Unter-30-Jährigen zu impfen, sei im Nachheinein deshalb nicht mehr eruierbar.
Vormerksystem installiert
Um in Zukunft nachvollziehbar zur Impfung zuweisen und Impfreste gerecht verteilen zu können, installierte der IKG-Krisenstab nun ein unverbindliches Vormerksystem, erklärt Deutsch.
Zudem arbeite man in Kooperation mit der Stadt an einer Impfstraße in einer Gesundheitseinrichtung der IKG - in dem sowohl Gemeindemitglieder als auch andere von der Stadt zugewiesene Personen geimpft werden könnten.
Kommentare