Dritter Stich: Jedes Bundesland fährt eigene Strategie
Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) wiederholt seit Tagen, worauf er setze, um einen Lockdown zu verhindern: den dritten Stich, die Booster-Impfung. Sie sei „der einzige Wellenbrecher“.
Die schwarzen Landeshauptleute tönen gleich – immer mit Verweis auf Israel. Dort wurde bereits im Sommer das Nachlassen des Impfschutzes bemerkt. Die vierte Corona-Welle schwoll massiv an, ebbte aber dank „Booster“-Impfungen ab.
In der Umsetzung reagiert Österreich aber wesentlich zögerlicher, trotz Höchstwerten an Neuinfektionen und drohender Überlastung der Spitäler.
Das nationale Impfgremium empfiehlt das „Boostern“ nämlich erst ab dem sechsten Monat nach dem Zweitstich, ausgenommen Risikogruppen wie Senioren oder jene Personen, die das Astra-Zeneca-Serum erhielten, hier wird ab dem vierten Monat empfohlen.
Doch die Impfstrategie gegen Corona ist bekanntlich Ländersache - und wie zu Jahresbeginn sind die Tempi unterschiedlich. Wien hat bereits damit begonnen, Auffrischungsimpfungen für alle schon vier Monate nach dem zweiten Stich zu ermöglichen, unabhängig vom zuvor verwendeten Vakzin. Die Drittimpfungen seien „der zentrale Baustein, um schwere Erkrankungen und eine Überlastung der Spitäler in dieser Welle zu verhindern“, heißt es seitens der Stadt.
Allmählich nehmen auch einige ÖVP-geführte Länder Fahrt auf. Am Dienstag kündigte Landeshauptmann Wilfried Haslauer an, auch in Salzburg werde die Auffrischungsimpfung ab dem vierten Monat möglich sein. Das freilich vor der Situation, dass die Spitäler im Bundesland Triagen vorbereiten und vor dem Kollaps stehen. Am Mittwoch zog Tirol nach: Landeshauptmann Günther Platter verkürzt die Wartefrist ebenfalls, zudem will auch Tirol wie Wien die Corona-Schutzimpfung für Kinder ab 5 Jahren starten. In Vorarlberg sind frühere Auffrischungsimpfungen bereits möglich, das wird aber noch nicht explizit beworben.
Die Steiermark hält sich indes strikt an die Vorgaben des Impfgremiums. Wer nach vier Monaten zu einer Impfstraße kommt, muss ohne Drittimpfung heimkehren. Das sei Haftungs- wie Logistikfrage gleichermaßen, begründet Impfkoordinator Michael Koren. Aber der dritte Stich würde mit Termin so eingeteilt, dass „man rund sechs Monate nach dem zweiten drankommt“.
Weshalb Wien anders ist
Auch das Burgenland sowie Niederösterreich folgen den Vorgaben des Impfgremiums. Wer bereits nach vier Monaten den Stich erhalten will, müsse das mit dem Impfarzt klären, heißt es aus NÖ, denn: Impft ein Arzt vorab, übernehme er die Haftung. Auch der Impfwillige gehe ein selbst gewähltes Risiko ein. Aber wie begründet dann Wien die frühere Drittimpfung? Mit einer speziellen Auslegung der Empfehlungen des Impfgremiums, wie ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) betont: Das sieht eine Unterschreitung der Frist von sechs Monaten unter „gewissen Umständen“ vor. Dazu gehöre ein „individuell erhöhtes Infektionsrisiko“, wegen der hohen Inzidenzzahlen bestehe derzeit allerdings ein generell erhöhtes Infektionsrisiko. Deshalb könne man die Drittimpfung allgemein bereits nach vier Monaten empfehlen.
In Deutschland gibt es eine ähnliche Debatte. Auffrischungsimpfungen könnten nach Ansicht des Corona-Modellrechners Kai Nagel von der TUI Berlin den Trend der steigenden Corona-Zahlen umkehren: „Wir sehen in den Simulationen deutlich infektionsreduzierende Effekte, sobald circa 30 Prozent der Bevölkerung den Booster erhalten haben.“
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