Drei Monate seit dem Hochwasser: Weihnachten nach der Katastrophe

von Teresa Sturm, Markus Foschum und Stefanie Grasberger
Das Leben war für sie alle Anfang September noch ein anderes. Dann kam das Hochwasser im Osten des Landes und damit eine komplette Neuordnung der Dinge. Der KURIER hat mit Opfern der Naturkatastrophe gesprochen. Sie erzählen, wie es ihnen drei Monate später geht und wie in so einer Situation Weihnachten überhaupt gefeiert werden kann.
Da ist etwa Ferdinand Donabaum. Er ist Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Rust im Tullnerfeld in Niederösterreich. Als der Regen im September nicht aufhören wollte und die Warnungen deutlicher wurden, begann seine Mannschaft, mit vielen Helferinnen und Helfern Sandsäcke zu befüllen.

Unzählige Feuerwehrleute und Freiwillige halfen in Rust
Schnell musste man Abpumparbeiten leisten und dann ging alles Schlag auf Schlag. Fast alle Häuser der Gemeinde wurden evakuiert, ein Kamerad verlor sein Leben, die Feuerwehrautos verschwanden im Wasser, der Strom war weg und die Einsatzleitung wurde zum einzigen trockenen Platz des Ortes verlegt. Im Nachhinein ist Donabaum immer noch tief betroffen, wenn er über die Ereignisse spricht, aber für ihn steht der Zusammenhalt klar im Vordergrund.
Krisenmodus: In der zweiten Septemberwoche 2024 wurden die Warnungen immer deutlicher. Zwischen 13. und 20. September war dann Niederösterreich von einem Hochwasserereignis betroffen, das nahezu das gesamte Landesgebiet umfasste.
Die Donau, die March und die Leitha erreichten erst bis etwa 17., 18. und 19. September ihre Maximalwerte. In weiterer Folge des Hochwassers kam es zu teilweise stark erhöhten Grundwasserständen, die nur langsam wieder zurückgingen. Rekordmengen von 300 bis über 400 mm in fünf Tagen wurden in dem Gebiet zwischen dem Mostviertel und dem Wienerwald aufgezeichnet.
In den Tagen waren rund 55.000 Mitglieder der Feuerwehr im Einsatz; es war der größte in der Geschichte Niederösterreichs. Tausende Personen des Bundesheeres unterstützten, das Rote Kreuz baute unter anderem Notschlafstellen auf, half bei der Logistik.
Expertinnen und Experten gehen insgesamt von einem Schaden im Euro-Milliardenbereich aus.
Die Kooperationen mit Feuerwehren aus ganz Österreich hätten so gut funktioniert, seine Familie von nah und fern habe geholfen. Noch heute ist der Vater von drei Kindern begeistert von seinem Team, das nicht nur den Einsatz in den Krisentagen so gut meisterte, sondern auch ihn als Betroffenen unterstützt.
Hilfsbereitschaft
„Hier war plötzlich ein See, unser Haus ist in einem See gestanden“ – an den 14. September 2024 werden sich auch Svjetlana und Markus Stefan ewig erinnern. Die Schwechat war in Alland (Bezirk Baden) auf nie geahnte Pegel angeschwollen. Der Damm hinter dem Haus der Stefans hielt zwar, doch etwas weiter entfernt trat das Wasser doch über die Ufer – und fand seinen Weg.
Erst 2017 hatte die Familie den Bungalow errichten lassen und jetzt war zwar nicht alles, aber vieles einfach zerstört, kaputt, hin. „Überall war Schlamm, die Gipskartonwände, die Dämmung, die Möbel, kaputt“, erinnert sich Stefan an den Schock. Aber die Familie erinnert sich auch an etwas ganz anderes: „Am Abend sind zwölf Leute dagestanden und haben uns geholfen. Einfach so. Diese Hilfsbereitschaft hat uns überwältigt. Allein wären wir verzweifelt“, sagt Markus Stefan. Auch die Gemeinde half und organisierte den Abtransport der kaputten Sachen. Rasch, unkompliziert.

Die Badener Lions bereiteten Familie Stefan in Alland frohe Weihnachten
Auf rund 185.000 Euro wurde der Schaden geschätzt, 8.000 Euro gab es von der Versicherung. Als Christkindl stellte sich nun der Lions Club Baden-Helenental ein. Zur Bescherung gab es einen Scheck über 10.000 Euro. „Uns hat der Fall dieser Familie berührt und wir unterstützen sie gerne“, sagt Lions-Präsident Heinz Haberfeld.
Schwierige Situation
Von normalen Zuständen kann auch Josef Doppler aus Ebersdorf an der Zaya (Bezirk Mistelbach) noch nicht sprechen: „Momentan ist die Situation sehr schwierig.“ Sein Familienhaus sei nach rund drei Monaten immer noch eine große Baustelle – und werde wohl noch mindestens ein Jahr eine bleiben. Er lebt dort mit seiner Frau, seiner jüngsten Tochter und ihrem Freund. Das Weihnachtsfest wird die Familie bei einer der Töchter zelebrieren.
Doppler hofft, dass sie aufgrund einer anderen Umgebung „gedanklich loslassen“ können. „Wir lassen uns nicht drausbringen. Gott sei Dank sind alle gesund“, sagt er und verweist auf noch viel härter Betroffene. In Zukunft möchte sich Doppler weiterhin zur Normalität zurückkämpfen und nach vorne blicken. Die Wochen nach dem Hochwasser verbrachte er mit seiner Frau zunächst bei seiner Schwester. Jetzt wohnt die Familie wieder im Haus, genauer gesagt in der Mansarde. Große Reparaturen nimmt man derzeit im Erdgeschoß vor.
Ähnlich ist die Situation bei Bernhard Huber, der wie Donabaum ebenfalls in Rust lebt: „Bei uns im Haus wird nicht gefeiert“, sagt er. Ursprünglich wollte man noch vor Weihnachten wieder einziehen, doch dazu wird es nicht mehr kommen. Parkettboden sowie Fliesen müssten noch verlegt werden. Deshalb wird er mit seiner Frau und drei Kindern weiterhin im Elternhaus wohnen.
Einen Christbaum wird es dennoch im eigenen Haus geben, auch die Bescherung soll dort stattfinden. „Ich möchte meinen Kindern den Wunsch erfüllen, dass das Christkind in unserem Haus kommt“, sagt Huber. Seine Kinder sind 10, 8 und 6 Jahre alt. Dieses Jahr wird Weihnachten bei ihnen „mickrig“ ausfallen, wie er selbst sagt. Sein ältester Sohn versteht das schon, die größere Herausforderung sei es nun, das den jüngeren Kindern zu vermitteln.

Ferdinand Donabaum, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Rust im Tullnerfeld in Niederösterreich
„Man ist wieder dankbarer für alles“, fasst es Donabaum zusammen. Seine Verwandtschaft hat um eine Fotoshow zu den Feiertagen gebeten, auch, um zu sehen, was eigentlich in diesen Tagen passiert ist. „Ich glaube, dass Weihnachten heuer noch besonderer ist als sonst.“
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