Diese waren im ursprünglich üblichen Bescheidverfahren möglich. Doch gerade das hat die Bejagung aus Sicht von politischen Wolfsjägern derart verzögert, dass ein Abschuss zeitnahe zu Rissen nicht möglich war. "Ich weiß, dass das eine juristische Gratwanderung ist. Aber ich bin hier den Bauern in der Pflicht. Ich bin bereit, das auszureizen", sagt Gantner dazu, wissend, dass das "für den grünen Koalitionspartner nicht gerade einfach ist."
Nein von den Grünen
Von dem kommt prompt eine Absage. "Beim Wolf ist die Emotion ganz groß. Das verstehe ich“, sagt Umweltlandesrat Daniel Zadra (Grüne). Aber man habe gerade erst 2021 das Jagdgesetz novelliert und dabei die Hürden für Abschüsse gesenkt.
"Aber mir ist kein einziger Fall bekannt, wo von dieser Bescheidmöglichkeit Gebrauch gemacht wurde. Zuerst sollten die vorhandenen Instrumente in Anspruch genommen werden", so Zadra.
Tatsächlich sind Risse durch Wölfe in Vorarlberg – anders als im benachbarten Tirol – bisher die Ausnahme. Gantner lässt das nicht gelten. "Dort ist es in die Höhe geschnellt. Das wollen wir verhindern", argumentiert der ÖVP-Politiker. Das könnte mit Rücksichtnahme auf das eigene Klientel auch den im Herbst 2024 anstehenden Landtagswahlen geschuldet sein.
Rechtswidrig?
Die anderen Bundesländer, die bereits mit Verordnungen operieren, denken indes nicht daran, trotz des VwGH-Urteils an der beschlossenen Praxis etwas zu ändern. Dabei haben mehrere namhafte EU-Rechtsexperten das Vorgehen als rechtswidrig kritisiert.
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"Die Länder pokern hier", sagt der Verfassungs- und Verwaltungsjurist Peter Bußjäger. Denn so lange es keine klare rechtliche Entscheidung in der Sache gibt, können die Tiere bejagt werden.
Zuvor haben Beschwerden aufschiebende Wirkung entfaltet oder die Bescheide gleich ganz gekippt. Die Zeit spielte für den Wolf und die Naturschützer. "Da wurde jetzt ein bisschen der Spieß umgedreht", so Bußjäger.
Zum jüngsten Erkenntnis meint er: "Der Verwaltungsgerichtshof sagt nicht, dass die Verordnungsvariante unzulässig ist. Er sagt, dass sichergestellt werden muss, dass NGOs zu ihrem Recht kommen." Dazu müssten diese eine Verordnung bekämpfen. "Aber der Gerichtshof schweigt sich aus, wie das konkret erfolgen soll." Ein Antragsrecht sei bei Verordnungen nicht vorgesehen.
Antrag, Ablehnung, Bescheid
Ein möglicher Weg: Eine NGO könnte einen Antrag stellen, dass ein bestimmter Wolf nicht abgeschossen wird. Lehnt die Behörde ab, müsste sie einen Bescheid ausstellen, der wiederum beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden könnte.
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Aber auch in so einem Fall "kann der Wolf in der Zwischenzeit geschossen werden", sagt Bußjäger. Den Verfassungsgerichtshof in der Sache anzurufen, sei wiederum schwierig. Bliebe noch die EU-Kommission, die ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich einleiten könnte. Aber selbst das würde nicht schnell gehen. Die Zeit spielt vorerst gegen den Wolf.
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