Die grüne Gefahr am Straßenrand

Früher wurden Alleebäume auch zur besseren Orientierung bei schlechten Witterungsverhältnissen gesetzt. Bei einem kleinen Fehler können sie zur Todesfalle werden.
Seit Jahrzehnten scheiden sich über Sinn und Gefahrenpotenzial von Bäumen entlang von Landstraßen die Geister. Jetzt wird wieder debattiert.

Schon Reinhard Fendrich hat den Konflikt in seinem Klassiker „Zweierbeziehung“ pointiert besungen: „Überhaupt nix wär passiert, wenn net der depperte Bam da g'standen wär. Für ein grünes Wien, so ein Bledsinn!“
Wichtiger Beitrag für den Klimaschutz oder tödliche Gefahr? Über die Sinnhaftigkeit von Alleebäumen entlang von Freilandstraßen scheiden sich seit Jahrzehnten die Geister.

Wer mit aufmerksamen Augen durch das Land fährt, dem wird vor allem durch ein Kerzenmeer zu Allerheiligen bewusst, wie viele Menschenleben bereits an Baumstämmen endeten. Doch gerade in Zeiten der Klimakrise kommt das Pflanzen der ökologischen Riesen am Straßenrand wieder in Mode. 

Die grüne Gefahr am Straßenrand

Verheerender Anprall vor wenigen Tagen an einem Baum in Alland im Bezirk Baden (NÖ). Das Unfallwrack ging sofort in Flammen auf, ein Insasse kam bei dem tragischen Unglück ums Leben.

Im Zuge eines Pilotprojekts hat der niederösterreichische Straßendienst bei Sierndorf im Raum Korneuburg auf einem drei Kilometer langen Straßenabschnitt mit 400 neuen Bäumen eine Obstbaumallee gepflanzt. Die ökologische Verantwortung sei für das Land bei weitem größer als die Sicherheitsbedenken. „An  Unfallstellen setzen wir freilich keine neuen Bäume. Außerdem wird ein Sicherheitsabstand zur Fahrbahn eingehalten“, erklärt Gerhard Fichtinger, Sprecher des Straßendienstes.

Baumunfälle

Für das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) ist in den vergangenen Jahren in Sachen Baumunfälle einiges im Land passiert. Auf den 2.300 Kilometer langen Autobahnabschnitten darf kein Baum näher als neun Meter zur Fahrbahn stehen, sonst muss eine Leitschiene dazwischen sein. Dies sei fast flächendeckend umgesetzt, heißt es beim KFV. „Auch bei Neuplanungen auf Landes- und Gemeindestraßen wird auf das Thema Rücksicht genommen.

Es geht aber nicht jede Kommune sinnvoll damit um“, sagt der Verkehrssicherheitsexperte des KFV, Klaus Robatsch.

Die „Österreichische Forschungsgesellschaft Straße-Schiene-Verkehr“ arbeitet derzeit an einer Sicherheitsrichtlinie zum Schutz vor Unfällen „mit festen Hindernissen“, ein Entwurf dazu ist in Begutachtung. Zentraler Punkt sei, dass ein kleiner Fahrfehler nicht gleich zu tödlichen Unfällen führen darf. 

Was die Statistik zu  Baumunfällen anlangt, steht Österreich im internationalen Vergleich nicht schlecht da. In Deutschland machte 2019 die Zahl der tödlichen Kollisionen mit Bäumen fast 17 Prozent der Gesamtunfälle aus. In Österreich lag dieser Anteil 2018 mit 8,8 Prozent und 2019 mit 8,2 Prozent deutlich darunter.

746 Zusammenstöße

Im Jahr 2019 gab es 35.736 Gesamtunfälle mit 416 Todesopfern, davon waren 746 Zusammenstöße mit Bäumen. Dabei gab es 900 Verletzte und 34 getötete Personen. 2018 lag die Zahl der Todesopfer nach einem Crash gegen einen Baum bei 36.

Laut Robatsch endeten in den beiden Jahren laut Statistik insgesamt 70 Unfälle mit Baumberührung tödlich. Vier davon auf Autobahnen, elf auf Gemeinde- und 55 auf dem Landes- bzw. Bundesstraßennetz. „Es ist verantwortungslos gegenüber den Verkehrsteilnehmern, an gefährlichen Strecken heute noch Bäume zu pflanzen. Aber das nötige Bewusstsein für das Thema ist groß“, meint Robatsch.

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