Die ersten Bagger legten los: An der Mur fängt es allmählich zu brodeln an

An der Baustelle fanden sich Demonstranten ein
Der Baubeginn des Kraftwerkes in Graz-Puntigam wurde von Protesten begleitet.

Dass uniformierte Polizisten bei der Baustelle Position beziehen, sei "bloß Zufall", versichert Eduard Hamedl, einst als aktiver Beamter bei Geiselnahmen oder Suizidandrohungen im Einsatz. "Ich hab’ die Kollegen gebeten, den Verkehr zu regeln."

Montagvormittag steht Hamedl aber an der gerade erst begonnenen Baustelle des Murkraftwerks in Graz-Puntigam: Zugezogen von der Energie Steiermark, soll der als Lebensberater tätige Grazer bei der "notwendigen Kommunikation" mit den Gegnern des umstrittenen 80-Millionen-Euro-Projektes helfen. Was übersetzt wohl heißt, Widerstandscamps oder das Anketten an Baumaschinen von vornherein zu unterbinden.

Noch wird gescherzt

Die Skeptiker, gesammelt in der Plattform "Rettet die Mur", formieren sich aber ohnehin erst einmal nur als Beobachter. Mit einigen Transparenten stehen sie am Rand der Ziehrerstraße gegenüber der Olympiawiese, auf der der Energiekonzern seine Baustelle einrichtet. Amikal geht es zu, man bietet einander heißen Tee an und scherzt, ob nicht Konzernsprecher Urs Harnik-Lauris doch für zehn Minuten das Hochhalten eines Transparents übernehmen möge.

Trotz des Humors vor Ort birgt dieser Bau politischen Zündstoff: ÖVP, SPÖ und FPÖ stehen dahinter, KPÖ und Grüne nicht. Weil der Magistrat trotz der von der Plattform über mehrere Jahre gesammelten Unterschriften keine Volksbefragung über die Staustufe Puntigam zuließ, platzten die Budgetverhandlungen mit der KPÖ, der zweitstärksten Fraktion im Rathaus. Das führte zu den Neuwahlen am 5. Februar.

Die ersten Bagger legten los: An der Mur fängt es allmählich zu brodeln an
Baustart

Rechtlich steht die Energie Steiermark auf trockenem Boden. Das Kraftwerk, das Strom für umgerechnet 20.000 Haushalte bringen soll, ist durch alle Instanzen abgesegnet. Um Skeptiker zu überzeugen, wurde ein Info-Büro mit Ombudsmann installiert.

"Rettet die Mur" kontert, dass im Naturschutz, Forstrecht und Straßenbau aber noch einiges fehlen würde, damit der Bau überhaupt rechtskonform sei. "Es darf keinen Baustart ohne Volksbefragung geben", wiederholt Sprecherin Christine Barwick. Die Plattform kritisiert massive Eingriffe in die Natur durch die Staustufe.

Nur Beobachtung

Solange die 20 Bauarbeiter samt Baggern und Lkw nur auf der Wiese einige Hundert Meter vom Murufer entfernt tätig sind, "wird nicht eingegriffen", beteuert Barwick. Nachsatz: "Im Moment. Die Mur werden sich die Grazer aber sicher nicht nehmen lassen."

Der Energiekonzern wappnet sich ebenfalls. Sprecher Urs Harnik hat spezielle Infozettel für Demonstranten dabei: Darin wird an die Videoüberwachung der Baustelle erinnert und daran, dass eventuelle Schäden von den Verursachern bezahlt werden müssen. Nachts wird die Baustelle auch bewacht. "Aber das ist eine Standardgeschichte", betont Harnik.

"Ein Schandfleck"

Auch Anrainer finden sich ein. 50 Jahre wohne sie bereits in der Ziehrerstraße, empört sich eine Pensionistin. "16.000 Bäume dafür zu fällen ist eine Schweinerei", ärgert sie sich. Harnik spricht von 700, doch das glaubt ihm die alte Dame nicht, sondern vertraut den Baum-Zählungen von "Rettet die Mur": "Das Kraftwerk ist ein Schandfleck für ganz Graz."

www.murkraftwerkgraz.at

www.rettetdiemur.at

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