Die Angst der Hoteliers vor dem (positiven) Corona-Test
65.000 Tests von Tourismusmitarbeitern pro Woche ab Juli – das war das Versprechen der Bundesregierung. Ein leeres, wie sich nun kurz vor dem Start in den August zeigt. Bis Mitte vergangener Woche wurden im Zuge des von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) verantworteten Präventionsprojekts 10.200 Abstriche genommen. In ganz Österreich.
Auch am Wolfgangsee startete die freiwillige Massentestung, die von Betrieben und Tourismusverbänden organisiert und vom Bund finanziert wird, erst am vergangenen Freitag. Und damit nach dem Corona-Ausbruch.
Auch wenn selbst Experten teils kritisch anmerken, dass jeder PCR-Test immer nur eine Momentaufnahme ist: Mit einem früheren Start der freiwilligen Selbstkontrolle wären Infizierte in St. Wolfgang vielleicht schon früher entdeckt worden.
Über 1.000 Tests am See
So musste die Behörde versuchen, den Infektionsherd möglichst rasch einzudämmen, als er sich unbemerkt bereits ausgewachsen hatte. Für Gäste, Tourismusmitarbeiter und Einheimische wurde ein Covid-19-Drive-in eröffnet, bei dem am Wochenende mehr als 1.000 Abstriche genommen wurden.
Aber warum sind die Anmeldungen von Betrieben für das vom Bund bezahlte Massenscreening ihrer Mitarbeiter so schleppend angelaufen? Immerhin hatte Tirols ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter – den Imageschaden durch Ischgl im Hinterkopf – die Massentests schon Mitte Mai für den in Österreich so wichtigen Wirtschaftszweig gefordert.
Man wolle den Gästen sagen können: „Ihr könnt in Ruhe nach Tirol kommen, Urlaub machen, weil wir jede Vorsorge getroffen haben“, so Platter damals. Die Bundesregierung zog mit, stellte Geld bereit und argumentierte ebenfalls damit, Österreich als sicheres Reiseland bewerben zu können.
Die Angst vor der Betriebsschließung
Doch wer mit Branchenvertretern spricht, bekommt hinter vorgehaltener Hand immer wieder einen Grund genannt, warum es so wenige Anmeldungen für das Projekt gibt: Es ist die Angst davor, was passiert, wenn es einen positiven Fall im Betrieb gibt – sei es bei einem Gast oder einem Mitarbeiter.
In diesem Punkt drängte Platter von Anfang an auf klare Regeln vonseiten des Gesundheitsministeriums, blieb bisher jedoch ungehört. Unternehmen fürchten bei einem positiven Fall weniger behördliche Schließungen, sondern vielmehr aufgrund der Quarantänebestimmungen nicht mehr genug Mitarbeiter für die Aufrechterhaltung des Betriebs stellen zu können. Und dann auch noch mit Regressforderungen von Gästen konfrontiert zu sein.
„Das hindert Betriebe“
„Das hindert die Betriebe massiv daran, an den Testungen teilzunehmen“ spricht Gerold Royda, Spartenobmann der Hotellerie in Oberösterreich offen aus, was viele seiner Kollegen denken.
Er pflichtet Tirols Hotelleriesprecher Mario Gerber bei, der im Gespräch mit dem KURIER fordert: „Die K1-Regel gehört im Tourismus abgeschafft.“
Es geht dabei um die behördlichen Regeln im Umgang mit Kontaktpersonen von Corona-Fällen. Kontaktpersonen der Kategorie 1 (K1) müssen für 14 Tage in Quarantäne. Das sind Personen, die 15 Minuten oder länger in einer Entfernung von zwei Metern oder weniger „Kontakt von Angesicht zu Angesicht mit einem Covid-19-Fall“ hatten.
In einer Küche betrifft das schnell die komplette Mannschaft, nennt Gerber ein Beispiel aus der Praxis und kritisiert: „Getroffene Schutzmaßnahmen werden nicht berücksichtigt.“ So etwa, wenn Gast und Mitarbeiter an der Rezeption durch eine Plexiglasscheibe getrennt sind. Wenn einer von beiden sich als Corona-Fall herausstellt, müsse der andere in Quarantäne.
„Die Sicherheit steht an erster Stelle. Aber wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben und brauchen praktikable Lösungen“, sagt Gerber. Das derzeitige Reglement für den Umgang mit K1-Personen sei für Betriebe „ein Wahnsinn“: „Der Mitarbeiter muss 14 Tage in Quarantäne, egal ob er positiv getestet wurde oder nicht. Für den Gast gilt im Übrigen das Gleiche. Das geht so nicht.“
Er fordert: „Es muss die Möglichkeit geben, sich aus der Quarantäne freizutesten.“ Genau das sei für Kontaktpersonen im Tourismus aber nicht möglich – im Spitzensport aber sehr wohl. Der Tourismus drängt ebenfalls auf so eine Möglichkeit.
„Wir können nicht jedes Mal komplett den Betrieb herunterfahren, wenn es einen positiven Fall gibt“, erklärt der Branchenvertreter. In Tirol habe man unter Mitwirkung von Virologen und Behördenvertretern ein Konzept ausgearbeitet, das als Leitfaden dienen könnte.
"Brauchen schnelle Lösung"
„Ich appelliere an den Gesundheitsminister, sich dieses Papier anzuschauen“, so Gerber. Und Royda aus dem Sommertourismusbundesland OÖ sagt: „Wir brauchen schnell eine Lösung. Im Oktober ist es zu spät.“
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