Für die Hermi gibt es am Donnerstag nur einen Ort in Deutsch-Griffen: den Gasthof Obersteiner. Donnerstag ist Kartenrunde im 850-Einwohner-Ort im Kärntner Gurktal.
Hermi, Mitte 70, rückt dann mit ihren Mitspielerinnen – 70 bis 94 Jahre alt, darunter auch zwei Männer – die Tische zum Schnapsen zusammen. Die Jukebox, deren Geldeinwurf noch in Schilling angeschrieben ist, braucht keiner.
Und auch keine lästigen Journalistenfragen. Von denen habe man in der Vergangenheit genug gehabt. Denn Deutsch-Griffen ist weniger berühmt für seine donnerstägliche Kartenrunde als für seine Wahlergebnisse.
53,8 Prozent der Wahlberechtigten haben bei der Nationalratswahl 2017 hier für die Blauen votiert. So viele wie sonst nirgends in Österreich. 46,68 Prozent der Stimmen gab es bei der Landtagswahl 2018 für die FPÖ. So viele wie sonst nirgends in Kärnten.
Dass der blaue Bundespräsidentschaftskandidat Walter Rosenkranz im Mölltal mehr als 49 Prozent erreichte, in Deutsch-Griffen „nur“ 45 Prozent, bleibt ein Rätsel.
Blaueste Gemeinde
Deutsch-Griffen ist die blaueste Gemeinde Österreichs. Und somit Garant für Schlagzeilen wie: „Wo die blaue Welt noch heil ist.“
Bürgermeister Michael Reiner (FPÖ), Wahlergebnis 2021 bei 85 Prozent, beantwortet dennoch geduldig jede Frage.
Kampfrhetorik, wie sie zuletzt sein FPÖ-Chef Herbert Kickl bei Auftritten in Kärnten präsentierte, findet man bei ihm nicht. In Deutsch-Griffen wird niemandem „der Schädel zurückgerückt“, nicht „Wien als Hotspot der Blödheit“ betitelt oder Klimaministerin Leonore Gewessler aufgefordert, sie möge umweltschonend „auf einem Besen reiten“.
Hier werden maximal Menschen mit Vornamen begrüßt und Informationen über Hüftleiden eingeholt. Zu viel wolle man die Bundespolitik nicht kommentieren. Gut findet man nicht alles.
Reiner, smart und Lehrer an der Fachhochschule, antwortet auf die Frage, warum hier so viele blau wählen, wie folgt: „Die freiheitliche Kern-DNA wird in kleinstrukturierten Gegenden gefördert. Man schaut aufeinander“, sagt der Bürgermeister, der für alle „in da Griffen“ nur der Michael ist.
Der Mann an seiner Seite neben der Jukebox mit dem Schilling-Zeichen wird hingegen mit „da Dörfler“ begrüßt.
Ex-LH Gerhard Dörfler ist gebürtiger Deutsch-Griffener. Dort sei sein Elternhaus gestanden und da habe der Onkel „Munde“ immer „Raubersgschichten“ erzählt, verrät Dörfler bei einer Ortsrunde. Ehrenbürger ist er obendrein, wie ein goldener Ring mit Wappen zeigt. Seine Erklärung für das blaue Deutsch-Griffen? „Der Jörg hat viel für Deutsch-Griffen getan. Das haben die Leute ihm nicht vergessen.“ Das mit „dem Jörg“ der verstorbene LH Jörg Haider gemeint ist, versteht sich von selbst.
"Wurmfortsatz vom Wurmfortsatz"
Haider trug maßgeblich dazu bei, dass Deutsch-Griffen eine eigenständige Gemeinde wurde. Seit 1991 autonom von Weitensfeld. „Davor war man der Wurmfortsatz vom Wurmfortsatz“, sagt Dörfler. Zweite Erklärung: Die Wehrkirche des Ortes gilt als Zeichen der Standhaftigkeit gegen die Türken. Und was für die Türken gilt, hat offenbar auch politisch seine Berechtigung.
Die Hermi sagt, sie hat immer blau gewählt und sieht keinen Grund, das zu ändern. „Die Roten haben nur Kugelschreiber, die brauch ich nicht.“
Den Stempel der „rechten“ Gemeinde zu haben, hinterlässt aber Spuren: „Was glauben die Leute? Dass wir beim Grüßen die Hacken zusammenschlagen?“, fragt Reiner. Er selbst stamme aus einer „unpolitischen Familie“, erst sein Amtsvorgänger habe ihn für die Politik begeistert. Wäre der ein ÖVPler gewesen, hätte es wohl auch diese Partei werden können.
Und dann fällt doch noch ein Name im Gasthaus: Adolf Hitler. Der sei aber Baggerfahrer und nicht der andere Hitler gewesen. Was jetzt fast nach einer „Raubersgschicht“ klingt, die vom Onkel Munde sein könnte.
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