Der Borkenkäfer frisst sich durch Kärntens Wälder

Der Borkenkäfer bedroht Wälder
Umgestürzte Bäume als willkommene Brutmöglichkeit: Im Mölltal sind ganze Waldflächen in Gefahr.

Nach Jahren mit dramatischen Unwetterschäden hat Oberkärnten mit dem nächsten Ungemach zu kämpfen: Dem Borkenkäfer, der Bäume befällt und zum Absterben bringt. Die Klimakrise befeuert dabei einen Teufelskreis: Durch Unwetter gefällte Bäume dienen als Brutmöglichkeit für die Tiere - und in warmen, trockenen Sommern befallen diese sogar gesunde Bäume. Besonders im Mölltal bemerkt man diese Auswirkungen, hier sind ganze Waldflächen in Gefahr.

Der große Achtzähnige Fichtenborkenkäfer (Ips typographus), auch Buchdrucker genannt, frisst sich regelrecht durch die Oberkärntner Wälder. Er befällt nur die Fichte, alle anderen Baumarten bleiben verschont. "Den Borkenkäfer gibt es immer schon in unseren Wäldern," erklärt Antje Güttler, Direktorin der Österreichischen Bundesforste Kärnten-Lungau bei einem Lokalaugenschein mit der APA im Oberen Mölltal, "die Anzahl der Borkenkäfer war jedoch immer unterschiedlich."

Massenvermehrung

Der Borkenkäfer-Befall hängt von der Witterung und dem Gesundheitszustand der Fichten ab. Gibt es sehr viele Borkenkäfer, spricht man von einer Massenvermehrung. "Aus Sicht der Natur sind Massenvermehrungen von Borkenkäfern ein ganz normaler Vorgang," sagt Güttler. Die absterbenden und dann toten Bäume sind Lebensraum für viele holzbewohnende und holzabbauende Pilze, Pflanzen und vor allem Insekten. Der Wald erneuert sich dann Schritt für Schritt von selbst wieder. Allerdings kann das viele Jahrzehnte lang dauern.

Im bewirtschafteten Wald und vor allem im Schutzwald können die Waldbesitzer und Forstleute nicht so lange warten: Nicht nur, dass große Werte verloren gehen, auch die Schutzwirkung des Waldes vor Hochwässern, Muren und Lawinen ist lange Zeit nicht mehr gegeben. Also greifen die Wald-Bewirtschafter ein und entfernen die für den Borkenkäfer bruttauglichen Bäume, um eine drohende Massenvermehrung zu verhindern. Die Verpflichtung dazu gibt auch das Forstgesetz vor.

Mehrere Gründe

In Kärnten gibt es heuer aus mehreren Gründen so viele Borkenkäfer: Sowohl wegen der nassen, schneereichen Winter und der Stürme, als auch wegen der wochenlangen Trockenperioden und warmen Sommer. Stürme und nasser Schnee bewirken, dass Bäume nicht nur einzeln, sondern auch in größeren Gruppen niederbrechen oder umstürzen. Für Borkenkäfer ist das liegende Holz im Bergwald eine willkommene Brutmöglichkeit. Meistens bleibt es aber nicht dabei, dass nur umgestürzte Bäume befallen werden. Besonders in warmen, trockenen Jahren befallen die Borkenkäfer auch gesunde, aber geschwächte Bäume in der Umgebung. Die Klimakrise beschleunigt diesen Vorgang. Das kann soweit führen, dass es zu einer Massenvermehrung kommt, bei der auch große Waldflächen vom Borkenkäfer innerhalb weniger Wochen zum Absterben gebracht werden.

Um einer weiteren Vermehrung des Fichtenborkenkäfers vorzubeugen, entfernen die Österreichischen Bundesforste geworfene oder gebrochene Bäume so schnell wie möglich aus dem Wald. In steilen Hängen ist das Fällen und Aufarbeiten von Bäumen sehr gefährlich, oft unmöglich und für die Waldbesitzer mit hohen Kosten verbunden. "Um in Zukunft die Gefahr der Massenvermehrung zu verhindern, dürfen bei der Wiederaufforstung nicht nur Fichten gepflanzt werden," sagt Güttler. Auch in den Gebirgslagen müsse Mischwald entstehen, damit der Borkenkäfer nicht hektarweise den Wald vernichten kann. "Im Wald von morgen müssen Fichten durchmischt mit Lärchen, Bergahorn, Ebereschen, Tannen, Buchen, Eichen und ganz oben auch Zirben wachsen," so die diplomierte Forstingenieurin.

Wenn der Borkenkäfer unter der Rinde seine Brut - sein Nest - anlegt, dann fressen sich die Larven waagerecht am Stamm entlang. Das sogenannte Brutbild sieht dann aus wie ein gedrucktes Buch - daher der Name "Buchdrucker". Dabei zerstören die Larven die Kohlenhydratleitungen der Bäume. Die Krone kann so ihre Nährstoffe nicht mehr ins Wurzelwerk transportieren. Dadurch sterben die Feinwurzeln ab, die zur Wassergewinnung nötig sind. So vertrocknet der Baum langsam, was der hauptsächliche Grund für das Absterben dieser Bäume ist.

Ein Weibchen legt im Schnitt 60 Eier pro Brut ab. Die erste Generation ist meist im Juni oder Juli voll entwickelt und bohrt sich ihrerseits wieder in die Bäume ein und vermehrt sich. Aus einem Borkenkäfer können so plötzlich 3.600 werden. Wenn die Sommer besonders lang und trocken sind, gibt es dann noch eine zweite Generation, die sich vermehrt und dann sind es schon 216.000 Exemplare aus nur einem Käfer. Mit möglicherweise fatalen Folgen für einen ganzen Wald, erklärt Güttler: "Das führt dann dazu, dass so viele Käfer auf einmal einen Baum befallen, dass sich dieser schlicht nicht mehr wehren kann."

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