Depressionen, Angst, Essstörungen: Immer mehr junge Frauen brauchen Hilfe

Bei einer sozialen Angststörung fürchten sich die Betroffenen vor bestimmten Situationen oder Dingen und meiden diese deshalb.
Panikattacken, Depressionen, Essstörungen: Die Zahl an Mädchen und jungen Frauen, die an psychischen Erkrankungen leiden, ist seit der Corona-Pandemie sprunghaft angestiegen.
Am Dienstag machten Mädchenberatungsstellen aus ganz Österreich im Rahmen einer Pressekonferenz auf die Problematik aufmerksam. Ihre Botschaft: Die Lage ist ernst.
"Probleme werden vielschichtiger"
Im Vergleich zum Vorjahr sei die Zahl der Beratungen 2024 österreichweit um durchschnittlich 30 Prozent gestiegen. „Außerdem werden die Probleme zunehmende komplexer und vielschichtiger, die Beratung nimmt mehr Zeit in Anspruch“, sagt Angelika Atzinger vom Verein Amazone in Bregenz.
Probleme, mit denen sich Mädchen und junge Frauen aktuell besonders häufig an Beratungsstellen wenden, sind Depressionen, Erschöpfung, Essstörungen, selbstverletzendes Verhalten und Ängste. Viele von ihnen haben auch Sorgen um ihre Existenz, in ihren Beziehungen oder Erlebnisse mit Gewalt. Auch bei Fragen zu Arbeit und Ausbildung oder zu Sexualität suchen viele von ihnen Hilfe.
Mädchen und Frauen werden noch zu wenig gehört
Dies sei auf viele Faktoren zurückzuführen, erklärt Atzinger: „Es gibt einen hohen Leistungsdruck, Pandemie-bedingte Nachwirkungen, die Teuerung, Kriege und Konflikte, den Klimawandel, aber auch nach wie vor ein gesellschaftliches Klima, in dem Mädchen und Frauen kaum gehört werden.“
Nach wie vor sei der Druck auf Mädchen und Frauen, einem gewissen Schönheitsideal zu entsprechen, sehr hoch. „Außerdem erleben viele Grenzverletzungen, Übergriffe und verschiedene Formen von Gewalt in ihren ersten Beziehungen“, sagt Anita Ottacher von „Equaliz Beratung“ in Klagenfurt. Auch dies könne zu Angst, Panik und Depressionen, aber auch zu übermäßigem Alkohol- oder Tablettenkonsum sowie zu Essstörungen führen.
Viele Frauen in prekären Wohnsituationen
Ebenfalls ein Problem sei Wohnungs- und Obdachlosigkeit: „30 Prozent davon sind in Österreich Frauen und Mädchen unter 24“, warnt Katharina Nickel von „Frauen für Frauen“ in Niederösterreich.
Zahlreiche Frauen fänden sich auch in prekären Wohnsituationen wieder, in denen sie von ihrem Partner abhängig sind. „Faktoren wie eine fehlende Ausbildung, ein geringes Einkommen oder Gewalterfahrungen führen oft dazu, dass den Frauen kein Ausbrechen aus ihrer Situation möglich scheint.“
- Wohlbefinden: 34 Prozent der 16- bis 25-Jährigen sind wenig bis gar nicht zufrieden mit dem eigenen Aussehen. Bei den Frauen war es jede dritte, bei queeren Personen jede zweite Person, die angab, mit dem Aussehen unzufrieden zu sein.
- Essstörungen: Die Häufigkeit schwerer Essstörungen wie Magersucht oder Bulimie haben sich laut einer internationalen Studie fast verdoppelt. In Krankenhäusern in Deutschland registierte man zwischen 2020 und 2021 einen Anstieg um 30 Prozent.
- Gewalt: im Netz: 32 Prozent der Mädchen und Frauen in Österreich waren schon einmal von Cyber-Gewalt betroffen.
- Politik: Ein sehr hoher Anteil der Jugendlichen sagt, sich von der Politik (91 Prozent) und von der Gesellschaft (63 Prozent) nicht ernst genommen zu fühlen.
Auch Martina Fürpass, Geschäftsführerin der Beratungsstelle „Sprungbrett“, betont: „Bevor sich die Betroffenen um eine Lehrstellensuche oder Berufsorientierung kümmern können, brauchen sie Stabilisierung, therapeutische Maßnahmen, finanzielle Absicherung und Schutz vor Gewalt.“ Erst dann gelinge es, sich Schritt für Schritt um die Ausbildung zu kümmern.
Es brauche daher dringen niederschwellige und zielgruppenspezifische Angebote, fordern die Expertinnen. Und vor allem: mehr Aufmerksamkeit, mehr Maßnahmen und mehr finanzielle Ressourcen.
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