Fokus auf Tourismus
Im Gespräch mit dem KURIER wird Omar Besim konkreter: "Der 1. Bezirk hat sich leider Gottes in den vergangenen zehn, fünfzehn Jahren stark verändert. Es wurde viel für den Tourismus gemacht, für die Touristen – aber meine Kunden sind keine Touristen“, sagt er. "Meine Kunden leben in Österreich, sie richten sich hier ein, sie haben hier eine Wohnung oder ein Haus. Und sie meiden den 1. Bezirk immer mehr.“
Früher, erzählt Besim, sei das in der City anders gewesen. Da seien "elegante Menschen zum Shoppen und Flanieren“ gekommen. Nicht zuletzt hätten die häufigen, durch die Innenstadt ziehenden Demonstrationen seine potenzielle Kundschaft abgeschreckt. "Wenn es am Samstag-Vormittag heißt 'Meiden Sie die Innenstadt‘, weiß ich schon, das wird ein schlechter Tag“, sagt Besim. Auch die sogenannte autofreie City, an der Stadt- und Bezirkspolitik feilen, ist ihm ein Dorn im Auge: "Einen Teppich kann man leider nicht unter den Arm nehmen und gehen, da braucht man im Normalfall ein Auto.“
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Ob er die Sorge habe, dass die City für die Bevölkerung zunehmend an Attraktivität verliert? "Definitiv. Schauen Sie einmal, wie viele Geschäfte alleine am Graben zugesperrt haben. Salamander ist weg, Bally ist weg, Yves Rocher ist weg, WMF ist weg.“
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Was dann nachkomme, seien entweder extrem hochpreisige Marken, wie Dior, Louis Vuitton oder Chanel – oder Pop-up-Stores. Und damit werde der Bezirk immer uninteressanter. "Man kauft ja nicht jeden Tag etwas von Louis Vuitton“, sagt Besim lachend. Der Fokus auf die Touristen führe dazu, dass "der 1. Bezirk wie ein Museum wird, Sie werden sehen.“
Familiengeschichte
Sein Unternehmen wird künftig übrigens im 6. Bezirk zu finden sein. Ab September hat man sich in der Gumpendorfer Straße 115 eingemietet. "Dort sind lauter Einrichtungsgeschäfte, das ist die Einrichtungsmeile dort oben“, sagt Besim, der das Unternehmen in dritter Generation leitet.
Die Kunden würden also auch in Mariahilf nicht ausbleiben, ist er überzeugt: "Wir haben 20.000 Stammkunden in ganz Österreich und die besuchen uns wirklich gezielt, die bleiben uns treu.“
Was man beim Blick auf Namen und Produkte des Familienunternehmens kaum vermuten würde: Adil Besim hieß ursprünglich schlicht Adolf Böhm – und stammte aus Kärnten. "Die einzige Orientalin in unserer Familie war seine armenische Frau, meine Großmutter Neriman“, erzählt der Enkel.
Böhm war in den 1920ern, als Vollwaise, auf der Suche nach Arbeit mit dem Dampfschiff die Donau bis zum Schwarzen Meer und weiter bis nach Istanbul gefahren. Dort betrieb er bis Ende der 30er-Jahre ein Kühlhaus für die am Bosporus einlaufenden Schiffe, heiratete, änderte seinen Namen – und entdeckte seine Liebe zu Teppichen.
Noch während des Zweiten Weltkriegs, wo er als türkisch-deutscher Dolmetscher eingezogen worden war, kehrte er nach Österreich zurück. Hier eröffnete er nach Kriegsende schließlich sein erstes kleines Teppichgeschäft in der Naglergasse. "Noch heute heißen wir alle Böhm-Besim, damit wir unsere Geschichte nicht vergessen.“
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