In der Eisgrotte in der Himmelpfortgasse 11 hat sich seit der Eröffnung im Jahr 1969 nicht viel verändert: Beim Mobiliar herrscht Orange, die Trendfarben der 70er-Jahre, vor.
An den Wänden hängen die Schulfotos der inzwischen erwachsenen Kinder, und auch Zeitungsberichte über den Eissalon hat man stolz eingerahmt.
Geführt wird das Geschäft seit jeher von Emilio und Lucia Fontanive. Der 78-Jährige ist bereits in Pension, lässt es sich aber nicht nehmen, sein Eis weiterhin selbst herzustellen.
Seine resolute 67-jährige Ehefrau, die selbst keine Pension bezieht, führt die laufenden Geschäfte. Im vergangenen Jahr wurde man zum 50-jährigen Jubiläum von der Wirtschaftskammer mit einer Medaille geehrt.
Was sich seit 1969 verändert hat, sind jedoch die Vorschriften und Standards der Stadt – nicht zuletzt, was die Schanigärten betrifft.
Verhüttelung und Wildwuchs
Im Gegensatz zu Gastgärten stehen Schanigärten auf öffentlichen Grund. Die Frage, wer diesen in welcher Form nutzen oder gar etwas darauf aufstellen darf, die sorgt vor allem in der City seit Langem für Konflikte. Der Nutzungsdruck ist durch Schanigärten, Würstel- und Punschstände besonders hoch.
Um der sogenannten Verhüttelung und des Wildwuchses im öffentlichen Raum Herr zu werden, haben sich Stadt und Bezirk 2022 auf eine Zonierungsverordnung geeinigt. Ein Plan regelt an zentralen Plätzen auf den Meter genau, was wo erlaubt ist – und wo Sperrzonen gelten.
Wir sind entmutigt. Den Schanigarten abzulehnen ist geschäftsschädigend, die Leute wollen im Sommer draußen sitzen
von Lucia Fontanive
Chefin der Eisgrotte
Die Eisgrotte hatte über 20 Jahre einen kleinen Schanigarten, bestehend aus drei Tischen, vor der Tür stehen. Dieser wurde heuer jedoch zum ersten Mal nicht genehmigt, auch den Werbeaufsteller, sogenannte Kundenstopper, musste man entfernen.
„Das ist geschäftsschädigend. Die Leute wollen im Sommer draußen sitzen. Wir betreiben den Eissalon gerne, aber nun sind wir zum ersten Mal in 50 Jahren entmutigt“, klagt Frau Fontanive.
Wie auch andere Betriebe im 1. Bezirk hatte die Familie bis vor Kurzem eine Dauerbewilligung. Solche werden inzwischen aber gar nicht mehr vergeben, nach einer mehrjährigen Übergangsfrist ließ die Stadt die Dauerbewilligung auslaufen.
Ein drastischer Fall
Schätzungen des Magistratischen Bezirksamtes zufolge gab es im Jahr 2022 noch rund 100 solcher Dauerbewilligungen. Sie alle sind mit Ende des vergangenen Jahres ausgelaufen.
Verloren hätten die meisten Gastronomen ihre Schanigärten nicht, sie mussten in ein paar Fällen lediglich verkleinert werden, beruhigt die Wirtschaftskammer Wien auf KURIER-Anfrage. Der Fall der Eisgrotte ist der drastischste.
Warum der neue Antrag der Eisgrotte abgelehnt wurde, erklärt Eva Schantl-Wurz, die Leiterin des Bezirksamtes: „Vor rund 20 Jahren waren die Anforderungen – etwa wie viel Platz am Gehsteig sein muss, um den Menschen ausreichend Raum zu geben – sicherlich andere. Dass der Platz ausreichend sein muss, war aber immer schon gesetzlich vorgesehen.“
Bei einem Lokalaugenschein habe ein Sachverständiger der MA 46 (Verkehrsorganisation) verlangt, dass der aktuelle Standard von zwei Metern Restbreite für Fußgänger am Gehweg eingehalten werde.
Der öffentliche Raum ist speziell im dichtverbauten innerstädtischen Bereich ein wertvolles, aber knappes Gut
von Eva Schantl-Wurz
Leiterin Bezirksamt
„Der öffentliche Raum ist speziell im dichtverbauten innerstädtischen Bereich ein wertvolles, aber knappes Gut. Wir bemühen uns immer im Sinne unserer Kunden, Lösungen zu finden. Wir haben aber auch eine Verantwortung, dass nicht ausschließlich Interessen des Antragstellers berücksichtigt werden“, sagt Schantl-Wurz.
Petition gestartet
Ganz so einfach will das Ehepaar Fontanive die Absage aber nicht hinnehmen. Man hat eine Petition gestartet und schon mehr als 100 Unterschriften gesammelt. Diese will man bald im Bezirk einbringen. Wie erfolgreich man damit sein wird, ist fraglich. Als Schanigarten-Ersatz erwägt das Paar jedenfalls Alternativen – wie den Kauf eines Ventilators.
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