Corona: 78 Prozent mehr Intensivpatienten binnen einer Woche
Egal ob auf Bundes- oder Landesebene – die Politik holt nun wieder vermehrt die Experten vor den Vorhang. Sie sollen der Bevölkerung den Ernst der Corona-Lage an Österreichs Spitälern klarmachen.
„Es fängt wieder ähnlich an“, fühlte sich Ewald Wöll, Ärztlicher Leiter des Krankenhaus Zams im Tiroler Oberland, am Montag bei einer Pressekonferenz mit Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) an den März erinnert.
Damals war das Spital im Ischgl-Bezirk Landeck das am stärksten betroffene Haus in ganz Österreich, das letztlich bei den Intensivkapazitäten an den Anschlag kam. Dieses Mal seien die schwer betroffenen Regionen über ganz Österreich verteilt, warnte Wöll.
Im Westen Österreichs war der Anstieg der Covid-19-Neuinfektionen in den vergangenen Wochen besonders steil. Und das schlägt sich merklich in der Belegung der Krankenhausbetten nieder.
In Tirol lagen etwa vor zwei Wochen 59 Corona-Erkrankte in Spitälern, acht davon auf Intensivstationen. „Innerhalb von zwei Wochen hatten wir eine Vervierfachung“, erklärte Landeshauptmann Platter. Am Montag mussten in Tirol schon 36 Patienten intensivmedizinisch behandelt werden.
Folgewirkungen
„Die Zahlen gehen wirklich rasant in die Höhe“, warnte Alexandra Kofler, ärztliche Direktorin der Universitätsklinik Innsbruck. Anders als im Frühjahr wolle man nun aber so lange wie möglich auf die Verschiebung von geplanten Eingriffen verzichten. Derzeit gelinge das noch.
Wenn wieder wie am Beginn der Pandemie in Österreich Betten für Covid-19-Patienten freigeschaufelt werden müssen, wirkt sich das negativ auf die Behandlung bzw. Früherkennung in anderen Bereichen aus. „Einen zweiten Lockdown im Gesundheitssystem können wir uns nicht leisten“, so Wöll im Hinblick auf mögliche Folgewirkungen in der Versorgung der Bevölkerung.
Am Montag waren österreichweit 2.161 Covid-19-Patienten in Spitalbehandlung, um 213 mehr als am Sonntag. 336 Patienten bedurften intensivmedizinischer Betreuung – ein Zuwachs um 45 Personen gegenüber dem Vortag.
Sollte diese Entwicklung anhalten, könnte es im intensivmedizinischen Bereich kritisch werden, warnte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien mit Nachdruck.
Man müsse „alles tun, um die Trendwende ab Mitte November zu erreichen“. Sollte das nicht gelingen, „steuern wir auf eine erhebliche Krisensituation zu“, meinte der Gesundheitsminister. Binnen einer Woche sei die Anzahl der mit Covid-19-Patienten belegten Intensivbetten um 78 Prozent gestiegen. Daher sei es notwendig, dass sich die Bevölkerung strikt an die neuen Maßnahmen im teilweisen Lockdown halte.
Auch Anschober hatte Experten an seiner Seite. „Die Ressourcen sind endlich“, mahnte Klaus Markstaller, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI). Von hundert SARS-CoV-2-Infizierten benötige einer intensivmedizinische Behandlung.
Wiener Kapazität
In Wien sind aktuell 336 der 400 für Covid-Patienten vorgesehenen Normalbetten belegt. Bei den Intensiv-Betten sind 99 der vorhandenen 150 belegt. Im Bedarfsfall können die Kapazitäten verdoppelt werden, heißt es im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Mit 32 Prozent in einer Woche war in der Bundeshauptstadt immerhin der Anstieg der Zahl der Intensiv-Patienten deutlich geringer als im Bundesschnitt.
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