Wer soll sich da auskennen? Fleckerlteppich an Corona-Regeln droht
Just an dem Tag, an dem das Burgenland die Höchstbelegung auf seinen Intensivstationen meldete (28, um sieben Erkrankte mehr als am Dienstag), beendete Landeshauptmann Hans Peter Doskozil die Lockdown-Liaison mit Wien und Niederösterreich: „Man muss der Bevölkerung eine Perspektive bieten“, begründete der SPÖ-Landeschef. Diese müsste zudem lernen, mit der Pandemie zu leben. „Entweder öffnen oder schließen, entweder schwarz oder weiß, das wird nicht die Lösung sein“, betonte Doskozil.
Model-Testregion statt Lockdown im Burgenland
Ein Schritt, den sein Parteikollege, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, skeptisch sieht, aber: „Ich entscheide für Wien, Landeshauptmann Doskozil für das Burgenland. Wir beide haben die politischen und gesundheitlichen Konsequenzen für unser Handeln in unseren jeweiligen Bundesländern zu tragen.“
Die Corona-Neuinfektionen stiegen übrigens österreichweit wieder: Am Mittwoch wurden 2.942 gemeldet, weniger als am Mittwoch der Vorwoche, aber doch um 629 mehr als noch am Dienstag. Die 7-Tages-Inzidenz lag bei 204.
Das Burgenland wechselt somit ab Montag wieder in den Modus des Lockdown light: Die tagsüber geltenden Ausgangsbeschränkungen fallen weg, die Schulen kehren zu Präsenz- bzw. Schichtbetrieb zurück, der Handel darf öffnen, nicht aber die Gastronomie, die ist bekanntlich österreichweit geschlossen außer in Vorarlberg, der Testregion. Da ist auch Film schauen im Kino möglich, essen gehen sowieso.
FFP2-Pflicht auch im Freien
„Ein Fleckerlteppich“, merkt Verfassungsexperte Peter Bußjäger an, denn: Wien und Niederösterreich verharren voraussichtlich bis 2. Mai im harten Lockdown, aus dem gesamten Bundesland Tirol führen mittlerweile nur noch Ausfahrtstests hinaus ebenso wie aus einigen Bezirken in Niederösterreich. In Wien setzte SPÖ-Stadtchef Michael Ludwig mit der FFP2-Maskenpflicht an gewissen Plätzen im Freien noch eine Verschärfung obendrauf - die dann obendrein an jenen Orten auch für Läufer oder Radfahrer gilt.
Der Teppich könnte aber noch mehr Flicken bekommen, geht es nach den Wünschen einiger Bundesländer. So fordert Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) auch „regionale Öffnungen“, wenn es Infektionslage und Spitalsbelegung erlauben. Für Mai müsse es jedenfalls einen Zeitplan geben, sagt Platter, der auch Gastronomie, Hotellerie, Sport und Kultur einschließen müsse. Tirols Seilbahnen-Sprecher Franz Hörl nennt ein Datum, ab dem Lokale und Hotels offen sind: „Am besten mit 1. Mai.“
Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) tendiert in die gleiche Richtung: „Eine regional differenzierte Vorgehensweise wurde ja zwischen Landeshauptleuten und Bundesregierung vereinbart.“ Niederösterreichs ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner wartet vorerst auf ein Öffnungskonzept des Bundes, aber: „Wenn das unbefriedigend ist, sollen die Länder übernehmen können.“
Regionale Öffnungen - geht das überhaupt?
Skeptisch sind dagegen die ÖVP-Landeshauptleute von Salzburg, Oberösterreich und der Steiermark: Wilfried Haslauer, Thomas Stelzer und Hermann Schützenhöfer tendieren nicht zu regionalen Alleingängen. „Es sollte schon überwiegend eine bundeseinheitliche Lösung geben“, betonte Haslauer. Stelzer warnt zudem vor „einem chaotischen Gastro- und Kulturtourismus. Wir sollten als Republik gemeinsam diese Schritte gehen.“
Viel Gesprächsstoff also für die Konferenz der Landeshauptleute, die am Freitag mit Videoschaltung abgehalten wird. Doch wäre derzeit eine regionale Vorgangsweise überhaupt möglich - also offene Gastgärten in Kärnten, während sie in der Steiermark geschlossen sind?
Diese Frage ist simpel, die Antwort jedoch knifflig. Grundsätzlich gelte für ganz Österreich nach wie vor die Covid-Schutzmaßnahmenverordnung (Fassung vom November), erläutert Verfassungsexperte Bußjäger. Sie definiert den Lockdown light mit Mindestabständen oder geschlossener Gastronomie. Landeshauptleute können auf ihrer Basis eigene Verordnungen erlassen allerdings nur Verschärfungen, keine Lockerungen. Die Gastro-Öffnung in Vorarlberg ist nur möglich, weil der Bund die Covid-Verordnung für das Land explizit geändert hat.
Wie bei den Seilbahnen
Wollten die Landeshauptleute eigenständig ohne Gesundheitsminister und Nationalrat über Lockerungen entscheiden, müsste zuvor einmal diese Corona-Verordnung fallen und der Bund damit das Zepter vollends aus der Hand geben. Beispiele dafür gibt es, erinnert Bußjäger: Als im Dezember die Skigebiete geöffnet wurden, gab der Bund die Benützung der Seilbahnen frei um gleichzeitig auf die Ausnahme regionaler Verschärfungen zu verweisen. Die eigentlichen Regeln (Maskenpflicht, Abstände) erließen die Landeshauptleute in Verordnungen. Das ließe sich rechtlich auch auf Hotellerie oder Gastronomie umlegen, betont Bußjäger.
Kommentare