Corona-Krise als Chance für heimisches Wildbret

Der Ruf des Wildfleisches ist gut. Die Tiere sind nicht eingesperrt, ernähren sich „naturbelassen“ und haben dadurch weniger Fett
Jagdverbände setzen Initiativen für Direktvermarktung, erste Händler stellen bereits ihr Sortiment um.

62 Kilogramm Fleisch haben die Österreicher 2019 im Durchschnitt verdrückt. Am beliebtesten ist Schwein vor Geflügel und Rind. Heimisches Wildfleisch spielt nur eine untergeordnete Rolle. Nur 0,7 Prozent des Verzehrs fallen auf Reh, Hirsch, Hase oder Fasan. Weil durch die Corona-bedingten Maßnahmen auch die Wildbret-Abnahme in der Gastronomie und Hotellerie massiv weggebrochen ist, musste die Jägerschaft nach neuen Absatzmärkten suchen.

In Zeiten des Lockdowns sprangen Handelsketten für die Gastronomie ein und nahmen heimisches Wildbret ins Sortiment auf. Nicht ohne dafür Kritik zu ernten: Während die Erleger in manchen Fällen nur zwei bis vier Euro pro Kilo erhielten, wurden die Gustostückerl im Supermarkt für den nicht gerade günstigen Kilopreis von 40 Euro angeboten. Nicht zuletzt deswegen versuchen die Landesjagdverbände über ihre Plattform „Jagd Österreich“ die Direktvermarkter zu stärken. Zu diesem Zweck wurde die Online-Plattform „Wildes Österreich“ kreiert. Auf der Seite finden sich alle Bezugsquellen für heimisches Wildfleich nach Bundesländern und Regionen sortiert. „Eine übersichtliche Interaktivkarte macht alle Anbieter, wie jagdliche Direktvermarkter, Manufakturen und ausgewählte Gastronomiebetriebe sichtbar. Alle Anbieter der Plattform haben sich dazu verpflichtet, ausschließlich regionales Wildfleisch aus heimischen Revieren anzubieten“, erklärt dazu der Präsident von Jagd Österreich, Roman Leitner.

Corona-Krise als Chance für heimisches Wildbret

838.000 Wildtiere wurden im Vorjahr in Österreich erlegt

Auch Betriebe springen langsam auf diesen Zug auf und forcieren das Angebot von Fleisch aus österreichischen Wäldern. Einer davon ist der niederösterreichische Fleischerei- und Wurstbetrieb Nemetz in Böheimkirchen. In der Corona-Krise ist das Traditionsunternehmen mit 200 Mitarbeitern in die Wildverarbeitung eingestiegen. Bei der hauseigenen Wildannahmestelle können Jäger frisch erlegte Stücke abgeben, die Weiterverarbeitung erfolgt durch den Betrieb. Für den nö. Landesjägermeister Josef Pröll ist es das beste Beispiel, wie qualitativ hochwertiges Fleisch zu fairen Preisen zum Konsumenten kommt. „Es ist artgerecht und natürlich gewachsen, wurde schonend erlegt und kommt aus der Region“, betont Pröll.

Corona-Krise als Chance für heimisches Wildbret

Nemetz-Geschäftsführer Johann Nemetz, Monika Nemetz-Roither, NÖ Jagdverband-Generalsekretärin Sylvia Scherhaufer und Landesjägermeister Josef Pröll

Abschüsse nehmen zu

Fleisch zum Verzehr ist genügend da. Im Vorjahr wurden 838.000 Wildtiere erlegt (plus 13,8 Prozent). Dazu zählen 278.000 Stück Rehe und 57.500 Stück Rotwild. Besonders massiv fiel die Steigerung mit 54 Prozent beim Schwarzwild (47.300) aus. Als Vorsichtsmaßnahme gegen die Afrikanische Schweinepest wurde der Abschuss von Wildschweinen deutlich verstärkt.

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