Checkpoint Corona: Lokalaugenschein an Österreichs Außengrenzen
Zwei Grenzübergänge, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, gibt es bei Thörl-Maglern in Kärnten. Einen auf der Autobahn, wo Lkw-Fahrer geduldig auf die Kontrolle ihrer Fracht warten. Und einen weiteren auf der alten Bundesstraße. Nur 150 Meter Luftlinie trennen die Übergänge. Doch augenscheinlich sind es Welten.
Der alte Grenzübergang wirkt wie ein Überbleibsel aus längst vergangenen Zeiten. Die Ausfahrt wird von einem Antiquitätenshop flankiert, in dessen Auslage Möbel aus dem vergangenen Jahrhundert angeboten werden. Direkt an das Grenzhaus ist ein Frisörsalon angebaut. "Seit der Autobahngrenzübergang 1986 fertiggestellt wurde, ist es bei uns eher ruhig geworden," sagt Bezirksinspektor Engelbert Seiwald.
Der alte Grenzübergang wird hauptsächlich von ortsansässigen Pendlern genutzt oder von Fahrern, die den Kauf einer Vignette umgehen wollen. Die tatsächliche Staatsgrenze ist mit einer roten Markierung markiert. "Nicht übertreten, sonst müssen wir in Quarantäne," scherzt Seiwald.
Kontrolle, Kontrolle
Rund hundert Meter von der Grenze entfernt steht ein italienischer Streifenwagen. Die Beamten scheinen eher in anwesender als in kontrollierender Funktion vor Ort zu sein. Wesentlich genauer nimmt man es auf heimischer Seite. Die Polizei kontrolliert die Fahrzeugpapiere und wird dabei vom Bundesheer unterstützt. Auch Temperaturmessungen gehören zur Routine.
Praktisch alle Lenker haben eine Pendlerbescheinigung dabei, um nicht in Heimquarantäne zu geraten. Eine Gruppe Deutscher, die eine Fahrzeugüberstellung durchführt, hat einen alternativen Lösungsansatz gefunden. Die Fahrzeuge werden von Kollegen bis zur italienischen Grenze gebracht und dort übernommen.
Der zweite Grenzübergang liegt an der Südautobahn, Lkw-Fahrer aus ganz Europa sind hier unterwegs. Die Wiederaufnahme der Grenzkontrollen aufgrund der Corona-Krise führte dazu, dass der Pkw-Verkehr zu den Kontrollpunkten fahren muss, wo sich sonst der Zoll mit den Waren der Lkw-Fahrer beschäftigt.
Helga Happ, Leiterin des Reptilienzoos in Klagenfurt, ist eine der Reisenden und wird ebenfalls kontrolliert. "Bei meinem Zweitwohnsitz in Italien gab es einen Rohrbruch," erklärt sie. Für den "Ausflug" über die Grenze hat sie extra eine Bescheinigung ausgedruckt.
"Ich mach nur meine Pflicht"
Nicht alle nehmen die Kontrollen gelassen. Ein Lkw-Fahrer reagiert auf die Aufforderung zum Temperaturmessen sichtlich gereizt. Der kontrollierende Soldat muss ihn mehrmals dazu auffordern, seinen Kopf weiter nach unten zu senken. Auf Murren folgt die schulterzuckende Erklärung: "Ich mach nur meine Pflicht."
Froh über das baldige Ende der Kontrollen ist der litauische Lkw-Fahrer Mindaugas Simkevicius. Er erzählt von 30 Stunden Wartezeit an der polnischen Grenze. Oft dauerten seine Touren durch Europa doppelt so lang. Mittlerweile habe es sich aber gebessert. "Ich wurde diesmal bei keiner Grenze kontrolliert," erzählt er.
Als die Grenze aufging
Diese Brücke hat in der jüngeren Vergangenheit einige historische Momente erlebt: Im September 2015 stand die Saalachbrücke zwischen Salzburg und Freilassing im Zentrum der großen Flüchtlingsbewegung quer durch Europa. Bald danach gab es hier erstmals nach vielen Jahren wieder Grenzkontrollen, die in den Jahren danach schrittweise wieder gelockert wurden. Vor knapp drei Monaten starteten die Kontrollen aufgrund des Coronavirus aber wieder sehr engmaschig.
Und jetzt? Bei einem KURIER-Lokalaugenschein an einem Vormittag der vergangenen Woche war es fast so wie früher, vor all diesen historischen Ereignissen. Nur der Verkehr war etwas weniger. Keine Polizei-Container, keine "Huterl" zur Regelung des Verkehrs, nicht einmal Polizeiautos und Beamte sind zu sehen.
Die wenigen Autos, Lkw und Fußgänger können ungehindert passieren. Auch der Linienbus zwischen Salzburg und Freilassing verkehrt wieder. Dabei galt in Bayern nach wie vor die Regel, dass man nur für besondere, definierte Gründe einreisen darf. Einkaufen zählte nicht dazu. Dennoch sind einige Salzburger auf den Parkplätzen vor Freilassinger Geschäften anzutreffen.
Viele sind es nicht. "Ich bin froh, dass die Grenze jetzt quasi wieder offen ist," sagt eine junge Einkäuferin. Mit Namen und Foto in die Zeitung will sie nicht. Klar, sie dürfte eigentlich gar nicht hier sein.
Schluss durch Weisung
Schauplatzwechsel zum Grenzübergang Walserberg. Hier wird von der deutschen Bundespolizei noch eifrig kontrolliert. Eifrig heißt in diesem Fall, die Autos fahren im Schritttempo, die Beamten werfen einen Blick hinein und die meisten Autos dürfen einfach weiterfahren. Ab Montag dürfen Österreicher wieder für alle Anlässe nach Bayern, an den Kontrollen wird sich nur wenig ändern.
Denn die Grenzkontrollen zur Eindämmung der illegalen Migration bleiben auch nach der Grenzöffnung aufrecht. Das heißt, dass es zumindest am Walserberg weiterhin stationäre Einreisekontrollen geben wird. Die Corona-Kontrollen endeten dann doch ein bisschen früher als geplant.
Wie die Salzburger Nachrichten am Freitag berichteten, habe die deutsche Bundespolizei die Weisung erhalten, die Kontrollen an den Grenzen mit sofortiger Wirkung zu beenden. Das bedeutet, dass touristische Fahrten nach Bayern oder Fahrten zum Einkaufen bereits an diesem Wochenende möglich sein sollten.
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