Trotz Grenzschließung: Erste Österreicher am Strand von Jesolo

Trotz Grenzschließung: Erste Österreicher am Strand von Jesolo
In den Tourismus an der oberen Adria kommt langsam Schwung - dafür sorgen nun auch die ersten Gäste aus Österreich. Rom macht weiter Druck auf Regierung in Wien, die Grenzen zu öffnen.

Österreichische Urlauber trotzen den noch geltenden Reisebeschränkungen nach Italien und gönnen sich einen Strandurlaub. Mehrere Österreicher trafen bereits in Jesolo an der oberen Adria ein, wo die Sommersaison dank des schönen Wetters und geöffneter Hotels wieder langsam in Schwung kommt.

„Ein Salzburger Gast, der bei mir schon seit seiner Kindheit urlaubt, hat beschlossen, mit seiner Freundin über die Schweiz nach Italien zu reisen, um uns hier in Jesolo zu besuchen. Bei der Heimreise will er die selbe Route fahren, um die zweiwöchige Quarantäne zu umgehen“, berichtet Antonio Vigolo, Inhaber des Hotels Cavalieri Palace in Jesolo, im Gespräch mit der APA.

Sein Hotel ist seit dem 30. Mai wieder offen und vor allem deutschsprachige Kunden sind bereits eingetroffen.

"Covid-19 darf Tradition nicht unterbrechen"

„Die erste Familie, die ich nach der Wiederöffnung empfangen habe, ist die einer langjährigen Kundin, die von Stuttgart abgefahren ist. Sie hat in München Kinder und Enkel abgeholt und zusammen sind sie die ganze Nacht durchgereist. In der Früh um 9.00 Uhr saßen sie zum Frühstück in unserem Restaurant. Das ist eine große Belohnung für uns Hoteliers, die wir uns trotz noch schwieriger Aussichten zum Neustart entschlossen haben“, berichtet der 77-jährige Vigolo, der mit einer Österreicherin verheiratet ist und 13 Jahre lang in der Hotellerie in Wien gearbeitet hat.

„Das tolle Verhalten unserer Gäste, die wir zum Teil schon seit 40 Jahren kennen, ermutigt uns. Viele erzählen, dass sie seit Jahren Fronleichnam in Jesolo verbringen. Auch Covid-19 darf unsere Tradition nicht unterbrechen', sagte mir kürzlich ein deutscher Gast. Das ist eine Ermutigung nach den schwierigen Zeiten, die wir erlebt haben“, sagt der Hotelier, auch Betreiber des angesehenen Hotels Hermitage in Jesolo.

Nur vier Infektionsfälle in Jesolo

„Meine Kinder sind in Wien auf die Welt gekommen und ich fühle mich als halber Österreicher. Daher hoffe ich, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz auf meinen Appell hört und die Grenzen nach Italien wieder öffnet. Wir gehören alle zu Europa“, sagte Vigol.

„Natürlich können Österreicher in diesem Sommer in Österreich und Italiener in Italien urlauben, doch es ist wichtig, dass wir wieder zu einem normalen Leben zurückfinden und der Urlaub gehört dazu. Die Region Venetien ist ein sicheres Urlaubsziel. In Jesolo haben wir seit Februar lediglich vier Infektionsfälle gemeldet“, rührte er die Werbetrommel.

Alles desinfiziert

„Gäste finden bei uns noch bessere Bedingungen als vor Beginn der Coronavirus-Krise. Am Strand haben Gäste jetzt viel mehr Platz, der Swimmingpool ist offen, alles ist gründlich desinfiziert. Wir haben strengste Hygienemaßnahmen ergriffen, ohne jedoch unser Hotel in ein Krankenhaus zu verwandeln. Kunden brauchen in Venetien keinen Mundschutz im Freien zu tragen, es sei denn, es gibt Menschenansammlungen. Den Österreichern sage ich: Wir warten auf euch ohne Angst. Es ist unsere Verantwortung, dass ihr in voller Sicherheit bei uns urlauben könnt“, sagte der Hotelier.

52 Zimmer und 32 Mitarbeitern zählt das Hotel. Vigolo macht seinen Kollegen, die noch nicht geöffnet haben, Mut. „Wir müssen mit dem Covid-19 leben, zugleich aber weiterarbeiten. Urlaub im Hotel ist viel mehr als nur ein Zimmer und gutes Essen. Wir vermitteln Lebensgefühl und Freude, die nach dieser Epidemie besonders wichtig sind“, betonte der Hotelier.

Die Badeortschaft Jesolo ist um österreichische Urlauber besonders bemüht. Vor zwei Wochen hatten die lokalen Hoteliers einen Offenen Brief an Bundespräsidenten Alexander van der Bellen gerichtet. „Wir sind bereit, österreichische Touristen wieder willkommen zu heißen. Die Beziehung zwischen Österreich und Italien ist viel mehr als nur geographische Nähe“, hieß es im Schreiben.

In der benachbarten Lombardei gibt man ebenfalls Corona-Entwarnung: Die Infektionszahlen in der Lombardei sind sinkend und werden von der italienischen Regierung nicht als Problem betrachtet.

„Die Zahl der Infektionsfälle ist rückgängig, die Intensivstationen in der Lombardei sind leer“, sagte Italiens Vize-Gesundheitsminister Pierpaolo Sileri im Interview mit dem TV-Sender „SkyTg24“.

Rom macht Druck

Die Virulenz des Covid-19 habe stark nachgelassen. „Die meisten Infizierten müssen nicht mehr ins Spital eingeliefert werden, sie haben sich in milderer Form angesteckt. Das Virus ist weniger verbreitet oder hat mutiert“, sagte Sileri, der sich selbst am Covid-19 angesteckt hatte und inzwischen genesen ist.

„Seit dem 3. Juni ist Italien wieder offen. Infektionsherde könnte es überall geben, in diesem Fall müssen gezielte Eingrenzungsmaßnahmen ergriffen werden“, so Sileri.

Italien bemüht sich um die Aufhebung aller Reisebeschränkungen in Europa ab dem 15. Juni. So macht die Regierung in Rom Druck auf Österreich für eine Wiederöffnung der Grenzen nach Italien.

Von Freitag auf Samstag starben 72 Menschen nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 in Italien. Insgesamt sind damit 33.846 Menschen in Italien mit oder am Coronavirus gestorben. Die Zahl der aktiv Infizierten sank am Samstag auf 35.877. In den italienischen Spitälern wurden 5.002 Personen behandelt, davon 293 auf Intensivstationen. In der Lombardei, dem Zentrum des Coronavirus-Ausbruchs in Italien, wurden innerhalb von 24 Stunden 27 Tote gemeldet.

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