Bezirk Hermagor wird ab Dienstag abgeriegelt
Es war ein erneuter Krisengipfel des Landes Kärnten, der am Donnerstag Klarheit bringen sollte: Der Bezirk Hermagor wird ab Dienstag abgeriegelt. Eine Entscheidung, die seit Wochen über der Region im Südwesten Kärntens schwebt, ist endgültig. Das Land Kärnten hatte dafür das Bundesheer, die Polizei und den Bezirkshauptmann von Hermagor, Heinz Pansi, zu einem Gespräch in kleiner Runde nach Klagenfurt geladen. Danach tagte am Donnerstag noch das Koordinierungsgremium das Landes.
Das Treffen war auch notwendig, um Abzustimmen, wie eine Abrieglung des 120 Kilometer langen Bezirks und die geplante Kontrolle der Ausreisetests in der Praxis ablaufen können.
Sieben Checkpoints für Ausreisekontrolle
Hermagors Bezirkshauptmann Heinz Pansi: "Der Bund hatte die Maßnahme gefordert und wir werden sie umsetzen." Für Hermagor bedeute dies nun vor allem eine logistische Herausforderung, die "nur mit Hilfe des Bundesheers zu bewältigen sei." Die Soldaten werden in Hermagor für den Aufbau der Testlogistik zuständig sein. Die Ausreisetests werden an sieben Checkpoints durch die Polizei kontrolliert. Und führen zur Einstellung anderer Teststraßen. "Wir müssen zwei Teststraßen schließen, um die Kapazitäten für das Personal bei den Ausreisetests in Hermagor bereitstellen zu können", sagte Landeshauptmann Kaiser bei einer Online-Pressekonferenz am Donnerstagabend vor Journalisten. Insgesamt stehen schon jetzt 400 Bundesheersoldaten in Kärnten im Assistenzeinsatz. "Aus Kärnten stellen wir 500 Soldaten für andere Bundesländer bereit", betonte Kaiser.
Konkret bedeutet dies, dass der Bezirk Hermagor nur mehr mit einem negativen Antigentest, der maximal 48 Stunden alt ist, verlassen werden darf. Auch wer eine ärztlichen Bestätigung vorlegt, dass er in den letzten sechs Monaten eine Covid-Erkrankung durchlaufen hat, darf ausreisen. Kontrolliert wird im Zeitraum zwischen 5 Uhr und 21 Uhr. Dazwischen gelten Ausgangssperren für die Bevölkerung, die von der Polizei streng kontrolliert werden sollen.
Für alle ein- und auspendelnden Schülerinnen und Schüler gilt ab Montag wieder Distance Learning. Der Beschluss ist für zehn Tage gültig. Die nötige Verordnung wird seitens des Landes Kärnten erarbeitet und am Freitag kundgemacht.
Damit nehmen die am Montag von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) verkündeten Pläne, künftig in Bezirken mit hoher 7-Tage-Inzidenz („einer über 400“) - in Hermagor lag sie am Mittwoch bei 665 – Ausreisetestungen durchzuführen, konkrete Gestalt an. Wie es mit den Sorgenkindern, der Stadt Wiener Neustadt in Niederösterreich und dem Bezirk St. Johann im Salzburger Pongau (beide ebenfalls über einem Wert von 400) weitergeht, bleibt offen.
Das Land Salzburg preschte am Dienstag bereits für die Orte Bad Hofgastein und Radstadt mit einer Sonderlösung vor. Ab Freitag dürfen die Einwohner die Orte – jeweils mit Inzidenzen über 1.000 – nur noch mit negativem Test verlassen.
Für den Bezirk Hermagor war es nicht der erste Krisegipfel. Bereits Mitte Februar wurden der Landeshauptmann und Experten nach Hermagor geladen. Das Ergebnis: Ein Elf-Punkte-Plan mit einem Heraustesten aus der Quarantäne am achten von zehn Tagen (ein Modell, das möglicherweise bald für ganz Kärnten gelten könnte), verstärkten Polizeikontrollen, Testungen in den Skigebieten (das Nassfeld ist mit 110 Pistenkilometern das größte in Kärnten), Teststraßen und einer Umschichtung der Impfungen zu Gunsten der Bevölkerung von Hermagor.
Spitzenreiter bei Sieben-Tages-Inzidenz
Eine Quarantäne, wie von vielen gefordert, blieb aus. Obwohl Hermagor mit einer Sieben-Tages-Inzidenz jenseits der 600er-Marke zum Spitzenreiter bei den Bezirken in ganz Österreich zählte. Und das seit Wochen. Unverständnis löste dies auch aus, da Experten immer von einer Sieben-Tages-Inzidenz von 250 als Richtwert für weitere Schritte gesprochen hatten. In Hermagor lag sie am Mittwoch bei 665 neuen Fällen pro 100.000 Einwohnern.
Das Gegenargument der Verantwortlichen: Man wolle die Entwicklung der Zahlen abwarten, der Bezirk sei mit 120 Kilometern - sozusagen von Wien bis über den Semmering - fast zu lange, um ihn abzuriegeln, und es handle sich lediglich um 18.435 Einwohner.
80 Prozent britische Virusmutation
Doch die Zahlen sanken trotz Elf-Punkte-Plan nicht. Schuld war auch die britische Virusmutation, die für 80 Prozent der Infektionen in Hermagor verantwortlich ist. "Wir sprechen nicht mehr von einer britischen Mutation, sondern von einer heimischen", meinte Hermagors Bezirkshauptmann, Heinz Pansi, im KURIER-Gespräch.
Trotz Ausreisetests fordert die SPÖ nun auch Sonderimpfdosen für Hermagor. „Wenn man dem Bezirk Schwaz in Tirol 100.000 Impfdosen zur Verfügung stellen kann, dann muss es dieses Angebot auch für den Bezirk Hermagor in Kärnten geben“, sagte SPÖ-Klubobmann Herwig Seiser.
Und weiter: „Hier hat die Bundesregierung gemeinsam mit der EU unverzüglich für eine Lösung zu sorgen und ein adäquates Modell auszuarbeiten, das eine Vorauslieferung von Impfdosen ermöglicht. Denn wenn kurzfristig 100.000 Impfdosen für Schwaz in Tirol zur Verfügung stehen, dann muss es dieses Angebot auch in einem Bezirk mit 18.000 Einwohnern geben.“
Impfstudie gefordert
Unterdessen forderte Kärntens Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ) eine Impfstudie für den stark mit der britischen Virusmutation B.1.1.7 belasteten Bezirk Hermagor. Wie Prettner am Donnerstag in einer Aussendung sagte, könnte mit der Durchimpfung des Bezirks ergründet werden, wie wirksam die Coronaimpfung gegen die britische Virusmutation ist. Fixiert wurde eine Befragung der Einwohner des Bezirks zu Wissen und Einstellung gegenüber Corona und den Eindämmungsmaßnahmen.
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