Pfifferlinge breiten sich wie ein Teppich im Wald aus. Immer weiter zieht einen das Schwammerl-Jagdfieber den Hang hinauf. Das kann tückisch sein. Denn wer von ihm ergriffen wird, kann schnell den Blick für das Gelände verlieren. Und sich unversehens in einer alpinen Notlage befinden – die mit Abstürzen und im schlimmsten Fall tödlich enden kann.
Das zeigen einige Meldungen der vergangenen Tage: Am Sonntag finden zufällig vorbeikommende Wanderer einen 84-jährigen Schwammerlsucher, der nach einem Sturz hilflos in einem Wald in Gmunden liegt. Er wird gerettet.
Am Freitag ruft eine 87-Jährige in Vorarlberg ihren Schwiegersohn an, nachdem sie sich das Bein gebrochen hat. Die Einsatzkräfte finden sie erst am nächsten Tag – tot in einem Bach liegend. Die Frau dürfte versucht haben, selbst ins Tal abzusteigen. Sie stürzte über einen fünf Meter hohen Wasserfall in den Tod.
Ihr Schicksal ist heuer kein Einzelfall. Vier Menschen sind in diesem Jahr schon beim Schwammerlsuchen tödlich verunglückt – alle seit Ende Juli.
Für solche Unfälle gibt es beim Österreichischen Kuratorium für Alpine Sicherheit (ÖKAS) zwar keine eigene Kategorie. Aber soweit es die von der Alpinpolizei gefütterte Datenbank hergibt, zeigt eine Auswertung des ÖKAS für den KURIER:
Unfallrekord
Im Vergleichszeitraum vom 1. Mai bis zum 13. August gab es in den vergangenen zehn Jahren nur einmal – 2015 – so viele Todesfälle bei der Pilzsuche. Noch nie wurde jedoch in diesen zehn Jahren so eine hohe Zahl an Unfällen in diesem Bereich dokumentiert.
Neben den vier Todesfällen gab es im bisherigen Sommer quer über Österreichs Berge noch zehn weitere Alpineinsätze wegen verunfallter – und in neun Fällen verletzter – Schwammerlsucher.
Stefan Hochstaffl glaubt, dass es heuer einfach viele Menschen auf der Pilzjagd in die Wälder und auf die Berge treibt, weil dort große Beute wartet: "Ich bin selber passionierter Schwammerlsucher und heuer ist es wegen des warm-feuchten Wetters ein sehr gutes Jahr. Das spricht sich natürlich herum", sagt der Präsident des Bundesverbands der Bergretter.
Euphorie macht blind
Der Tiroler weiß um die Gefahren: "Vor lauter Euphorie achtet man nicht auf die Umgebung und findet sich dann in rutschigem und steilem Gelände wieder." Er rät daher wenig überraschend, sich nicht zu sehr treiben zu lassen, sondern lieber einmal ein Schwammerl auf einem Felsband stehen zu lassen.
Für Österreichs Bergretter bedeuten vermisste Schwammerlsucher vor allem eines: "Oft sehr langwierige Suchaktionen mit großem Manneinsatz."
Das Problem: "Seine guten Schwammerlplatzl’n verrät man natürlich nicht gerne. Aber uns fehlt dann bei der Suche der Anhaltspunkt. Die Leute sind zudem oft irgendwo unterwegs, wo es keinen Handyempfang gibt", erklärt Hochstaffl, der deshalb appelliert, zumindest einem Angehörigen zu sagen, wo man unterwegs ist.
Auffällig an den Unfallopfern der vergangenen zwei Wochen. Sie sind praktisch durchwegs über 70 Jahre alt. Das ist für den Bergretter nicht überraschend. Auch wenn er nicht verallgemeinern will, steht für ihn fest: "Mit 70 ist man nicht mehr so trittsicher und reaktionsschnell wie mit 30." Und beim Schwammerlsuchen kommt man eben fast zwangsläufig auf rutschigen Untergrund.
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